Bewertung
Fforde, Jasper

Im Brunnen der Manuskripte

Ein Thursday-Next-Roman.

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Inhalt

Um sich auf ihre Prüfung zur Jurisfiktion-Agentin in der Buchwelt vorzubereiten und gleichzeitig ihr Kind zur Welt zu bringen, nimmt Thursday Next am Figuren-Austauch-Programm teil und zieht in einen schlechten, unveröffentlichten Kriminalroman. Von dort aus muss sich Thursday nicht nur ihren ersten Aufgaben als Agentin stellen und literarische Probleme lösen, sondern auch eine große Verschwörung aufdecken, die mehreren ihrer Kollegen das Leben kostet.

Kritik

Es ist schwer, den Inhalt eines Romans aus Jasper Ffordes erfolgreicher Thursday-Next-Serie in wenigen Worten zusammenzufassen. Genau genommen ist es fast unmöglich. Die Welt, die Fjorde mit "Der Fall Jane Eyre" und "In einem anderen Buch" eingeleitet und mit "Im Brunnen der Manuskripte" als drittem Band fortsetzt, ist so faszinierend, phantastisch und komplex, dass man als Leser eigentlich nur beeindruckt sein kann.

Das Großbritannien, in dem die Abenteuer der Thursday Next spielen, hat einen Präsidenten auf Lebenszeit und befindet sich seit einem Jahrhundert im Krieg mit dem Zarenreich Russland, doch das ist nur ein Teil des großen Ganzen. Die Literatur ist in dieser Welt lebendig. Der Schriftsteller an sich ist nur ein ausführendes Instrument, die Literatur wird vielmehr in einer vielschichtigen Bibliothek geschaffen, in der Figuren und Schauplätze kreiert werden, in der es einen weit verzweigten Markt für Plots, Hintergrundgeschichten, Wendungen (gefriergetrocknetes Plötzlich fällt ein Schuss! kann sehr nützlich sein) und andere Romanelemente gibt, und in der jedes Buch betreten werden kann.

Da die Bibliothek Großbritanniens im Fokus steht, tauchen Figuren aus englischen Romanklassikern wie "Große Erwartungen" von Charles Dickens, "Sturmhöhe" von Emily Brontë, "Alice im Wunderland" von Lewis Carroll und "MacBeth" von William Shakespeare auf. Die sympathische Heldin Thursday muss sich unter anderem mit Romanfiguren beschäftigen, die für sich ein Happy End statt des tragischen Todes im Suff fordern, hat mit streikenden Kinderreimfiguren zu kämpfen und darf sich mordlustigen Charakteren aus einer Kindergeschichte von Enid Blyton stellen.

Der Einfallsreichtum und der Humor des aus Wales stammenden Autors Jasper Fforde sind außergewöhnlich. "Im Brunnen der Manuskripte" überzeugt durch viele clevere und witzige Details, die es fast unmöglich machen, nicht vollkommen gebannt und begeistert von der Welt der lebendigen Literatur zu sein. Fforde setzt sich in "Im Brunnen der Manuskripte" sehr scherzhaft und liebevoll, aber auch kritisch mit der Literatur auseinander. So veranschaulicht er, dass auch Trivialliteratur, die nie Preise gewinnt und oftmals von Kritikern zerrissen wird, lieb gewonnen werden kann, wie etwa der Roman, in dem Thursday lebt und der für sie zu einem Zuhause wird, während andererseits Hochliteratur viele unzufriedene, unglückliche und neurotische, aber eben auch berühmte und einflussreiche Figuren hervorbringt.

Wenn man sich nicht in die Thursday-Next-Romanserie einliest, verpasst man definitiv etwas, doch auch wenn man die Bücher liest, entgeht einem einiges, denn die literarischen Anspielungen sind so zahlreich und die Welt so komplex, dass es für den Leser kaum möglich ist, alles zu erfassen. "Im Brunnen der Manuskripte" ist daher kein Roman, den man nur mit halber Aufmerksamkeit lesen kann.

Es ist zwar von Vorteil, die beiden Vorgängerbände zu kennen, da in "Im Brunnen der Manuskripte" mehrfach auf frühere Ereignisse eingegangen wird, doch im Prinzip erzählt jeder Band eine in sich abgeschlossene Geschichte.

Fazit

"Im Brunnen der Manuskripte", der dritte Band der Thursday-Next-Romanserie von Jasper Fforde, bietet komplexe, faszinierende und humorvolle Unterhaltung für alle, die Literatur lieben, egal ob die hohe oder die triviale.

Zur Rezension von Band 3 "Es ist was faul"

Zur Rezension von Band 4 "Grau"

Maret Hosemann - myFanbase
29.07.2009

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