Bewertung
Hanif, Mohammed

Eine Kiste explodierender Mangos

Es wird vertuscht, um Vertuschtes zu vertuschen.

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Inhalt

August 1988. Der pakistanische Präsident Zia ul-Haq, der sich durch einen Militärputsch an die Spitze des islamischen Landes gesetzt hat, sieht sich von allen Seiten bedroht. Sogar seine eigene Frau wirft ihn aus dem Schlafzimmer, da er zwar strenge Sittlichkeit predigt, sich aber mit seiner Vorliebe für eine amerikanische Journalistin blamiert. Die Amerikaner brauchen Pakistan und Afghanistan für den Kampf gegen die kommunistische Sowjetunion, auch wenn die US-Medien gerade wegen der Verurteilung einer blinden Pakistanin Sturm gegen Zia ul-Haq laufen.

Zur gleichen Zeit gerät der junge pakistanische Soldat Ali Shigri ins Visier des Geheimdienstes, nachdem sein Kamerad Obaid spurlos verschwunden ist, und findet sich bald darauf in einer Festung mitsamt Folterkammer wieder.

Am 17. August kommen Zia ul-Haq, mehrere seiner Generäle und der amerikanische Botschafter bei einem mysteriösen Flugzeugabsturz ums Leben. Nur ein Unfall, oder ein Attentat? Oder gar ein Fluch? Und welche Rolle spielen eigentlich die Mangos?

Kritik

Mohammed Hanif dankt am Ende seines Romans mehreren Personen, die ihm geholfen und ihn inspiriert haben, um sich im gleichen Satz schützend vor diese Leute zu stellen und zu betonen, dass sie keinerlei Verantwortung für das Buch tragen. Eine Geste, die viel über das Wesen dieses Romans aussagt. "Eine Kiste explodierender Mangos" ist eine Satire, die das politische, militärische, religiöse und gesellschaftliche Leben Pakistans in den 1980er Jahren schonungslos aufs Korn nimmt und damit auch auf die Gegenwart anspielt, die schließlich eine Folge der damaligen Ereignisse ist. So bekommen auch die Amerikaner ihr Fett weg, haben sie doch damals bereitwillig den islamischen Dschihad unterstützt, damit dieser sich gegen die Sowjetunion richtet. Man kann dies heute getrost als einen Griff ins Klo bezeichnen, dessen stinkende Spuren sich einfach nicht mehr von den Händen schrubben lassen.

Bis heute ist der Flugzeugabsturz, der dem pakistanischen Diktator Zia ul-Haq am 17. August 1988 das Leben kostete, ein Mysterium. An Verdächtigen mangelt es freilich nicht. Mohammed Hanif beschreibt die letzten Tage im Leben des Alleinherrschers und stellt uns Menschen vor, die auf die eine oder andere Weise mit dessen Tod in Verbindung stehen. Der Ich-Erzähler Shigri, der mit sarkastischen Gedanken auftrumpfen kann, gibt der Handlung einen Rahmen, während die Perspektive mehrfach wechselt. So werden viele Ereignisse aus der Sicht von Zia, seiner Frau, seinem Stellvertreter, seinem Leibwächter oder dem US-Botschafter beschrieben.

Mohammed Hanif, der einst in der pakistanischen Luftwaffe diente, gelingt es von der ersten Seite an, die Leser zu fesseln. Dem Reiz seines intelligenten und mutigen Humors kann man sich nur schwer entziehen. Die Handlung steckt voller Absurditäten, die die Unsinnigkeiten, Falschheiten und Heucheleien in einem diktatorischen, orthodoxen System bloßstellen. Allein schon der raffinierte "Gastauftritt" von Osama Bin Laden, der herzhaft ironisch die damalige Arroganz und Fehleinschätzung der Amerikaner veranschaulicht, macht "Eine Kiste explodierender Mangos" lesenswert.

Fazit

Mohammed Hanifs "Eine Kiste explodierender Mangos" ist eine mutige, bitterböse Satire, die mit Fehlern der Vergangenheit abrechnet, die bis heute nachhallen.

Maret Hosemann - myFanbase
20.02.2010

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