Bewertung
Kästner, Erich

Fabian - Geschichte eines Moralisten

Jakob Fabian, 32 Jahre, Germanist und Moralist. Fabian arbeitet als Reklamefachmann im Berlin der frühen Dreißiger. Er lebt sein Leben so dahin, ohne besonderer Höhen oder Tiefen...

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Inhalt

Seine Arbeit empfindet er als unbefriedigend, in seiner Freizeit sucht er Ablenkung im Berliner Großstadtleben, in Kneipen und Etablissements. Aber auch Affären können ihn nicht aus seiner Melancholie reißen. Eines Tages begegnet er jedoch Cornelia Battenberg. Die junge Frau, die so gerne Schauspielerin werden möchte, bewirkt eine Veränderung in Fabians Lebensrhythmus. Er verliebt sich in sie und auf einmal erscheint sein gesamtes Leben viel positiver. Er ist optimistischer, hat Spaß an seiner Arbeit und versteht sich mit seiner Wirtsfrau. Aber sein Glück ist nur von kurzer Dauer, Cornelia verlässt ihn der Karriere wegen, sein Leben nimmt eine schlechte Wandlung. Er verliert seinen Arbeitsplatz, sein bester Freund bringt sich um. Tief verstört versucht Fabian die Unmoral der Menschen zu verstehen. Seine Suche führt ihn schließlich aus Berlin in seine Heimatstadt, wo er bei dem Versuch, moralisch zu handeln, umkommt. Das Buch endet tragisch, komisch, traurig.

Kritik

"Fabian" zeigt einen Kästner, der leider in der Öffentlichkeit viel zu wenig bekannt ist. Es ist der Satiriker, der mit einem sehr feinem und doch wirksamen Humor auf seine Zeit eingeht. "Fabian" ist eine tragische Satire, die so unmoralisch erscheint und doch hohe moralische Ansprüche vertritt. Es ist ein Roman über das Leben, eine Stadt und die Moral der Menschen. In der Rolle des Fabians zeigt Kästner auf hohem satirischem Niveau, wie es um die Moral der Menschen in den Dreißigern wirklich stand. Dabei ist er selber immer wieder wegen dieses Buches mit dem Vorwurf der Unmoral oder Anstößigkeit konfrontiert worden. 1950 gab Kästner ein Vorwort zum "Fabian" heraus, in dem er noch einmal erläuterte, dass sein Buch weder anstößig noch unmoralisch ist, sondern seine Kritiker schlichtweg spießig. Denn Kästners Roman enthält viele erotische bzw. sexuelle Szenen, die von den Kritikern falsch verstanden wurden. Moral hat wenig mit dem Sittenverständnis einer Gesellschaft zu tun, sondern viel mehr mit den Menschen.

Ein weiterer wichtiger Punkt, den auch Kästner in seinem Vorwort anspricht, ist die Tatsache, dass der Roman eine Satire ist. Und Satire darf sich bekanntlich aller Mittel bedienen. Die Satire verfolgt jedoch ein ernstes Ziel. Denn obwohl sich das Buch sehr gut liest und überaus amüsant ist, hatte es 1931 doch vor allem denn Wunsch zu warnen. Zu warnen vor dem, was sich damals schon ankündigte und kluge Menschen wie Erich Kästner erkannten. Dass diese aber auch nach dem Weltkrieg immer noch missverstanden wurde, führt er auf die andauernde Dominanz "fanatischer Mächte" (so Kästner) in der Gesellschaft der neuen Bundesrepublik zurück. Mit "Fabian" hat Kästner ein Werk geschaffen, dass einem viel Lesevergnügen bereitet, humorvoll ist, dennoch dem Leser viel lehrt und traurig stimmen kann. Es ist ein Spiegel der Gesellschaft der Weimarer Republik, wenn auch ein "Zerrspiegel" (Kästner) und ein Buch, dass dem Moralisten in der Gesellschaft ein Denkmal setzt, trotz des tragischen Endes.

Gandalf - myFanbase
08.10.2005

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