Bewertung
Millar, Martin

Kalix. Fluch der Werwölfe

"Kalix lässt sich ein anständiges Massaker nie von Romantik verderben."

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Inhalt

Förderkurse an einem Londoner College sollen der siebzehnjährigen Problem-Werwölfin Kalix MacRinnalch helfen, ihren Bildungsrückstand aufzuholen und in der Gesellschaft Fuss zu fassen, doch die Anzahl ihrer Feinde ist nach wie vor groß. Viele Mitglieder ihres schottischen Clans wollen sie töten und auch die Gilde der Werwolfjäger holt zum Schlag aus. Unerwartete und unwillkommene Unterstützung erhält Kalix von Decembrius, der einst auf der Seite ihrer Feinde gekämpft hat, nun aber romantische Gefühle für die depressive Werwölfin hegt. Kalix' Cousine Dominil will im Gegensatz zur Mehrheit des Clans offensiv gegen die Werwolfjäger vorgehen und muss feststellen, dass sie einen der Feinde kennt - und er auf einem persönlichen Rachefeldzug gegen sie ist. Derweil geraten Kalix' Schwester Thrix, die in London als Modedesignerin auf den Durchbruch hofft, und ihre beste Kundin Malveria, die Feuerkönigin, ahnungslos ins Zentrum einer Verschwörung. Alles läuft auf einen Showdown in Edinburgh hinaus, wo Kalix' Mutter, die Herrin der Werwölfe, eine Spendengala veranstaltet und die Werwolf-Zwillinge Butix und Delix ein Konzert geben sollen.

Kritik

"Kalix. Fluch der Werwölfe" ist die Fortsetzung zu "Kalix. Werwölfin von London" und erreicht wie der Vorgängerroman einen beträchtlichen Umfang, diesmal von 744 Seiten. Im Zentrum steht abermals Kalix, dass schwierigste Mitglied der dysfunktionalen Werwolfamilie MacRinnalch. Wie der erste Band ist aber auch der zweite Teil nicht durchgehend aus der Sicht von Kalix geschrieben, da dieser Charakter psychisch einfach zu kaputt ist. Sie stellt zwar ein interessantes Thema dar und beschäftigt die anderen Romanfiguren, die das unkontrollierbare Werwolf-Mädchen entweder hassen, fürchten oder lieben, teilweise alles zusammen, aber als personale Erzählerin, aus deren Perspektive der Leser die Handlung erfährt, ist sie nur in wohldosierten Portionen zu ertragen.

Nicht nur wegen seines Umfangs kann man den Roman "Kalix. Fluch der Werwölfe" schon beinahe als kleines Epos bezeichnen. Der Autor Martin Millar verwendet jene Zutaten, die man aus Mythen, Märchen und den ganz großen Werken der Literaturgeschichte kennt: Liebe, Hass, Verrat, Macht, Tod und eine (anrüchige) Wette. All dies nur eben mit Werwölfen. Es gibt nur sehr wenig Vertrauen und Warmherzigkeiten zwischen den Charakteren, woran die Blutsbande absolut nichts ändert, eher im Gegenteil. Berühmte Kontraste, wie arm und reich, ordentlich und chaotisch, wild und gesittet, werden thematisiert.

Wie viele Fortsetzungen krankt aber auch "Kalix. Fluch der Werwölfe" an Abnutzungserscheinungen, die natürlich bei so umfangreichen Büchern noch schneller auftreten. Nachdem die prägenden Merkmale der Charaktere und die Welt, in der sie leben, schon im ersten Band auf stolzen 750 Seiten dargelegt wurden, ist die erneute 744-seitige Darstellung natürlich nicht mehr so faszinierend, geschweige denn originell. Martin Millar gelingt es kaum, neue Facetten hineinzubringen und die Leser zu überraschen. Einige Aspekte werden stattdessen so überstrapaziert, das sie fast schon nervig wirken. Dies gilt besonders für das Thema Mode. Die Werwölfin Thrix, die Feuerkönigin Malveria sowie andere Herrscherinnen aus Malverias fremdartiger Dimension sind absolut verrückt nach schöner, teurer Kleidung und führen wahre Kriege auf dem Schlachtfeld der Mode. Wer als erster die angesagten neuen Schuhe hat, wirft praktisch eine Atombombe auf das Feindesland ab. Das war im ersten Teil noch recht unterhaltsam, aber diesmal verdreht man beim Lesen schon das eine oder andere Mal die Augen.

Andererseits sorgt gerade Malveria für viele humorvolle Momente, da sie die Ereignisse sehr ironisch und pragmatisch kommentiert und sich leidenschaftlich gerne einmischt, bzw. ohne Zurückhaltung die Konstellationen aufmischt.

Fazit

Alles in allem ist das zweite Abenteuer von Kalix und ihrer Sippe als grimmige, zynische, fast schon epische Urban Fantasy durchaus wieder unterhaltsam, aber kann nicht aus dem Schatten des Vorgängerromans treten. Um mit seiner Romanserie dauerhaften Erfolg zu haben, sollte Martin Millar wieder mehr frische Ideen hineinbringen - und dafür zu Not auch mal auf 100 oder 200 Seiten verzichten.

Maret Hosemann - myFanbase
15.10.2010

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