Bewertung
Tropper, Jonathan

Sieben verdammt lange Tage

"Bestimmt wird es eng und ungemütlich, und wir werden uns ziemlich auf die Nerven gehen, aber für die nächsten sieben Tage seid ihr wieder meine Kinder. Und ihr habt alle Hausarrest!"

Foto: "Sieben verdammt lange Tage" von Jonathan Tropper
"Sieben verdammt lange Tage" von Jonathan Tropper

Inhalt

Nachdem Judd Foxman gerade erst herausgefunden hat, dass seine Frau ihn mit seinem Chef betrügt, stirbt auch noch sein Vater. Judd muss sich also seiner Familie stellen. Da es der letzte Wunsch seines Vaters war, dass seine Kinder und seine Frau für ihn die jüdische Tradition des Schiv'a abhalten, sind Judd und seine Geschwister Paul, Wendy und Phillip gezwungen, gemeinsam mit ihrer Mutter sieben Tage lang auf unbequemen Stühlen in einem Raum zu sitzen und Trauergäste zu empfangen. Ohne die Chance, voreinander zu fliehen, brechen unter den Familienmitgliedern alte Konflikte auf, Geheimnisse kommen ans Licht - und getrauert wird nebenbei auch noch.

Kritik

Man könnte die jüdische Schiv'a-Tradition durchaus als einen ganz frühen Vorläufer von Talkshows und anderen Doku-Dramen, wie sie heute aus dem TV leider kaum noch wegzudenken sind, betrachten: sieben Tage lang sitzen die nahen Angehörigen eines Verstorbenen auf engstem Raum zusammen, ohne die Möglichkeit, sich aus dem Weg zu gehen, während immer wieder Trauergäste auftauchen, um Essen zu bringen, ihr Beileid zu bekunden, Fragen zu stellen und leise vorzufühlen, wie denn wohl die Zukunftspläne der oder des Frischverwitweten aussehen. Die Familie Foxman jedenfalls lässt an diesen sieben verdammt langen Tagen kaum ein Drama aus und versorgt die Gemeinde mit ausreichend Gesprächsstoff für die nächsten sieben Jahre.

Die Themen, die Judd und seine Familie beschäftigen, sind für die Leser wahrlich kein neues Terrain. Es geht um Liebe, Trennungen, Ehebruch, Kinderwunsch, geplatzte Träume und Familiengeheimnisse. Jonathan Troppers Erzählstil verhindert jedoch jeden Anflug von Langeweile. Mit viel Witz und Tiefsinn beschreibt der Autor sieben Tage im Leben einer ganz normal verrückten Familie, bei der es sich um einen Querschnitt unserer modernen Gesellschaft handelt: der Workaholic, dem das Handy praktisch am Ohr festgewachsen ist, die verzweifelten Hausfrauen, die mit sich und ihren Ehemännern hadern, die Single-Karrierefrau mit Torschlusspanik, der Rebell, der sich weigert, erwachsen zu werden, die hoffnungsvollen Talente, die ihr Potential nicht ausschöpfen konnten, und so weiter. Alle Charaktere in diesem Roman sind so lebendig, dass sie den Leser in einem Moment zum Lachen und im nächsten Augenblick zum Schluchzen bringen. Jonathan Tropper gelingt es immer wieder, die Absurdität und Ironie von Situationen herauszustellen, die zugleich sehr realistisch sind.

Viele Leser werden zumindest in Ansätzen ihre eigene Familie in den Foxmans wieder erkennen. In der Kindheit erscheint es zumeist völlig abwegig, dass man sich als Geschwister irgendwann nicht mehr nahe stehen könnte, dass man sich nicht mehr regelmäßig sieht und dass man völlig verschiedene Leben führt, doch oftmals kommt es genau so, auch wenn keiner wirklich weiß, wieso. Die Foxmans verdeutlichen dies sehr nachvollziehbar. Familienmitglieder entwickeln sich einfach auseinander und machen unterschiedliche Erfahrungen. Mitunter ergeben sich Konflikte, die nie ganz bereinigt werden und somit leise in der Familie weitergären. Ähnliches gilt für eine Ehe. Die Phase des Verliebtseins hält nicht ewig, sondern geht in eine Partnerschaft über, die dem Alltag standhalten muss.

Fazit

"Sieben verdammt lange Tage" ist ein Roman, für den man keine sieben Tage braucht, da er sich verdammt unterhaltsam liest.

Maret Hosemann - myFanbase
14.05.2011

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