Bewertung
Kagawa, Julia

Plötzlich Fee - Sommernacht

"Ash trat näher. Sanft strich er mir ein paar Strähnen aus dem Gesicht, und die Berührung fuhr wie ein elektrischer Schlag durch meinen ganzen Körper. Sein kühler Atem streifte mein Ohr, als er sich zu mir beugte. 'Ich werde dich töten', flüsterte er..."

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Inhalt

Sechzehn Jahre alt zu werden ist kein Zuckerschlecken. Das zumindest muss Meghan an ihrem Geburtstag herausfinden, als plötzlich mysteriöse Dinge geschehen und ihr kleiner Bruder Ethan von der Bildfläche verschwindet. Hätte sie ihm doch bloß geglaubt! Böse Wesen lauerten Ethan angeblich auf und an seiner Stelle nimmt nun ein fieser Doppelgänger seinen Platz ein. Meghan ist verzweifelt. Dann gibt es da noch diesen geheimnisvollen Jungen, der sie aus der Ferne beobachtet und in ihrem besten Freund merkwürdige Verhaltensweisen hervorruft. Ehe Meghan sich versieht, befindet sie sich in einer fremden Welt, die ihre ganz eigenen Gesetze befolgt, und vor der ihr wahrer Vater sie Jahre lang zu schützen versuchte. Denn Meghan ist die Tochter eines mächtigen Feenkönigs, dessen Feinde der Feentochter bereits dicht auf den Fersen sind, um sie für ihre eigenen Zwecke einzuspannen. Während Meghan sich auf die aussichtslose Suche nach ihrem Bruder begibt, trifft sie auf den dunklen wie wunderschönen Winterprinzen Ash. Plötzlich ist Meghan nicht nur eine Fee, sondern auch noch schwer verliebt - in den Feind.

Kritik

Jugendromane über Feenwesen stehen derweil genauso hoch im Kurs wie allerhand düstere Geschichten über Vampire, Werwölfe oder Geister. Da etwas Innovatives zu bieten ist eine Kunst für sich. Denn ist es mittlerweile nicht immer dasselbe? Plötzlich eröffnet sich einem ahnungslosen Teenager eine ganz neue Welt voller Mysterien. Das wiederum bringt eine Menge Ärger mit sich ... und selbsverständlich darf dabei eine düstere wie magisch angehauchte Liebesgeschichte nicht fehlen, die weibliche Herzen höher schlagen lässt und gerne in einem dramatischen Höhepunkt endet. Hach ja. Wer braucht das nicht hin und wieder?

Umso schöner ist es doch, wenn man Romane diesen Genres findet, die einen noch positiv überraschen können und aus dem altbewährten Prinzip etwas Neuartiges herauszuholen vermögen.

"Plötzlich Fee - Sommernacht" ist der erste Jugendroman der gebürtigen Kalifornierin Julie Kagawa und gleichzeitig der Auftakt einer phantastischen Trilogie. Ein Ausflug hinter die kitschige Verpackung (auf das Cover bezogen) lohnt sich! Gut, das Grundgerüst ist auf den ersten Blick bekannt und über das gemeine wie schöne Feen- bzw. Elfenvolk ist man inzwischen auch bestens im Bilde (nehme niemals, aber auch niemals, ein angebotenes Nahrungsmittel zu dir und gebe unter keinen Umständen deinen wahren Namen preis, sonst kannst du schnell deine Seele verlieren etc.). Dennoch schafft es Kagawa, ihrer Feengeschichte mittels kreativer Ideen, humorvoller Dialoge und temporeicher Handlungsstränge eine gewisse Würze zu verleihen. Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen. Langweilig wird es nämlich selten, was größtenteils der Vielfalt an heterogenen wie interessanten Charakteren und einem gut ausgefeilten Spannungsbogen zu verdanken ist. Erholungsphasen gibt es demgemäß nur selten. Wer also schon bei rasanten Autofahrten seine Probleme bekommt, der sollte sich hier besser anschnallen.

Dabei präsentiert sich der Handlungseinstieg zunächst in dem üblichen High-School-Gewand. Ergo muss die 16-jährige Hauptprotagonistin Meghan (Ich-Perspektive) erst einmal durch die Alltagshölle einer Jugendlichen gehen - zickige Mitschülerinnen, ihre übertriebene Schwärmerei für den allercoolsten Jungen der Schule und jugendliche Selbstzweifel sind an der Tagesordnung. Meghan ist ein Mädchen, das einfach nur dazugehören und akzeptiert werden möchte und anfangs auch ein bisschen naiv daherkommt. Das ändert sich jedoch, als sie von mysteriösen Ereignissen heimgesucht wird und ihr kleiner Bruder Ethan auf einmal unter seinem Bett verschwindet. Plötzlich findet Meghan nicht nur heraus, dass sie kein gewöhnliches Mädchen ist (der Buchtitel spricht da ja bereits für sich), nein, gleichzeitig vollzieht ihr Charakter eine wichtige und tiefgreifende Wandlung in Richtung des Erwachsenwerdens. Besonders interessant und amüsant wird es aber, wenn sich herausstellt, wer und was ein bestimmter Junge aus Meghans Umfeld wirklich ist.

Von nun an wird der Leser in eine magische Welt gezogen, die es in sich hat. Allerhand fiese Kreaturen und eine eigentümliche Welt sorgen für jede Menge nervenaufreibende Momente. Dabei ist es kaum zu übersehen, dass Kagawa sich bei Williams Shakespeares "Ein Sommernachtstraum" sowie Lewis Carrolls "Alice im Wunderland" bedient (und das ganz offensichtlich). Trotz dessen ist es ein sehr unterhaltendes Erlebnis, wenn man auf eine sprechende Katze, kratzbürstige Königinnen und wasserdichte Feenverträge trifft.

Wie schon erwähnt, dürfen romantische Gefühle natürlich nicht zu kurz kommen. Dafür ist der dunkle Winterprinz Ash genau der passende Kandidat. Sein Wesen wirkt zunächst düster und kalt, verbirgt andererseits eine eigene, traurige Geschichte. Trotzdem ist Meghan sofort verzaubert (was sie sich nicht gleich eingesteht), als sie ihm zum ersten Mal begegnet. Schließlich sieht er verdammt gut aus und gefährliche Typen sind ja bekanntlich am interessantesten. In diesem Fall ganz gewiss. Ashs Charakter könnte man wohl am ehesten in die Stereotypen-Schublade stopfen, minder faszinierend macht es seine Persönlichkeit aber nicht. Man spürt sofort ein gewisses Kribbeln zwischen Meghan und Ash und weiß, dass die beiden füreinander bestimmt sind. Leider geht ihre Liebe dabei nicht tief genug bzw. es wird nicht deutlich genug, was Meghan an seiner Persönlichkeit jetzt so anziehend findet. Seine düstere Aura ausgenommen. Manche Situationen wirken leicht aufgesetzt und es dürfte gerne ein bisschen romantischer werden. Dazu wird es in den nächsten Bänden sicherlich genügend Gelegenheiten geben. Hoffentlich!

Das Highlight des Buches sind allerdings die hitzigen Auseinandersetzungen zwischen Ash und Puck (eine Figur aus "Ein Sommernachtstraum"). Hier wird nicht mit spritzigen Wort- und Faustgefechten gegeizt. Das ist Entertainment pur! Genauso wie das Ende, das an einer spannenden Stelle abbricht und genügend Zündstoff für den Folgeband "Plötzlich Fee - Winternacht" (erscheint voraussichtlich im Oktober 2011) bereithält.

Fazit

Zauberhaft! "Sommernacht" ist ein phantastischer Serien-Auftakt, der definitiv Hunger auf mehr macht. Auf den ersten Blick eröffnet sich dem Leser eine typische Romantasy, wie man sie schon zu Hunderten gelesen zu haben glaubt. Gräbt man jedoch etwas tiefer, schimmert ein fabelhaftes Fantasyabenteuer durch, das sich zwar an bekannten Werken von William Shakespeare und Lewis Carroll orientiert, dennoch aber eigene Wege beschreitet – magisch, romantisch und (trotz winziger Kritikpunkte) sehr unterhaltsam.

Doreen B. - myFanbase
22.06.2011

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