Bewertung
Davis, Lindsey

Delphi sehen und sterben

Ein neuer Fall für Marcus Didius Falco.

Foto: "Delphi sehen und sterben" von Lindsey Davis
"Delphi sehen und sterben" von Lindsey Davis

Inhalt

76 n. Chr.: Marcus Didius Falco, Privatermittler im von Kaiser Vespasian regierten Rom, wird gebeten, nach Griechenland zu reisen, um den Tod einer jungen Frau zu untersuchen, die mit einer Reisegruppe unterwegs war. Einige Jahre zuvor ist schon einmal eine Römerin unter ähnlichen Umständen auf einer Griechenlandreise ums Leben gekommen. Falco begibt sich gemeinsam mit seiner Frau Helena, seiner Pflegetochter Albia, seinen Neffen Gaius und Cornelius sowie dem jungen Athleten Glaucus nach Griechenland und stößt dort auf unkooperative Priester, überforderte Politiker, zwielichtige Reiseleiter und geplagte Touristen.

Kritik

"Delphi sehen und sterben" ist das 17. Abenteuer des römischen Detektivs Marcus Didius Falco, der mir in gleich zweifacher Hinsicht schon viele schlaflose Nächte bereitet hat. Zum Einen, weil ich die Bücher über ihn und seine Fälle nie aus der Hand legen kann, und zum Anderen, weil ich oft grübeln musste, wie ich an alle Ausgaben der Reihe herankomme, denn die frühen Bände sind in Deutschland mittlerweile Raritäten. Der erste Teil erschien immerhin schon 1989; damals konnte ich noch nicht einmal lesen.

Wer gesteigerten Wert auf historische Genauigkeit legt, ist bei Lindsey Davis allerdings falsch. Die Sprache, in der die Falco-Bücher geschrieben sind, ist viel zu modern, um wirklich in die Antike zu passen. Die Charaktere bedienen sich einer sehr lockeren Redeweise, gespickt mit Ausdrücken, die es damals weder im Lateinischen noch im Griechischen gab. Es ist jedoch genau diese Vermischung von Historie und Modernität, die letztlich den Reiz der Falco-Buchreihe ausmacht. Falcos Erlebnisse spiegeln immer wieder Ideen und Konzepte unserer Gegenwart wieder, die geschickt in das antike Umfeld eingewoben werden. In diesem 17. Band beispielsweise ist es das Tourismusgeschäft, das im historischen Gewand persifliert wird.

Lindsey Davis kombiniert die damalige Art des Reisens mit heutigem Touristennepp. Dabei greift sie viele Elemente aus der griechischen Mythologie auf und setzt sich überdies ironisch mit dem Verhältnis zwischen dem zum Weltreich aufgestiegenen Rom und dem als Wiege der Kultur geltenden Griechenland auseinander. Man kann sich sogar stellenweise ein bisschen an deutsche Touristen auf Mallorca erinnert fühlen, auch wenn Mrs. Davis das vermutlich nicht speziell beabsichtigt hat. Leider verliert sich die Autorin manchmal ein wenig in den Ortsbeschreibungen und mythologischen Anekdoten. Die Mörderjagd geht dadurch etwas unter.

Falcos Familienleben ist wie immer liebenswert, chaotisch und so überhaupt nicht antiquiert, auch wenn er und Helena ihre kleinen Töchter diesmal daheim lassen und nur die 16-Jährige Plegetochter Albia sowie zwei von Falcos unzähligen Neffen mitnehmen. Auch viele andere vertraute Charaktere sind wegen der außerhalb von Rom spielenden Handlung nicht dabei, was aber in sich stimmig ist.

Bei einem 17. Band stellt sich natürlich die Frage, ob es für Neueinsteiger geeignet ist. Im Prinzip schon, da jeder Band eine in sich abgeschlossene Handlung erzählt, wenn auch mit gelegentlichen Verweisen auf frühere Abenteuer und leichten Andeutungen, worum es im nächsten Teil gehen wird. Die Familienverhältnisse und Charakterkonstellationen werden auch immer wieder kurz zusammengefasst, so dass selten Verwirrung entstehen dürfte, doch wenn man Falcos Entwicklung vom alleinstehenden, bettelarmen und schmuddeligen Schnüffler zum Familienvater mit solidem Vermögen wirklich von Beginn an mitgelesen hat, fühlt man sich den Figuren schon besonders verbunden und verzeiht Schwächen in der Handlung viel leichter.

Fazit

"Delphi sehen und sterben" gehört nicht zu den stärksten Bänden der langlebigen Falco-Reihe, bietet aber gewohnt gute Unterhaltung.

Zur Rezension von Band 18 "Mord im Atrium"

Maret Hosemann - myFanbase
30.08.2010

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