Bewertung
Leonard, Elmore

Callgirls

Vergiss nicht, wenn dich jemand ärgert, brauchst du 42 Muskeln in deinem Gesicht, um die Stirn zu runzeln. Aber du brauchst nur 4 Muskeln, um deinen Arm auszustrecken und dem Motherfucker eine runterzuhauen.

Inhalt

Das Model Chloe verdient sich als Callgirl für den greisen Millionär Tony Paradiso ein wenig Geld dazu. Sie überredet ihre Freundin Kelly, sie zu begleiten, um dem alten Mann eine besondere Show zu bieten. Als einige Zeit später die Polizei zum Haus von Mr. Paradiso gerufen wird, sind der alte Mann und eines der Mädchen tot. Der ermittelnde Detective Frank Delsa hat keine leichte Aufgabe damit, die Hintergründe zu entschlüsseln und der schönen Hauptzeugin zu widerstehen.

Kritik

Der amerikanische Autor Elmore Leonard war 81 Jahre alt, als er diesen Roman schrieb. Es ist sicher nicht zu bezweifeln, dass auch ältere Menschen noch zu kreativen Leistungen fähig sind, doch erwartet man von einem über 80-Jährigen nicht unbedingt einen modernen Thriller über Sex, Mord, Drogen und Gangs. Elmore Leonards aber ist ein solcher Thriller geglückt, der in Detroit spielt und sowohl die hohe Kriminalitätsrate als auch die Rassenkonflikte dieser amerikanischen Metropole thematisiert. Im Zentrum von Detroit leben überwiegend Afro-Amerikaner sowie viele Aramäer und Mexikaner, während die Vororte fast ausschließlich von Weißen bewohnt sind. Der Autor meidet das Thema Rassismus ganz und gar nicht und hält sich sprachlich nicht zurück. Die Protagonisten erlauben sich einige politische Unkorrektheiten.

Als bemerkenswert habe ich vor allem die Darstellung der Polizeiarbeit empfunden. In den meisten Romanen wie auch Filmen oder Serienepisoden, erlebt man, wie die Hauptcharaktere nur in einem großen Fall ermitteln und ihre ganze Zeit und Aufmerksamkeit dafür aufwenden, doch in "Callgirls" arbeiten Detective Frank Delsa und seine Kollegen neben den Ereignissen im Haus des Millionärs auch an anderen Fällen und sprechen an einem Tatort auch schon mal über den Stand der Ermittlungen eines anderen Falls. Die Cops arbeiten hier nicht mit Tunnelblick, sondern schauen nach allen Seiten, vergleichen ihre verschiedenen Fälle miteinander und fahren von einem Tatort zum nächsten. Das ist natürlich viel realistischer. Die Welt bleibt nicht stehen, wenn irgendwo ein Mord geschehen ist, die Kriminalität hält nicht inne und wartet, bis dieser aufgeklärt ist. Da sich die Ermittler untereinander immer erzählen, was ihnen diverse Zeugen und Verdächtige gesagt haben, gibt es viel indirekte Rede. Das ist literarisch nicht unbedingt anspruchsvoll und fein, aber sehr ehrlich und zumeist auch mit Humor gespickt.

"Callgirls" ist kein Thriller zum Miträtseln, da der Leser recht früh erfährt, was im Haus des Millionärs geschehen ist. Vielmehr lebt der Roman durch die Handlungen und Gedanken der Protagonisten. Die Täter versuchen, heil aus der Sache herauszukommen, wobei sie über Leichen gehen, und Frank Delsa will den Verbrechern an den Kragen. Nebenbei entwickelt sich eine Romanze zwischen der bildhübschen jungen Hauptzeugin und dem zehn Jahre älteren, verwitweten Cop.

Fazit

Dies ist sicher nicht der spannendste Thriller, den ich je gelesen habe, aber ein unterhaltsamer, sehr ehrlicher und kompromissloser Ausflug ins dröhnende Detroit.

Maret Hosemann - myFanbase
22.09.2009

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