Bewertung
Bazell, Josh

Schneller als der Tod

"Ich bin ein Idiot. Ich entscheide mich fürs Krankenhaus."

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Inhalt

Dr. Peter Brown ist Assistenzarzt in einem zweitklassigen Krankenhaus in Manhattan. Als er den Patienten Nicholas LoBrutto über dessen schwere Erkrankung aufklären muss, entwickelt sich die Nachtschicht zum Alptraum. Nicht wegen der schlechten Nachricht für LoBrutto, sondern weil dieser seinen Arzt wiedererkennt. Dr. Peter Brown heißt eigentlich Pietro Brnwa und war Killer für die Mafia, ehe er ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen wurde. LoBrutto verlangt von Pietro, ihn am Leben zu erhalten, andernfalls erfährt die Mafia den Aufenthaltsort des Ex-Killers. So bleibt Pietro keine andere Wahl, als neben dem ganz normalen Wahnsinn des Krankenhausalltags auch noch zu versuchen, seinen eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

Kritik

Wer "Schneller als der Tod" zur Hand nimmt, sollte sich zuvor vielleicht seine teuren Schuhe ausziehen und den Boden mit alten Zeitungen auslegen, denn der Roman aus der Feder von Josh Bazell trieft nur so vor Zynismus und spuckt zahlreiche herrlich böse Beschreibungen aus, die den Krankenhausalltag und das amerikanische Gesundheitssystem bloßstellen.

Der Hauptprotagonist Pietro Brnwa, der sich jetzt Peter Brown nennt, ist ein ehemaliger Mafiakiller im Zeugenschutzprogramm. Genauer gesagt ist er ein polnischstämmiger Jude, der sich als Arzt eines katholischen Krankenhauses vor der italienischen Mafia versteckt. Pietro ist hart und selbstironisch, er macht sich keine Illusionen über den Arztberuf und ist bestimmt kein Genie seiner Zunft, besitzt aber durchaus Talent, das nicht zuletzt auf seine Unbeugsamkeit zurückzuführen ist. Arzt zu sein ist das Einzige, was er noch hat, und die beste Möglichkeit, Buße zu tun, so dass er sich diesem Beruf und dem zermürbenden Krankenhausalltag mit Galgenhumor stellt. Immer wieder wendet er sich mit sarkastischen Kommentaren auch direkt an den Leser und festigt damit seine Rolle als entlarvender, resoluter Erzähler.

Neben der Welt der Medizin bekommt auch die Mafia ihr Fett weg. Eine ganze Reihe brutaler Ereignisse, die durchaus explizit beschrieben werden, veranschaulicht uns das organisierte Verbrechen ohne jede romantische Note. Die Mafia wird als grausam, feige, verlogen und gierig dargestellt. Auch die andere Seite, die Vertretung von Recht und Ordnung, kommt nicht ungeschoren davon und muss sich bissigen Spott gefallen lassen.

Weiterhin thematisiert der Roman den heutigen Antisemitismus, über den man ob seiner Absurdität manchmal fast lachen könnte, wenn es nicht so verdammt traurig und beschämend wäre.

Fazit

Josh Bazells "Schneller als der Tod" ist ein zynischer und stellenweise brutaler Roman über Medizin und Mafia. Als Lektüre während eines Krankenhausaufenthalts (oder eines Mafiatreffens) definitiv ungeeignet, ansonsten aber lesenswert.

Maret Hosemann - myFanbase
28.09.2010

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