Bewertung
Carlotto, Massimo & Abate, Francesco

Ich vertraue dir

Leben und Sterben auf Sardinien.

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Inhalt

Gigi Vianello betreibt ein hochklassiges Restaurant auf Sardinien und ist mit der attraktiven Tochter des Vorbesitzers liiert. Doch all dies dient ihm nur als Tarnung. Hinter der Fassade des ehrbaren Geschäftsmannes verdient Gigi Millionen durch den Handel mit abgelaufenen und verunreinigten Lebensmitteln. Skrupel kennt er keine. Als er sich jedoch auf eine Affäre mit der Verlobten eines einflussreichen Juweliers einlässt, reißt Gigis Glückssträhne abrupt. Er hat die Machtverhältnisse auf Sardinien falsch eingeschätzt und steckt nun bis zum Hals in Schwierigkeiten.

Kritik

Die meisten Romane dieser Welt sind aus der Sicht eines Sympathieträgers geschrieben, den der Leser mag und mit dem er sich identifizieren kann, doch wo es eine Mehrheit gibt, gibt es stets auch eine Minderheit, die einen bewussten Kontrast bildet, und so erscheinen immer wieder Romane, die einen verabscheuungswürdigen Protagonisten an die Spitze der Handlung stellen. Der Krimi "Ich vertraue dir" des italienischen Autorenduos Massimo Carlotto und Francesco Abate ist ein solcher Roman, der den Leser in das Leben und die Gedankenwelt eines schlechten Menschen einführt.

Der Ich-Erzähler Gigi Vianello ist ein gewissenloser Geschäftsmann, der ausschließlich auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist und für den andere Menschen nur Mittel zum Zweck sind. Er belügt, betrügt, manipuliert und bestiehlt die Leute ohne Unterlass, auch die, die ihn für einen Freund oder Geliebten halten. Während Gigi mit seinen Gammel-Lebensmitteln halb Sardinien vergiftet, achtet er nahezu manisch darauf, dass um ihn herum alles reinlich und hochwertig ist. Als sich immer mehr Schwierigkeiten auftun, greift er schließlich ohne Skrupel zum Mittel der Gewalt, um das einzige zu schützen, was ihm etwas bedeutet: sich selbst. Als Leser empfindet man für Gigi natürlich stetig wachsende Verachtung, gepaart mit Entsetzen darüber, wie rund das Geschäft mit verunreinigten Lebensmitteln läuft. Dieser Roman wirft einen sehr zynischen Blick auf das Nahrungsgeschäft und spart nicht mit bissiger Kritik an der italienischen Gesellschaft.

Die negativen Gefühle des Lesers gegenüber dem Hauptprotagonisten sind zugleich verbunden mit der Neugier, wie es für ihn weiter – bzw. ausgeht. Gigi ist ein durchaus gerissener, aber kein genialer Verbrecher. Er unterschätzt seine Gegner und reitet sich durch seinen Hochmut höchstpersönlich in den Schlamassel.

"Ich vertraue dir" ist ein konsequenter Verbrecher-Roman, der nichts beschönigt und dementsprechend auch nicht mit Themen wie Läuterung, Gerechtigkeit und Vergebung aufwartet. Gigi wird kein besserer Mensch dadurch, dass er in Schwierigkeiten gerät und seine Fassade bröckelt. Was er getan hat, fällt auf ihn zurück, jedoch nicht in Form offizieller Rechtsprechung. Das Gute gewinnt nicht, das Böse verändert nur seine hierarchische Struktur.

Fazit

Das Autorenduo Massimo Carlotto und Francesco Abate präsentiert mit "Ich vertraue dir" einen zynischen, ungeschönten Krimi rund um einen hassenswerten Hauptprotagonisten.

Maret Hosemann - myFanbase
09.06.2011

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