Bewertung
Dicks, Matthew

Der gute Dieb

Wenn eine segelnde Zahnbürste das Ende einer beispiellosen Karriere einläutet ...

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Inhalt

Martin ist ein Meisterdieb der ungewöhnlichen Art. Er bricht regelmäßig bei bestimmten Leuten, seinen so genannten "Kunden", ein, und stiehlt alltägliche Dinge, die diese Leute nicht mehr benötigen bzw. nicht vermissen. Ob Lebensmittel, Toilettenartikel oder Bürobedarf, Martin nimmt sich das, was er braucht und was seine Kunden im Überfluss haben. Dank eines ausgeklügelten Systems und einer pedantischen Ordnung ist Martin seit Jahren erfolgreich, bis zu dem Tag, da ein klitzekleines Missgeschick alles verändert. Martins Zeitplan gerät komplett durcheinander und plötzlich erfährt er Dinge über seine Kunden, die ihn aus dem Verborgenen herauslocken. Er wird zu einem Schutzengel für die Menschen, die er bestiehlt, und begibt sich dadurch selbst in Gefahr.

Kritik

Wer Opfer eines Einbruchs geworden ist, sieht dies in der Regel sofort: eine Tür oder ein Fenster ist beschädigt, die Räume sind verwüstet und die wertvollsten Besitztümer fehlen. In diesem Roman lernen wir allerdings, dass man auch über Jahre hinweg systematisch beraubt werden kann, ohne es auch nur zu ahnen. "Systematisch" ist dabei das Schlüsselwort. Der Hauptprotagonist Martin geht so vorsichtig und durchdacht vor, dass er weit davon entfernt ist, jemals erwischt zu werden. Er kennt die Lebensgewohnheiten seiner "Kunden" genau und macht unablässig Fotos und Notizen, um nicht einmal eine Fluse an einem anderen Platz zu hinterlassen, als sie vor seinem Eindringen war. Er befolgt strikte Sicherheitsregeln, hat immer mehrere Alternativpläne parat und beseitigt jedes noch so unwahrscheinliche Beweisstück.

Je mehr Einblicke wir in Martins Vorgehensweise gewinnen, desto offensichtlicher wird, dass er ein sehr zwanghafter Mensch mit einer Reihe von Neurosen ist. Er legt übertriebenen Wert auf Ordnung, Sicherheit und Kontinuität, während es für Spontaneität und Abwechslung in seinem Leben keinen Platz gibt. Auch davon, wie er diese Eigenschaften entwickelt hat, bekommen wir eine Ahnung. Dennoch ist Martin kein tragischer Charakter, da er selbst recht zufrieden mit seinem Leben ist und bei allen neurotischen Verhaltensweisen sehr viel Intelligenz und Ideenreichtum beweist. Er ist sympathisch und strahlt eine liebenswerte Emsigkeit aus. Viele Arbeitgeber wären froh, wenn sie einen so fleißigen, gewissenhaften und herzensguten Angestellten wie Martin hätten, was natürlich ironisch ist angesichts der Tatsache, dass es sich bei ihm um einen Dieb handelt.

Ein kleines Missgeschick, wie es jedem Menschen jederzeit passieren kann, löst schließlich bei Martin die Fesseln und befreit ihn aus seiner Routine. Keine Minute zu früh, wie sich zeigt, denn zwei seiner Kundenpaare können seine Hilfe gut gebrauchen und eines benötigt sogar ganz dringend einen Schutzengel. Martin agiert so spontan, frei und risikofreudig wie nie zuvor in seinem Leben und macht dadurch gute, aber auch gefährliche Erfahrungen.

Ein wenig mangelt es Matthew Dicks Roman an der richtigen Gewichtung, denn das dritte Problem, das Martin als einbrecherischer Schutzengel zu lösen hat, ist deutlich brisanter als die beiden anderen. Man hat das Gefühl, einen sehr späten und recht kurzen Showdown zu erleben, der auch gut und gerne das Hauptthema des Romans hätte werden können, wenn Dicks die Entscheidung getroffen hätte, einen Thriller statt einer Dramödie zu schreiben.

Fazit

"Der gute Dieb" ist ein kurzweiliger Roman über einen ebenso ungewöhnlichen wie sympathischen Dieb, der sein Leben verändert.

Maret Hosemann - myFanbase
09.05.2011

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