Bewertung
Nowak, Janika

Das Lied der Banshee

"Ich glaubte es nicht! Welches Märchen war denn noch wahr? Rumpelstilzchen? Oder der Gestiefelte Kater?"

Foto: "Das Lied der Banshee" von Janika Nowak
"Das Lied der Banshee" von Janika Nowak

Inhalt

Warum Aileen eines Abends von vier Männern angegriffen und zusammengeschlagen wird, ist ihr ein Rätsel. Noch seltsamer findet sie jedoch, dass sie überlebt hat und am nächsten Tag kaum noch Blessuren zu sehen sind. Der Wassermann Macius spürt sie auf und erklärt ihr, dass sie eine Banshee ist – ein Wesen aus der irischen Sagenwelt. Durch den Schrei, den sie instinktiv ausgestoßen hat, als sie angegriffen wurde, konnte sie sich aus den Klauen der Männer befreien. Zunächst hält Aileen all dies für einen schlechten Scherz, doch schnell stellt sich heraus, dass sie sehr wohl eine Banshee ist und sich in einem erbitterten Krieg der Götterkinder befindet. Gemeinsam mit Macius, der Sirene Pheme, dem Naturdämon Aiko und ihrem menschlichen Freund Thomas begibt sich Aileen auf die Reise, um sich ihrem Feind zu stellen.

Kritik

Mit "Das Lied der Banshee" ist Janika Nowak ein wundervoller Debütroman rund um die europäische und asiatische Mythologie gelungen. Schon allein durch diese einzigartige Thematik hebt sich das Buch von anderen Jugendbüchern des Genres ab und wird so zu etwas ganz Besonderem - zusammen mit dem wunderschönen Cover, welches ein wahrer Blickfang ist. Blättert man durch das Buch, findet man märchenhafte Zeichnungen, die von der Comiczeichnerin, Illustratorin und Designerin Nina Nowacki angefertigt und perfekt auf die Handlung abgestimmt wurden. Sehr beeindruckend!

Am Anfang wird dem Leser ein kleiner Einblick in Aileens Welt gegeben. Sie ist ein ganz normales Mädchen, das sich mitten in der Ausbildung zur Tischlerin befindet. Sie stellt gerne ihre handwerklichen Fähigkeiten unter Beweis und zieht so die Blicke des Gesellen Thomas auf sich. Sie ist sich zunächst nicht bewusst, welch starke Gefühle er für sie hegt, denn sie dachte all die Zeit, dass die beiden nichts, außer der Arbeit und einer oberflächlichen Freundschaft, verbindet. In dieser Hinsicht ist Aileen etwas naiv. Welchen Grund sollte ein Junge sonst haben, sie ständig anzurufen oder sich für abends mit ihr zu verabreden? Doch Thomas ist lange Zeit erfolglos, denn Aileen lässt niemanden an sich heran. Es wird nicht erwähnt, warum sie sich vom anderen Geschlecht so sehr abschottet, doch Hinweise auf die Antwort werden durchaus gegeben. Seit dem Tod ihrer Mutter ist Aileens Vater in ein tiefes Loch gefallen. Er hat sich kaum um sie gekümmert und wurde bald zum Alkoholiker. Bei einem solchen Vater, der einem so wenig Liebe entgegenbringt, ist es eigentlich kein Wunder, dass sie so in sich gekehrt ist.

Als sie in die Welt der Sagengestalten gezogen wird, ändert sich für Aileen alles Schlag auf Schlag. Sie hat keine Zeit mehr, das schüchterne Mädchen zu sein, das sich am liebsten in ihrem Schneckenhäuschen verkriechen würde. Sie muss ihrem Schicksal ins Auge blicken, denn sie ist die einzige verbliebene Banshee, die es auf der Welt gibt, und stammt zudem von einem starken Geschlecht ab. Sie wird gebraucht, um wieder das Gleichgewicht unter den Götterkindern herzustellen. Doch zum Glück steht Thomas immer an ihrer Seite. Er stammt zwar von normalen Menschen ab und hat somit keine besondere Begabung, doch wird er von Pheme zum Kämpfer ausgebildet, sodass er sich bei einem Angriff zur Wehr setzen kann. Er würde sein Leben riskieren, um Aileen zu beschützen, und nach und nach wird auch ihr bewusst, dass er mehr als bloß Freundschaft für sie empfindet. Er ist ein charmanter Gentleman, der sie umwirbt und ihr Komplimente macht. Er hat ihr all die Zeit eindeutige Signale gegeben, dass er mehr von ihr will, doch es hat sie wahrhaftig eine Ewigkeit gekostet, diese Signale zu erkennen.

Selbst die anderen drei Gefährten haben dieses Gefühlschaos bemerkt. Wobei besonders Pheme ein sehr aufmerksamer und vor allem mein Lieblingscharakter ist. Sie ist eine unabhängige Frau, pardon Sirene, die alles dafür geben würde, den Frieden zu wahren. Sie ist intelligent, hübsch, vielseitig, geschickt, spricht viele Sprachen fließend (wobei Sagengestalten viele tausend Jahre alt werden können und sie somit viel Zeit hatte diese zu lernen) – mit anderen Worten, sie ist perfekt. Das hat Aileen schon bemerkt, als sie sich das erste Mal begegnet sind, auch wenn die beiden sich auf dem falschen Fuß erwischt haben.

An dieser Stelle habe ich jedoch einen Kritikpunkt anzumerken. Es wird eindeutig gesagt, dass Pheme eine Sirene ist, und es wird lang und breit erklärt, wie sich diese auszeichnen und was ihre Begabungen sind. Später machen sie sich auf den Weg zu der Königin der Nymphen, um diese im Kampf für sich zu gewinnen, und ab da wird im Buch öfter gesagt, dass Pheme eine Nymphe sei. Ich habe jetzt noch im Internet recherchiert und festgestellt, dass Sirenen und Nymphen nicht dasselbe sind (sonst wären die Reise und einige wichtige Aspekte auch sehr unlogisch gewesen). Daher war es wirklich sehr verwirrend. Dieser Fehler ist mir einige Male ins Auge gesprungen und hat mich irgendwann genervt, vor allem, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Sätzen erst gesagt wird, dass sie eine Sirene ist und dann, dass sie eine Nymphe sei.

Aber über diesen Aspekt kann ich eigentlich hinwegsehen, denn das Gesamtpaket des Buches hat auf jeden Fall gestimmt. Jeder einzelne Charakter ist etwas ganz Besonderes und macht die Geschichte zu einem wundervollen Lesevergnügen. Die Handlung ist an sich gut durchdacht und bietet eine gekonnte Abwechslung im Bereich der Fantasy. An einigen Stellen hätte ich mir persönlich zwar ein paar Details weniger gewünscht, da sich viele Dinge oftmals wiederholen, doch alles in allem ist "Das Lied der Banshee" eine Geschichte, die den Leser zum Träumen bewegt. Zu schade, dass es sich um ein in sich abgeschlossenes Buch handelt, welches auf keine Fortsetzung hoffen lässt.

Fazit

Zurücklehnen und einfach nur genießen. Wer ein bisschen Abwechslung im Genre Fantasy braucht, liegt mit "Das Lied der Banshee" goldrichtig!

Sanny Binder - myFanbase
25.02.2011

Diskussion zu diesem Buch