Bewertung
Kundera, Milan

Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins

"Er hatte schon zehnmal versucht, eine junge Frau anzurufen, eine sehr attraktive Schauspielschülerin, deren Körper an einem Nacktbadestrand in Jugoslawien so ebenmäßig braungebrannt war, als hätte man sie dort an einem erstaunlich präzise funktionierenden Bratspieß langsam geröstet."

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Inhalt

In einem Prager Restaurant zur Zeit des Kalten Krieges begegnet der erfolgreiche Arzt Tomas der Kellnerin Teresa. Die beiden verlieben sich ineinander. Doch Tomas kann seine Affären mit anderen Frauen trotz seiner innigen Liebe zu Teresa nicht einstellen. Die junge Frau ist zutiefst verletzt und versteht nicht, warum er seine Bettgeschichten nicht sein lassen kann. Die beiden heiraten trotz allem und flüchten in die Schweiz. Aber Teresa fühlt sich in dem fremden Land nicht wohl und will zurück in die Tschechoslowakei. Tomas sieht sich vor einer wichtigen Entscheidung. Entweder er bleibt in der Schweiz und genießt Freiheit und berufliches Ansehen, oder er folgt seiner großen Liebe, womit seine Karriere allerdings ein jähes Ende erreichen würde.

Nebenbei wird noch die Geschichte von Sabina und Franz erzählt. Sie, eine der vielen Affären Tomas', und er ein verheirateter Professor. Doch als ihre heimliche Beziehung auffliegt, ist sie leider auch schon zu Ende. Und beide scheinen nie wieder wirklich glücklich zu werden.

Kritik

Dem Tschechen Milan Kundera ist hier ein wirklich sehr guter Roman gelungen. Hauptsächlich geht es um Tomas und Teresa, ihre Liebe zueinander und darum, was sie selbst unter Liebe verstehen. Während für Tomas Sex und Liebe zwei unterschiedliche Dinge sind, kann Teresa sie nicht voneinander trennen, womit ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Männern und Frauen angesprochen wird. Doch obwohl seine Affären für Tomas anscheinend sehr wichtig sind, würde er sich im Ernstfall immer wieder für diese eine Frau entscheiden, für Teresa.

Besonders angesprochen hat mich an der Erzählung, dass man ein wenig über die Geschichte der Tschechoslowakei lernt. Man bekommt einen Eindruck, wie sich die Menschen unter der Besetzung der russischen Armee gefühlt haben müssen. Etwas, das wir heute, die wir in Freiheit aufgewachsen sind, gar nicht wirklich nachempfinden können.

Hervorgehoben werden muss noch der philosophische Aspekt des Romans. Kundera geht es auch um Unterscheidungen. Er sieht die Leichtigkeit im Gegensatz zur Schwere ähnlich dem Positiven zum Negativen, oder wie hell zu dunkel. Die Liebe und die Gesellschaft werden genau unter die Lupe genommen. Jeder Charakter liebt und lebt auf eine ganz unterschiedliche Weise, hat ganz andere Ansichten und Meinungen zu den Dingen des Alltags.

Trotz seines sprachlichen und philosophischen Anspruchs liest sich das Buch sehr leicht und es fällt einem nicht schwer, die Charaktere mit ihren Gefühlen gut zu verstehen, da sie sich selbst nicht besonders hervorheben und eben keine Helden sind. Aber da Kundera jedem Hauptprotagonisten etwas Platz für seine Lebensgeschichte lässt, kann man mit ein wenig Empathie ihre Sicht der Welt begreifen.

Fazit

Ein Buch über die Liebe und die Tschechoslowakei zur Zeit des Prager Frühlings, ein Buch mit wahrhaft philosophischen Ansätzen und Tiefgang, ein Buch, das gelesen werden muss.

Antje van Uden - myFanbase
26.11.2010

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