Bewertung
Sigmund, Anna

Leichenroulette

Auge um Auge, Zahn um Zahn.

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Inhalt

Im Leben von Hermine läuft nicht immer alles nach Wunsch. Ihr Job in einer Wiener Bankfiliale ist öde, ihr Ehemann eine Enttäuschung. Ihre Träume von Reichtum und Familienglück scheinen unerfüllbar. Doch Hermine hat schon in ihrer Jugend einen Weg gefunden, sich Genugtuung zu verschaffen: durch heimtückische Anschläge auf Leib und Leben derer, die sie unglücklich machen. Dies zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Leben und weckt bald erstes Misstrauen in ihrer Umgebung.

Kritik

Dass Anna Sigmunds Roman "Leichenroulette" meine persönlichen Erwartungen nicht erfüllen konnte, liegt wohl vor allem an dem Stil, in dem das Buch geschrieben ist. Die gesamte Handlung liest sich wie ein einziger großer Rückblick. Die Ich-Erzählerin Hermine fasst ihr Leben von der Kindheit bis in ihre 50er zusammen. Sie wächst in einer österreichischen Kleinstadt auf, zieht später nach Wien, nimmt eine Stelle in einer Bank an, heiratet einen erfolglosen Historiker und richtet, da ihr Kinder verwehrt bleiben, ihre ganze Zuneigung auf eine Katze. Alle paar Jahren begeht sie unauffällige Gewaltverbrechen, teilweise zum eigenen Vorteil, aber vor allem aus Rache und Abneigung. Wir erfahren Hermines Lebensgeschichte mit allen wichtigen Fakten, ohne wirklich im Geschehen drin zu sein, ohne die Momente richtig mitzuerleben. Spannung und Witz bleiben so weitestgehend auf der Strecke.

Hermine ist zudem kein Charakter, der echte Sympathien weckt. Sie ist eine Frau aus der Mittelschicht, die nie arm war, aber auch nie alles bekommen konnte, was sie wollte. Sie empfindet bei ihren Morden überhaupt keine moralischen Skrupel, denn wenn Leute ihr nicht gefallen, sieht sie sich im Recht, diese vom Angesicht der Erde zu tilgen. Im Prinzip ist sie einfach sehr Ich-bezogen und nur mit ihren eigenen Wünschen und Bedürfnissen, ihren Selbstbetrachtungen und ihrem Selbstmitleid beschäftigt. Man kann sie weder ins Herz schließen, noch ist sie ein komplexer, interessanter Charakter. Alles was sie tut, alle ihre Entscheidungen, ihre Fehler und ihre Tricks, sind letztlich zu durchschaubar und vermögen den Leser daher nicht zu fesseln.

Darüber hinaus setzt der Roman auf viel Wiener Lokalkolorit und beschreibt einige Bauwerke und Treffpunkte der Stadt sowie die Mentalität der Menschen. So etwas kann mitunter auch sehr faszinierend sein, in diesem Fall hat es mich aber nicht unbedingt begeistert, da es nicht in eine spannende, temporeiche Handlung eingebettet ist.

Fazit

Fehlt mir vielleicht der Sinn für österreichische Literatur? Mich konnte der Roman "Leichenroulette" ob seines gesamten Stils jedenfalls nicht überzeugen.

Maret Hosemann - myFanbase
11.08.2011

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