Bewertung
Michaelis, Antonia

Der Märchenerzähler

Ein packender Roman mit schockierenden Wahrheiten und viel Herz.

Foto: Copyright: Verlag Friedrich Oetinger GmbH
© Verlag Friedrich Oetinger GmbH

Inhalt

Anna lebte schon immer in ihrer eigenen Welt, in der bisher nur Schularbeit und ihre Leidenschaft zur Musik Platz fanden. Doch dann beginnt sie sich für Abel, einem vermeintlichen Drogendealer, zu interessieren. Dieser hingegen möchte in Ruhe gelassen werden. Durch eine Puppe, die Abels Schwester gehört, kommen die beiden schließlich ins Gespräch und Annas Neugier geht so weit, dass sie ihn verfolgt. Dadurch hört sie den Beginn eines Märchens, welches Abel seiner Schwester erzählt. Doch mit der Zeit erkennt Anna, dass in Abels Märchen mehr Wahrheit steckt, als sie anfangs angenommen hatte, und begreift zu spät, welche Gefahr von ihm ausgeht.

Kritik

Antonia Michaelis hat einen eigenartigen, aber angenehmen Schreibstil. Sie verwendet vor allem Sinneseindrücke, um Gefühle, Ereignisse und vor allem die Wirkung der Umgebungen auf die Charaktere darzustellen. Das Märchen stellt den Leser vor die Frage, wie viel Wahrheit darin wirklich steckt. Auf eine geschickte Weise schafft es Michaelis, dass der Leser ins Zweifeln kommt und das Offensichtliche in Frage stellt. Die Autorin geht außerdem auf gesellschaftliche Probleme ein, die Abel mehr zum Opfer, denn zum Täter machen.

Die Charaktere sind stimmig, wenn auch etwas außergewöhnlich. So kommt einem Annas Verhalten und Denkweisen vorerst seltsam und unnatürlich vor.

Abels Figur ist sehr raffiniert und undurchsichtig. Trotz seiner indirekten Geständnissen der Morde durch das Märchen, zweifelt man an seiner Schuld. Abels Schwester Micha stellt die Verbindung zwischen Anna und ihm her und wird immer wieder als Grund der Treffen genutzt. Obwohl sich die Geschichte um Abel und Anna dreht, ist Micha der Motor des ganzen.

Antonia Michaelis stiftet mit den ersten drei Seiten Verwirrung, indem sie eine Szene eines Todesfalls beschreibt und diese nur mit "Sie" und "Er" ausstattet. So ist der Leser schon von Anfang an gefesselt.

Die Orte des Geschehens sind geschickt gewählt und gut vorstellbar. Jeder Ort hat eine Bedeutung und stellt eine "Welt" für die beiden Hauptcharaktere dar. Dadurch, dass das Märchen nicht fortlaufend erzählt wird, ist der Leser auf die Fortsetzung gespannt, da vor allem dadurch Licht ins Dunkel der wahren Geschichte um Abel entsteht.

Fazit

Dieses Buch kann sowohl schockieren als auch bezaubern. Die Autorin beleuchtet die Schuld Abels in einem Licht, das ihn selbst am Ende noch zum Teil als Opfer wirken lässt. Dieser Roman ist nicht nur für Jugendliche, sondern auch für Erwachsene geeignet und absolut zu empfehlen.

Anja G. - myFanbase
13.08.2011

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