Was vom Tage übrig blieb
"Sicherlich gab es nichts, was damals anzeigte, dass solch offensichtlich kleine Ereignisse ganze Träume unrettbar und für immer zerstörten."
Inhalt
Stevens ist seit über 30 Jahren Butler auf Darlington Hall. Er ist seinem Dienstherren gegenüber loyal und versucht alles in seiner Macht stehende zu tun, damit der Haushalt perfekt ist.
Juni 1956: Darlington Hall wurde an einen Amerikaner verkauft. Seither geht alles drunter und drüber, sodass sich Stevens auf eine Reise zur früheren Wirtschafterin des Landsitzes, Miss Kenton, macht. Zunächst ist er sich unsicher, ob er seinen Arbeitsplatz wirklich verlassen sollte, doch sein neuer Dienstherr meint, dass es eine gute Idee sei und schließlich ist das Ziel dieser Fahrt, Miss Kenton zurück nach Darlington Hall zu holen.
Auf seiner sechstägigen Reise reflektiert Stevens sein gesamtes Leben, welches er durch Selbstverleugnung versäumte, und hofft seine früheren Fehler wieder gut machen zu können.
Kritik
Dieses Buch ist nicht nur wegen seiner literarischen Qualitäten lesenswert. Es ist eines jener Bücher, die Augen öffnen können, die wieder aufmerksam machen auf die Bedeutung des heutigen Tages und auf die Bedeutung des Mutes zur Nähe. Wir sind sterbliche Wesen - etwas, was wir gerne verdrängen und vergessen. Aber das Bewusstsein von Altern und Tod kann etwas anderes, viel Schöneres und Wertvolleres bewirken als Angst, Ungeduld und Erschrecken. Es kann bewirken, dass wir im Angesicht der Tatsache, dass unsere Zeit kostbar ist, den Auftrag des Lebens annehmen, Freude und Schwere eines jeden Tages zu leben und für uns und andere das oft genug mühsame und leidvolle Dasein zu erleichtern und schöner zu machen.
Stevens steht vor der Tür zum Zimmer der Haushälterin Miss Kenton. Er weiß, dass sie da drinnen ist, dass sie einsam ist, dass sie weint. Er weiß es, weil er sie liebt. Und er geht nicht zu ihr, um sie zu trösten. Jahrzehnte später erinnert er sich an diese Szene und es kommt sein todtrauriger, immer noch das eigene Versäumnis mühsam überspielender Kommentar: "[...] man hatte doch das Gefühl, eine niemals endende Anzahl von Tagen, Monaten, Jahren verfügbar zu haben, in denen man mit den Kapricen in der Beziehung zu Miss Kenton ins Reine kommen könnte; eine unendliche Anzahl von zukünftigen Gelegenheiten, bei denen man die Wirkung dieses oder jenes Missverständnisses lindern könnte. Sicherlich gab es nichts, was damals anzeigte, dass solch offensichtlich kleine Ereignisse ganze Träume unrettbar und für immer zerstörten."
Die Figur des Stevens trägt alle Merkmale in sich, die ihn zum Klischee des englischen Butlers machen könnten, zur Karikatur seiner selbst, angefangen vom steifen Äußeren bis zum kleinsten Gedanken, der sich immer um die Wirkung auf andere dreht, aber nie um eigene Wünsche und Bedürfnisse. Sogar Antworten, die der Butler seinem Dienstherrn gibt, sind vorgefertigte Sätze, Floskeln ohne Individualität. Wie der Autor es aber fertig bringt, dass das Klischee des Butlers zu einem lebendigen Protagonisten wird, ist meisterhaft. Aus einem Mann, über den man eigentlich lachen oder den Kopf schütteln müsste, wird eine tragische Gestalt, die aus einem selbstgezimmerten Gefängnis nicht herauskommt. Aus dem Unverständnis für dieses Leben wird Mitleid für ein Leben, das sich aufbäumt, um noch einen Sinn zu finden, aber ohne zu resignieren daran festhält, dass es lebenswert war und unter allen Umständen so fortgesetzt werden muss.
Verfilmt wurde dieser Roman mit Anthony Hopkins; kein Schauspieler hätte diese Figur besser verkörpern können - ich kann beides nur wärmstens weiterempfehlen, Buch und Film.
Fazit
Eine gesellschaftskritische, melancholische "Liebesgeschichte". Wer einigermaßen sattelfest in Englisch ist, kann sich mit dem Original bestimmt etwas Gutes tun. Doch auch die deutsche Ausgabe ist natürlich genial. Lesen, es lohnt sich!
Sanny Binder - myFanbase
14.11.2010
Diskussion zu diesem Buch
Weitere Informationen
Originaltitel: The Remains of the DayVeröffentlichungsdatum (DE): 11.09.2007
Verlag: btb Verlag
ISBN: 344273309X
Anzahl Seiten: 288
Genre: Roman
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