Bewertung
Depp, Daniel

Stadt der Verlierer

"L.A. ist eine Stadt der Verlierer. Schon immer gewesen. Wer es nirgendwo sonst zu etwas bringt, kann es hier schaffen" (Robert Mitchum)

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Inhalt

Nach einer Karriere als Stuntman arbeitet David Spandau nun als Privatdetektiv in Los Angeles und gilt als Profi für Fälle rund um Hollywood. Aus diesem Grund soll er sich um den aufstrebenden Jungschauspieler Bobby Dye kümmern, der von dem Gangster Ritchie Stella erpresst wird. Spandau bittet seinen Kumpel Terry, einen irischen Kampfsportler, um Hilfe. Dieser begeht jedoch den Fehler, sich in Stellas Assistentin zu verlieben. Auch einer von Stellas Laufburschen findet unerwartet die Frau fürs Leben – ein Glück, das durch die schmutzigen Geschäfte nur von kurzer Dauer sein kann.

Kritik

Es ist der berühmteste und zwiespältigste Ort der Welt: Hollywood. Ursprünglich nur ein Stadtteil von Los Angeles, hat sich Hollywood längst zum Zentrum der amerikanischen Filmindustrie entwickelt. Hier werden Tellerwäscher zu Millionäre und Millionäre zu Tellerwäscher, doch die meisten der vielen Träumer, die jedes Jahr aus allen Teilen der Welt nach L.A. pilgern, um Karriere im Showbusiness zu machen, sind und bleiben einfach nur Tellerwäscher.

Daniel Depp widmet sich in seinem Roman "Stadt der Verlierer" voll und ganz den Schattenseiten Hollywoods. Er zeigt die so genannte Traumfabrik als einen Ort, der nur vom Geld beherrscht wird. Jeder will etwas vom Kuchen abhaben und nimmt sich sein Stück notfalls mit Gewalt. Es wird gelogen, betrogen, manipuliert und erpresst. Von Glanz und Glamour jedenfalls ist weit und breit nichts zu spüren, wenn anhand des Charakters Bobby Dye beschrieben wird, wie stressig Dreharbeiten, wie unangenehm große Filmpremieren und wie lästig aufdringliche Fans sind. An dem Oscar-Anwärter Bobby wird von allen Seiten gezupft und gezerrt, er wird ausgenutzt und gleichzeitig mit so viel Gold gefüttert, dass er sich unmöglich wehren kann.

"Stadt der Verlierer" ist ein durch und durch pessimistischer Roman. Keiner der Hauptcharaktere vermag das Glück, das für einige von ihnen durchaus in Reichweite liegt - sei es in Form von Liebe oder von Freiheit - zu ergreifen. Der Detektiv David Spandau ist der klassische gebrochene Held. Sein brutaler (deutschstämmiger) Vater hat seine Kindheit zur Hölle gemacht, seine Karriere als Stuntman ist vorbei, sein Mentor ist verstorben, seine Ehe gescheitert. In seinem Beruf als Privatermittler scheut er kein Risiko, er geht dahin, wo es weh tut. Trost findet er in seiner Begeisterung für Cowboys, Indianer, Pferde, Rodeos, John Wayne-Filme, und was sonst noch so zur amerikanischen Vorstellung vom Wilden Westen gehört. Im Grunde ist Spandau also bis hin zu seinem Hobby ein wandelndes Hollywoodklischee. Ich nehme mal an, das ist volle Absicht.

Der Autor Daniel Depp ist ein Hollywoodinsider. Nicht nur, weil er Drehbücher schreibt, sondern auch, weil er der Bruder von Kinostar Johnny Depp ist. Da fragt man sich natürlich unweigerlich, wie viel Wahrheit in diesem Roman steckt. Es ist definitiv so, dass man bei einigen der auftretenden Figuren an reale Vorbilder denkt, auch wenn es oft eine vage Ahnung bleibt. Die meiste Zeit hat man als Leser das Gefühl, dass Depp auf jemanden oder etwas anspielt, kann es aber nicht immer genau erfassen. Bei dem Jungschauspieler Bobby Dye fühlte ich mich jedenfalls, auch wegen des Films, den er gerade dreht, sehr stark an James Dean erinnert.

Der Grund dafür, dass mich "Stadt der Verlierer" letztlich nicht so überzeugt hat, ist wohl der Pessimismus. Ich mag es durchaus düster, doch fehlten mir hier über weite Strecken der schwarze Humor und das gewisse Etwas, das dem Leser, trotz allem, ein gutes Gefühl gibt. Auch weist diese pessimistische Grundeinstellung viel Vorhersehbarkeit auf. Man begreift schnell, dass alles schief gehen wird, dass immer die falschen Entscheidungen getroffen werden und dass die Figuren nie das tun, was sich der Leser wünscht, sondern nur, was das Schlechteste oder Enttäuschendste in der jeweiligen Situation ist.

Fazit

Daniel Depps "Stadt der Verlierer" ist ein düsterer Roman über Hollywood. Wer es pessimistisch mag oder sowieso eine negative Vorstellung von der Traumfabrik hat, der ist hier an der richtigen Adresse.

Maret Hosemann - myFanbase
18.04.2010

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