Bewertung
Kehlmann, Daniel

Ich und Kaminski

"Es bringt nichts, zu schreiben und auf Antwort zu warten. Man muß zu ihnen fahren. Man muß sie überfallen."

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Inhalt

Sebastian Zöllner ist freier Journalist und schreibt für verschiedene Tageszeitungen Kunstkritiken im Feuilleton. Sein nächstes großes Projekt soll eine Biographie des in die Jahre gekommenen Manuel Kaminski werden, ein zeitgenössischer Künstler, der es zu Ruhm gebracht hat, als das Gerücht entstanden ist, dass er seine Bilder blind male. Zöllner begibt sich zu ihm, um alle Informationen seiner Recherche durch persönliche Kommentare zusammen fügen zu können und insbesondere mehr über Kaminskis Jugendliebe in Erfahrung zu bringen. Doch Kaminski wird von seiner Tochter wohl umsorgt und es bedeutet einigen Aufwand für Zöllner, den alten Mann für sich zu haben.

Kritik

Mit einer gewissen Skepsis bin ich an diesen Roman herangegangen, weil ich mich noch nie wirklich für Kunst begeistern konnte und daher nicht so recht einschätzen konnte, wie die Handlung dieses Romans mein Interesse wirklich erhalten könnte. Diese Sorge ist aber ziemlich schnell verflogen, denn sowohl die Kunstbranche als auch der Journalismus werden in "Ich und Kaminski" auf humorvolle, ironische Weise fast schon aufs Korn genommen. Das fängt schon damit an, dass viele die Bilder von Kaminski nicht sonderlich gut leiden konnten, eine angebliche Blindheit ihn aber trotz aller Defizite in den Kunstolymp erhob. Ein kurzes Treffen in einer Galerie ist eine ebenso sehr gelungene Szene, in der die Aufgesetztheit und das Streben danach, jemand zu sein und jemanden zu kennen, schön überspitzt dargestellt wird und zum Schmunzeln verleitet, weil man es sich genau so auch als Außenstehender vorstellt.

Sebastian Zöllner, die Hauptfigur, ist als Journalist, der über Leichen geht, von Beginn an unsympathisch. Er legt sich mit Zugbegleitern an, begegnet den Menschen mit Aggressivität und ist sich für nichts zu schade, um seine Ziele zu erreichen. Die Biographie will er nur deshalb schreiben, weil er hofft, dass Kaminski bald sterben wird und das Buch dann im genau richtigen Zeitpunkt erscheinen kann. All das hat mich erst gestört, doch als klar wird, dass er mit seinem Verhalten kaum etwas erreicht, stellt sich ein Gefühl der Genugtuung ein. Man freut sich regelrecht, dass Zöllner mit seiner ganzen Arroganz und seinem journalistischen Kalkül wenig erreicht. Sein Privatleben ist bereits zerfallen und Kaminski findet genau die richtige Mischung zwischen dem Erhalten von Hoffnung auf exklusive Informationen und einem Aufwand dafür, der Zöllner an seine Grenzen gehen lässt. So packt einen die Geschichte richtig. Man will dann unbedingt wissen, wie sich die Szenerie entwickelt und ob der unsympathische Protagonist nicht doch noch seine guten Seiten entdeckt. Somit vergehen die knapp 180 Seiten wie im Fluge und von der anfänglichen Skepsis ist nichts übrig geblieben.

Fazit

Daniel Kehlmann gelingt ein kurzweiliger, humorvoller Roman, der einen kleinen Blick in die Welt des Journalismus und der Kunstbranche gibt und daran kein gutes Haar lässt.

Emil Groth - myFanbase
11.08.2009

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