Bewertung
King, Stephen

Friedhof der Kuscheltiere

Stephen Kings international erfolgreichstes Werk.

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Inhalt

Louis Creed zieht mit seiner Frau Rachel, seinen Kindern Elli und Gage sowie dem Kater Church in eine idylische Kleinstadtsiedlung in Ludlow, um an der Universität Maine die Krankenstation zu leiten. Nachdem der Kater von einem Lastwagen überrollt wurde, beschließt Louis, der inzwischen eine Freundschaft zu seinem Nachbarn Jud Crandall aufgebaut hat, Church auf einem alten indianischen Friedhof der Micmac-Indianer zu begraben. Einer Sage nach sollen Tiere, die dort begraben wurden, von den Toten zurückkehren. So trägt es sich auch zu – der Kater kehrt zurück, jedoch verändert: er verhält sich bösartig und riecht nach modriger Erde.

Louis' Sohn Gage wird schließlich auch auf tragische Weise von einem Lastwagen überrollt und trotz Juds Warnungen schickt Louis seine Frau und seine Tochter nach Chicago, um seinen Sohn auf dem Tierfriedhof zu begraben. Doch Gages Rückkehr gleicht der des Katers...

Kritik

Ein Meisterwerk der Postmoderne! Die zahlreichen Lobpreisungen des Romans entsprechen absolut der Wahrheit. Selten habe ich ein so schauriges Buch gelesen!

Als eher kritischer Betrachter der postmodernen Literatur, muss ich zugeben, dass ich die postmodernen Elemente hier als besonders gelungen erachte: Das Ausfahrtsschild "Jerusalem's Lot", das Rachel auf dem Weg zu Louis passiert, nimmt eindeutig Bezug auf Stephen Kings Roman "Brennen muss Salem" und der blutrünstige Bernhardiner aus Juds Erzählung verweist auf Kings "Cujo". Mich stimmte dieser Wiederekennungswert sehr positiv, denn das ein oder andere Schmunzeln konnte ich mir hier nicht verkneifen.

Besonders gut haben mir die Beschreibungen der Kleinstadt gefallen – King erschafft eine echte Idylle, in der wir uns als Leser mehr als wohl fühlen. Alles scheint grün, fröhlich und warm zu sein. Bis King die Idylle mit einem Schlag zerbröckeln lässt: Pascow taucht auf und sein Tod wird auf barbarische Art und Weise beschrieben. Dann spricht er auch noch blutertränkt eine mysteriöse Warnung Louis gegenüber aus. Das war in meinen Augen ein Unfall zuviel in der Geschichte: Langsam geht uns das Mitleid für die vielen Unfallopfer aus. King hätte auch nicht ganz so sehr ins Detail gehen müssen bei der Beschreibung des Sterbevorgangs.

Später dann die Nacht - und Nebelbeerdigung des Katers: Großartig. Die Geschichte über die Micmac-Indianer finde ich schlüssig und die Beerdigung ist der erste Gipfel der neuen schaurigen und angespannten Atmosphäre, die hier zu entstehen beginnt. Der holprige Weg zum Friedhof wird detailliert beschrieben – die Spannung steigt ins Unermessliche. Und dann das Warten. Wird der Kater wieder auferstehen? Was wird geschehen, wenn er wieder aufersteht? Der Kater kehrt zurück und seine Gestalt ist dermaßen abstoßend, dass man schon beim Lesen ein Ekelgefühl bekommt. Die mit der Rückkehr des Katers verbundenen fragmenthaften Alpträume von Louis sind ebenfalls besonders gut gelungen. Die steigende Verzweiflung und die stetig wachsende Verwirrung des Mannes sind nachvollziehbar und authentisch. Wer würde nicht nach der Rückkehr der toten Katze durchdrehen?

Gages Tod ist das Highlight des Romans. King beschreibt das Geschehen im Detail und lässt mich die ein oder andere Träne vergießen. Der verzweifelte Versuch des Vaters, seinen Sohn noch rechtzeitig zu retten, der dazu führt, dass er den Unfall mit eigenen Augen zu sehen bekommt, ist dramatisch und mehr als mitleiderregend. Ab dem Punkt finde ich großes Gefallen an der Entwicklung der einzelnen Charaktäre und deren Beziehungen zueinander. Die Ehe von Rachel und Louis scheint in die Brüche zu gehen und Louis' Trauer und Verwirrtheit wird immer drastischer. Besonders gelungen ist die Rolle von Rachel, die nun auch weiter in den Vordergrund rückt: Auch sie wird von seltsamen Vorahnungen geplagt. Das Begräbnis Gages auf dem Tierfriedhof war absehbar – genau wie seine Auferstehung. King bricht ab hier alle Konventionen – der Roman nimmt einen völlig unerwarteten dramatischen Verlauf. Die Figuren geraten völlig aus der Bahn – ihre durch die Geschichte entstandenen Charakterprofile scheinen sich in Luft aufzulösen. Diese Unkonventionalität ist wirklich erfrischend!

Fazit

Der Roman ist einzigartig. Noch nie habe ich eine so emotionsvielfältige Geschichte gelesen. Auch wenn der Roman oft als überdreht und zugespitzt bezeichnet wird – für mich ist er das Highlight postmoderner Literatur!

Simone K. - myFanbase
13.09.2010

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