Bewertung
FitzGerald, Helen

Furchtbar lieb

"Eines steht fest – eine von Schuldgefühlen geplagte Frau mit postnatalen Depressionen sollte keine Affäre mit dem Mann ihrer besten Freundin anfangen."

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© Verlag Galiani Berlin

Inhalt

Krissie und Sarah sind seit Kindertagen die besten Freundinnen, obwohl sie sehr unterschiedliche Charaktereigenschaften haben. Krissie ist der wilde, chaotische Typ, während Sarah Ruhe und Ordnung vorzieht. Als Sozialarbeiterin weiß Krissie, wie man Kinder aus schlechten Verhältnissen herausholt, doch als sie selbst infolge eines Stelldicheins auf einer Disco-Toilette schwanger und schließlich Mutter eines Sohnes wird, ist sie heillos überfordert und verfällt in tiefe Depressionen. Sarah ihrerseits versucht seit Jahren vergeblich, schwanger zu werden, und lässt ihre zunehmende Wut und Enttäuschung an ihrem Mann Kyle aus.

Um wieder mit der Welt ins Reine zu kommen, beschließen Krissie, Sarah und Kyle, einen Campingausflug zu machen. Dieser entwickelt sich jedoch zu einem Horrortrip, auf dem sich unterdrückte Gefühle Bahn brechen, Masken fallen, Verrat geübt wird – und es Todesopfer gibt.

Kritik

Im Grunde hatte ich, als ich mir Helen FitzGeralds "Furchtbar lieb" kaufte, eine andere Art von Roman erwartet. Zwar weichen meine vorher entwickelten Vorstellungen und die Realität gar nicht mal so weit voneinander ab und der Roman bietet einiges von dem, was ich mir erhofft hatte, jedoch zeigt sich "Furchtbar lieb" in wichtigen Nuancen ganz anders, als ich vorher glaubte. In meinem Kopf hatte ich den Roman bereits vor dem Lesen in die Rubrik "schwarze Komödie" eingeordnet, aber eine solche ist "Furchtbar lieb" eher nicht. Der Roman ist vielmehr ein "schwarzes Drama" – auch wenn es diese Kategorie so wirklich gar nicht gibt.

Eine Frau, die unter Postnatalen Depressionen leidet, und eine Frau, deren verzweifelter Kinderwunsch sie geradezu in den Wahnsinn treibt, sind schonungslos realistische Charaktere, die weit verbreitete psychologische Probleme verkörpern. Romane über das Thema Wochenbettdepression, im Fachjargon als Postnatale Depression bekannt, gibt es eher wenige, da die Vorstellung von erwachsenen Frauen aus gutem Hause, die sich nicht über ihr Kind freuen können, für viele Menschen einfach nicht ins Weltbild passt, obwohl es eine Krankheit ist, für die keine Frau etwas kann. Mit dem verzweifelten Kinderwunsch beschäftigen sich Autoren da schon viel lieber, denn das entspricht natürlich ganz dem Ideal, dass Frauen aus tiefstem Herzen ein Kind wollen. Die gebürtige Australierin und Wahl-Schottin Helen FitzGerald wagt es nun, erstens das Thema Wochenbettdepression aufzugreifen, zweitens dem verzweifelten Kinderwunsch einer Frau eine düstere Seite zu geben und drittens, was ganz entscheidend ist, eine unglückliche Mutter und eine unglückliche Nicht-Mutter aufeinanderprallen zu lassen – als beste Freundinnen.

Der Roman zeigt das Scheitern zwischenmenschlicher Beziehungen, von Ehe über Familienbindung bis Freundschaft. Dem Leser wird vor Augen geführt, wie aus Liebe Hass werden kann, welche Abgründe mitunter hinter einer sauberen Fassade lauern und wie schwer Schuld und Verrat wiegen können. Dabei geht Helen FitzGerald eben auch den literarisch "schwarzen", will heißen bitterbösen, Weg. So weist "Furchtbar lieb" einen Hauch von Trash auf. Es werden die einen oder anderen unappetitlichen Details aus dem sexuellen und gewaltätigen Bereich sowie verbale Unanständigkeiten geboten. Garniert wird dies mit einer Portion Sarkasmus.

Durch und durch pessimistisch ist dieser Roman aber nicht, sondern zeigt auch, dass es Hoffnung gibt und dass Liebe durchaus zu siegen vermag, wenngleich es ein Kampf ist, der Verlierer fordert.

Fazit

"Furchtbar lieb" ist schwarzes Drama. Mit Mut zu Ehrlichkeit, aber auch zu Härte und Ironie, weiß der Roman größtenteils zu überzeugen.

Maret Hosemann - myFanbase
27.04.2010

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