Wolfsspur
"Dies ist nicht unsere Welt. Lassen Sie es gut sein!"
Inhalt
In einer Welt, in der sich weit über 90 Prozent der Menschen bei Vollmond in Wölfe verwandeln, gelten die wenigen Personen, die nicht mit dieser Eigenschaft geboren werden, als anormal. Sie stellen eine sowohl diskriminierte wie auch gefürchtete Minderheit dar, die nur für eine einzige Behörde arbeiten darf. Zu dieser Minderheit gehört auch Lola May Galley. Sie erhält den Auftrag, einen Mann vor Gericht zu vertreten, der in Wolfsgestalt einen ihrer Kollegen schwer verletzt hat. Als jener Kollege nur wenig später ermordet wird, gerät Lola in den Mittelpunkt eines brisanten Falls, der den brüchigen Frieden zwischen den herrschenden Werwölfen und den wenigen Nicht-Werwölfen gefährdet.
Kritik
Die Gründe, weshalb wir Vampire, Werwölfe, Engel, Zombies und dergleichen so interessant finden, sind vielfältig, doch der fundamentale Gedanke ist immer gleich: wir finden solche Wesen spannend, weil sie anders sind als wir. In ihrem Roman "Wolfsspur" kehrt die Autorin Kit Whitfield das Prinzip einfach um. Hier sind WIR die Anderen, die Anormalen, die Wesen am Rande der Gesellschaft. Werwölfe, genauer gesagt Lykanthropen, sind die normalen Menschen und regieren die Welt. Ohne die Gabe geboren zu werden, sich bei Vollmond in einen Werwolf zu verwandeln, gilt als genetischer Defekt. "Wolfsspur" erschafft somit ein Szenario, bei dem sich jeder Leser, egal welchen Geschlechts, welcher Hautfarbe oder welcher Religion, mit der Minderheit identifiziert. Wir bleiben bei Vollmond auf zwei Beinen stehen, also sind wir nicht normal.
Die Gesellschaft in Kit Whitfields Romanwelt ist nicht gerecht. Die Nicht-Werwölfe, die abfällig als "Glatthäute" bezeichnet werden, leben in einer Art moderner Sklaverei. Sie müssen als Erwachsene ohne Ausnahme in einer Behörde, im Amt für ständige Überwachung Lykanthropischer Aktivitäten, kurz ASÜLA, arbeiten. Innerhalb dieser Behörde können sie zwar verschiedenen Berufen wie Arzt oder Anwalt nachgehen, aber sie werden nur unzureichend ausgebildet und schlecht bezahlt. Sie haben keine Chance, gesellschaftlich aufzusteigen. In Vollmondnächten, wenn sich beinahe die gesamte Menschheit in sichere Räume einschließt, um sich zu verwandeln, müssen die Glatthäute raus fahren, um jene Werwölfe einzufangen, die sich nicht eingesperrt haben. Dabei riskieren die Männer und Frauen jedes Mal ihr Leben und werden regelmäßig verletzt oder gar verstümmelt, müssen aber gleichzeitig darauf achten, den Wölfen so wenig wie möglich zu schaden, denn diesen gehört nun einmal die Welt. Haben die ASÜLA-Beamten dann einmal Menschen in Gewahrsam, die in Wolfsgestalt ein schweres Verbrechen begangen haben, können sie sich in bester Abu-Ghraib-Manier rächen und behandeln die Gefangenen ausgesprochen schlecht. Das ist einerseits verständlich, aber schürt andererseits natürlich den Hass der Mehrheit auf die Minderheit, die sich damit noch weiter ins gesellschaftliche Abseits manövriert. Ein Teufelskreis, wie man so schön sagt.
Es ist fraglos ein vielschichtiges und außergewöhnliches Szenario, das die Autorin hier entwirft, doch zeigen sich auch recht schnell die Nachteile einer Geschichte, die aus der Sicht einer ungerecht behandelten, hoffnungslosen, in einem traurigen Dasein gefangenen Protagonistin geschrieben ist. Das ständige Leiden der Ich-Erzählerin Lola May Galley wirkt ermüdend. Sie ist permanent unglücklich, hadert mit sich und der Welt, und gewinnt jeder Lage das Schlechteste ab. So gerechtfertigt ihr Selbstmitleid angesichts der gesellschaftlichen Situation auch größtenteils sein mag, kann man es nicht gerade als unterhaltsam oder abwechslungsreich bezeichnen. Dass sie nicht bereit ist, auch mal etwas Couragiertes oder Gutherziges zu tun, um die Welt und ihr Leben ein Stückchen besser zu machen, frustriert zusätzlich. Man könnte es natürlich realistisch nennen, dass die Angehörige einer Minderheit nicht das Versagen der Gesellschaft überwindet, doch fehlt auf diese Weise manchmal der Anreiz, weiter zu lesen. Die Handlung verliert sich ein bisschen zu sehr in Lolas Schmerz und überstrapaziert damit das Mitgefühl und die Geduld des Lesers.
Fazit
Trotz der interessanten Thematik ist "Wolfsspur" letztlich nur eine Leidensgeschichte im Mystery-Gewand und damit nicht so unterhaltsam, wie erhofft.
Maret Hosemann - myFanbase
10.01.2011
Diskussion zu diesem Buch
Weitere Informationen
Originaltitel: BarebackVeröffentlichungsdatum (DE): 01.09.2007
Verlag: Heyne
ISBN: 3453811488
Anzahl Seiten: 640
Genre: Fantasy
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