Winterkill
"Komm zu mir, Sarah! Du weißt, wer ich bin. Du weißt, dass du sterben musst, wenn du deinen Namen hörst. Du kennst den Wendigo."
Inhalt
Für Sarah beginnt ein Wettlauf um Leben und Tod. Eigentlich wollte sie einen schönen Feierabend mit ihrer Mitbewohnerin verbringen, als sich plötzlich eine flüsternde Stimme in ihr Ohr drängt, mit dem Befehl, sich selbst zu töten. Nur schwer kann Sarah sich dem geisterhaften Wesen namens Wendigo entziehen, das anscheinend nicht nur Jagd auf sie macht – bereits eine weitere Frau indianischer Abstammung kam unter mysteriösen Umständen ums Leben. Doch damit nicht genug. Auf einmal tauchen zwei eiskalte Killer auf, die ebenfalls nach Sarahs Leben trachten und in der Flüchtigen alte Erinnerungen hochkommen lassen. Nur Ethan, dem sie zufälligerweise während ihrer Flucht durch die vereisten Straßen Chicagos begegnet, verdankt sie ein ums andere Mal ihr Leben. Doch auch er scheint vor dem Wendigo nicht sicher zu sein.
Kritik
Es wird verflucht kalt und tödlich in diesem Mystery-Thriller der etwas turbulenten Art - nicht nur geeignet für jugendliche Bücherwürmer. Von der ersten bis zur letzten Seite schlittert der Leser in ein mörderisches Schneetreiben, das jede Menge Schweiß, Blut und Nervenkitzel mit sich bringt und demgemäß sehr gut in einem Rutsch zu lesen ist. Folglich darf man sich auf eine aufregende wie kurzweilige Schlitterpartie freuen, die sympathische Charaktere und winzige Risse in der Eisdecke zu Tage fördert. Da möchte man selbst im Sommer die Heizung aufdrehen.
Allein der Prolog erzeugt eine atmosphärische Grundspannung und macht neugierig auf den Rest. Wenn eine junge Frau durch das verschneite Chicago rennt und von einer gruseligen Stimme getrieben auf ein Hochhaus zusteuert, dann ist das schon verdammt fesselnd. Obwohl man die Frau zunächst nicht kennt, gelingt es Ericson sofort, eine Verbindung zwischen ihr und dem Leser herzustellen. So lässt es sich prima mitfiebern. Wird sie es schaffen, dem Wendigo (einem geisterhaften Wesen, das einer Legende nach seine Opfer erbarmungslos in den Tod treibt) zu entkommen?
Im Zentrum der Ereignisse steht u. a. die junge Sarah Anderson. Sie ist eine mutige und scharfsinnige Indianerin, die sich in der windigen Stadt ein neues Leben aufbauen will und eine bittere Vergangenheit mit sich herum schleppt, wie sich allmählich zeigt. Ein erholsam geplanter Feierabend wird für sie plötzlich zu einer Hetzjagd quer durch die vereisten Straßen Chicagos, die Ericson lebhaft zu umschreiben weiß. Dabei muss Sarah nicht nur ordentlich die Beine in die Hand nehmen, sondern auch ihr Köpfchen benutzen. Schließlich ist das dämonische Wesen nicht ihr einziges Problem. Gleichzeitig haben es nämlich zwei eiskalte Killer auf sie abgesehen, die nur darauf warten, Sarah eine Kugel in den Kopf jagen zu können. Winter-Kill(er) vom feinsten!
Die Handlung schreitet geschwind voran, was mitunter an den zahlreichen Perspektivenwechseln innerhalb eines Kapitels (in der 3. Person) liegt. Diese sorgen für genügend Abwechslung und fügen wichtige Details schrittweise, wie kleine Puzzleteilchen, ineinander. Ericson springt in die Gedanken einzelner Charaktere. Dadurch lernt man beteiligte Personen nach und nach besser kennen. Einigen wird eine größere Rolle zuteil, anderen wiederum ist nur ein kurzes und zugleich todbringendes Gastspiel vergönnt. Es ist schon erstaunlich, wie Ericson seinen Nebenfiguren in nur einem Kapitel Leben einhaucht, diese in eine ausweglose Situation manövriert ... und man dabei stets die Luft anhält, in der Hoffnung, dass der Sensenmann noch etwas auf sich warten lässt. Die Nebencharaktere gehen zwar nicht unbedingt in die Tiefe und sind in einigen Belangen vielleicht ein wenig stereotypisch (z. B. die überarbeitete Polizistin, die nie Zeit für ihren Lebensgefährten hat), dennoch ist es schwer sich ihnen zu entziehen. Genauso wie der Kultur der Anishinabe-Indianer, die interessant in die Handlung hineingewoben wird und ein gutes Hintergrundwissen hinsichtlich des Aberglaubens und der Ideologie bietet.
Jedoch überlässt Ericson vieles auch dem Zufallsprinzip bzw. er übertreibt es gern ein wenig. Ist es nicht erstaunlich, dass es an ein und demselben Tag genau zwei Gegner auf Sarah abgesehen haben, jeweils mit einem anderen Motiv? Außerdem wird Sarah von ihren Verfolgern des Öfteren rein zufällig entdeckt, weil sie zu spät reagiert ... und wieder darf sie ordentlich Fersengeld geben. Entsprechend ist die Handlung mitunter nicht nur turbulent, sondern auch vorhersehbar, bezüglich einiger Wendungen. Die sind allerdings Schnee von gestern, wenn man mit fortschreitender Handlung immer tiefer in den Bann des gefährlichen Wendigos sowie der skupellosen Killer gezogen und ein rasches Ende mit Schrecken eingeleitet wird. Das Glück scheint Sarah dabei stets hold zu sein, denn auch die bedingungslose Liebe auf den ersten Blick lässt nicht lange auf sich warten. Diese mag die phantastisch-mörderische Story vielleicht ein wenig versüßen, wäre für mich persönlich aber nicht wirklich von Nöten gewesen, da sie sich typischer Klischees (nach dem Motto: "ich habe mich binnen weniger Wimpernschläge bei noch keinem Mann so gefühlt") bedient und mich nicht wirklich überzeugen konnte. Aber das ist sicherlich Geschmackssache!
Fazit
Der Buchtitel ist hier Programm. Ericson sorgt in der winterlichen Kullisse Chicagos für den nötigen Thrill und nimmt den Leser mit auf eine tödliche Schlitterpartie - inklusive einnehmender Charaktere und leicht vorhersehbarer Wendungen. Dabei findet man zufällige Begebenheiten genauso oft, wie gefrorene Gehwege. Einen Fuß aufs Eis zu setzten lohnt dennoch!
Doreen B. - myFanbase
03.09.2011
Diskussion zu diesem Buch
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (DE): 01.07.2010Verlag: Ueberreuter
ISBN: 3800053101
Anzahl Seiten: 302
Genre: Fantasy
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