Bewertung
Ellis, Waren

Gott schütze Amerika

"Wir brauchen eine echte menschliche Scheißzecke, die für uns durch die Kloschüsseln Amerikas schwimmt."

Foto: Copyright: Verlagsgruppe Random House GmbH
© Verlagsgruppe Random House GmbH

Inhalt

In den letzten Monaten der Regierung Bush erhält der heruntergekommene Privatdetektiv Michael McGill einen unglaublichen Auftrag direkt aus dem Weißen Haus: er soll die zweite Verfassung der Vereinigten Staaten, die von den Gründervätern verfasst, aber nie veröffentlicht wurde, wiederbeschaffen. Die Suche führt den Detektiv durch die Abgründe Amerikas, mitten hinein in die Welt der Perversionen und des Wahnsinns. In der sexuell aufgeschlossenen Studentin Trix findet er die passende Begleiterin für seine gefährliche Reise.

Kritik

Nur allzu oft brüsten sich Autoren damit, in ihren Romanen die Schattenseiten der Weltmacht Amerika aufzeigen zu wollen, scheitern jedoch oftmals daran, dass sie immer nur die gleichen Probleme anprangern und Altbekanntes durchkauen, oder aber letztlich zurückzucken und doch wieder einen versöhnlichen, pathetischen Ton anschlagen. Warren Ellis zuckt nicht zurück und an Originalität mangelt es seinem Roman schon gar nicht.

Gnadenlos sarkastisch nimmt Ellis in "Gott schütze Amerika" moderne kulturelle Auswüchse der USA, wie etwa die Angst vor islamistischem Terror, die instrumentalisierte Religiosität und die Faszination für Serienkiller, auf die Schippe, doch vor allem die sexuelle Entwicklung wird unfassbar schonungslos porträtiert. In süffisantem Tonfall nimmt Ellis den Leser mit auf Stippvisiten zu verschiedenen Perversitäten und Abartigkeiten, die in jedem moralisch halbwegs normalen Leser das Bedürfnis wecken, sich seine Kleidung für immer fest an den Körper zu tackern. Der Hauptheld Michael McGill ist ein geradezu legendärer Pechmagnet, der keine zwei Schritte gehen kann, ohne auf einen Menschen zu stoßen, der extrem widerliche Neigungen hat und diese auch auslebt. Zumeist mit Michael McGill als unfreiwilligem Zuschauer.

Der Autor Warren Ellis ergreift definitiv nicht Partei für die abartigen und korrumpierten Subjekte der Gesellschaft, sondern stellt sie mit viel bissigem Wortwitz bloß. Dabei übertreibt er natürlich absichtlich und stellt menschliche Makel überspitzt dar, lässt jedoch hinter der satirischen Handlung eine Menge Wahrheit erkennen. Schließlich ist vieles von dem, was vor 200 Jahren noch unter Todesstrafe stand, heute Mainstream und jederzeit im Internet oder Fernsehen abrufbar.

Auf den knapp 300 Seiten, die sich fast so flott durchlesen lassen, wie das Popup-Fenster zu einer Pornoseite braucht, um sich zu öffnen, werden dem Leser, sofern dieser nicht allzu zart besaitet ist, eine Bandbreite an verschiedenen Lachern entlockt: erstauntes Lachen, leicht dreckiges Lachen, süffisantes Grinsen, nachdenkliches Lächeln.

Fazit

Warren Ellis ist kein zurückhaltender, beschönigender Autor. Sein Roman "Gott schütze Amerika" ist gnadenlos sarkastisch und unverblümt.

Maret Hosemann - myFanbase
21.07.2009

Diskussion zu diesem Buch