Bewertung
Huston, Charlie

Das Clean Team

"... Aber diesen Scheißjob liebe ich."

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Inhalt

Nachdem er ein ganzes Jahr lang nur vor sich hin vegetiert und seinen Freunden den letzten Nerv geraubt hat, nimmt der ehemalige Grundschullehrer Webster Fillmore Goodhue, genannt Web, wieder einen Job an. Er wird Mitarbeiter des "Clean Teams", das die Schauplätze von Verbrechen, Unfällen und anderen blutigen Zwischenfällen reinigt. An einem Tatort lernt er Soledad, die Tochter eines Selbstmörders, kennen und verliebt sich in sie. Als sie ihn wenig später bittet, für sie ein blutverschmiertes Motelzimmer zu reinigen, ist Web sofort zur Stelle – und gerät in einen Riesenschlamassel, der überdies auch den Konkurrenzkampf zwischen dem "Clean Team" und einem anderen Tatortreinigungs-Unternehmen anheizt.

Kritik

Wenn in einer Inhaltsbeschreibung von "Tatorten", "Blutspritzern" und "menschlichen Überresten" die Rede ist, denken die meisten Menschen unweigerlich an Ermittler, die Spuren sammeln, Leichen obduzieren und ganz erstaunliche Resultate aus der Untersuchung eines einzigen Haares oder eines Blutflecks erzielen, um so letztlich den Täter zu schnappen. An die Menschen, die diese mit Körperflüssigkeiten, Gedärmen und Exkrementen verschmutzten Tatorte reinigen und aus dem Schauplatz des Todes wieder einen bewohn – und benutzbaren Bereich machen, denkt niemand. Tatortreiniger haben keine große Lobby und stehen ziemlich selten im Mittelpunkt von Filmen, Serien oder Romanen.

Charlie Huston aber stellt uns diese Welt des Extremsaubermachens vor und kleidet sie in ein skurriles Gewand, denn natürlich erwarten wir nicht, dass normale Menschen wie du und ich diesen Beruf ausüben. Lieber glauben wir, dass nur Freaks ihren Lebensunterhalt damit verdienen, Hirnrückstände von Wänden abzukratzen. So bietet Hustons Roman "Das Clean Team" vor allem kuriose, provokative und schwarzhumorige Unterhaltung mit eigenwilligen Charakteren – allerdings lernen wir nebenbei tatsächlich einiges darüber, wie man einen Tatort reinigt, und begreifen, dass dies letztlich auch nur ein Geschäft ist, in dem es um Profit geht. Geld blutet schließlich nicht.

Der Hauptprotagonist Web ist eine verkrachte Existenz mit mehr als genug Problemen. Seine Eltern sind genussmittelsüchtige Exzentriker, die ihm nicht gerade eine geregelte Kindheit ermöglicht haben. Ein traumatisches Ereignis im Erwachsenenalter hat ihn dann vollends aus der Bahn geworfen, so dass er nicht nur seinen Job als Grundschullehrer aufgeben musste, sondern auch mit seinem verbitterten, zynischen, feindseligen und arroganten Verhalten fast alle seine Freunde vergrault hat. Sein neuer Job als Tatortreiniger wird für ihn zu einer Bewährungsprobe und Auseinandersetzung mit sich selbst, denn wenn er es jetzt nicht packt, dann packt er es nie mehr. Alles in allem ist Web ein Antiheld, der in manchen Situationen auch die Leser ankotzt, doch immer noch genug Sympathie – und Mitleidspunkte auf sein Konto lädt, um es sich zu verdienen, dass man ihn doch nicht fallen lässt. Somit befinden wir uns als Leser in einer ähnlichen Lage wie Webs verbliebene Freunde. Wir stehen zu ihm, auch wenn er manchmal ein kompletter Idiot ist.

Fazit

Der Roman "Das Clean Team" zeigt einen Antihelden in einem Antiberuf, muss sich aber nicht vorwerfen lassen, Anti-Unterhaltung zu sein.

Maret Hosemann - myFanbase
22.05.2010

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