Bewertung
Moore, John

Hauen & Stechen

Es ist nicht leicht, ein Märchenprinz zu sein.

Foto:

Inhalt

Prinz Charming ist ausgewiesener Experte im Aufspüren und Retten von entführten Jungfrauen, doch zu seinem Unglück bekommt er von den keuschen Damen zum Dank allenfalls einmal ein Küsschen auf die Wange. Definitiv zu wenig für die Libido des jungen Prinzen! Als er den Auftrag erhält, gemeinsam mit seinem elfjährigen Pagen Wendell in das Reich der Bösen Königin Ruby zu reisen, um für die Sicherheit von deren Stieftochter Anne zu sorgen, rechnet er mit einer gewohnt langweiligen Heldentat. Stattdessen muss Prinz Charming jedoch feststellen, dass Ruby ihre ganz eigenen Pläne für ihn hat. Er soll mit Wendell und Anne einen Fruchtbarkeitsgral finden, dessen Existenz nicht einmal bewiesen ist. Auf der Suche nach dem ominösen Gegenstand stößt das Trio auf ein verwunschenes Schloss, in dem einige böse Überraschungen lauern, die Prinz Charmings Leben gehörig auf den Kopf stellen.

Kritik

Ein staatlich anerkannter Märchenprinz muss eine Reihe von feststehenden Anforderungen erfüllen: er muss von königlichem Geblüt sein, gut aussehen, kämpfen und reiten können (vorzugsweise beides zur gleichen Zeit) und die langweilige, glatte Persönlichkeit einer Flunder haben. Märchenprinzen dürfen edelmütig und tapfer sein, aber eine komplexe Persönlichkeit mit eigenen Wünschen und Begierden sollen sie sich doch bitte gar nicht erst angewöhnen. Und genau da liegt das Problem von Prinz Charming. Der Königssohn erfüllt zwar sonst alle Kriterien eines Märchenprinzen, ist aber auch ein 17-Jähriger Bursche mit einem sehr ausgeprägten Sexualtrieb, dem es gar nicht schmeckt, dass er die holden Damen regelmäßig aus der Gewalt von Monstern aller Art befreien, sich aber nicht mit ihnen amüsieren darf.

John Moore nimmt in seinem parodistischen Märchenroman somit vor allem den Umstand aufs Korn, dass in vielen berühmten Märchen die sexuelle Komponente komplett fehlt. Es wird in der Märchenwelt zwar viel geheiratet, doch von körperlichen Vergnügungen oder dem Bedürfnis nach solchen ist so gut wie nie die Rede. Die traditionellen Prinzen und Prinzessinnen sind zugeknöpft bis zu den Haarspitzen. Bei Prinz Charming dagegen kochen die Hormone langsam über und sein Verlangen nach einem sexuellen Abenteuer bereitet der PR-Abteilung des Palastes einige Kopfschmerzen.

Die drei Märchen, die John Moore hauptsächlich in der Handlung um Prinz Charming verarbeitet hat, sind "Schneewittchen", "Aschenputtel" und "Dornröschen", verquirlt mit Elementen der Artussage. Das Ergebnis ist ein nettes Gemisch mit passablem Humor, das aber - entgegen dem Namen des Hauptprotagonisten – keinen echten Charme und zu wenig Pfeffer besitzt. Die einzelnen Elemente der Handlung werden einfach aneinandergebaut und beruhen auf dem stets wiederkehrenden Prinzip, dass Prinz Charming trotz pubertärer Anwandlungen ein toller Hecht ist, der jede gefährliche Situation zu meistern weiß. Und natürlich verliebt sich die hübsche Prinzessin Anne nach zunächst demonstrativem Widerwillen in ihn. Die anderen Frauen, die der Prinz trifft und die verschiedene Arten von Schönheit repräsentieren, werden leider zu schnell als mögliche Gespielinnen disqualifiziert, dabei hätte man aus solchen Kontrasten wie anmutig und sexy oder unschuldig und erfahren noch mehr machen können.

Letztlich passiert im Laufe der Handlung schlichtweg zu wenig, um die Leser zu fesseln und Spannung oder Überraschungen zu bieten. Auch der Humor hat nicht den nötigen Biss, um mehr als das Prädikat nett zu verdienen.

Fazit

John Moores "Hauen & Stechen" ist eine nette Märchenparodie, die aber kein echtes Feuer entzündet und kaum in Erinnerung bleibt.

Maret Hosemann - myFanbase
20.04.2011

Diskussion zu diesem Buch