Bewertung
Szillat, Antje

Solange du schläfst

"'Vertraust du mir, Anna?', hatte Jérôme mich gefragt und ich hatte Ja gesagt. Und jetzt saß ich hier und zweifelte an ihm."

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Inhalt

Anna fühlt sich unwohl in der neuen Heimat Malhausen. Zunächst kann sie so gar nichts anfangen mit ihrer neuen Umgebung und deren Bewohnern ... bis sie in der Schule auf Jérôme trifft, der plötzlich ihr Herz schneller schlagen lässt und ihr Interesse weckt. Rasch muss Anna merken, dass nicht nur sie eine Außenseiterin ist. Auch Jérôme scheint keinen guten Stand zu haben, insbesondere bei seinen Mitschülern. Obwohl sich ihnen einige Hürden in den Weg stellen, finden die beiden zueinander und wollen nicht mehr ohne einander sein. Doch eines Tages findet man Jérômes beinahe leblosen Körper auf einem Feld und in Malhausen keimen Gerüchte auf. War Jérôme, der seitdem im Koma liegt, in illegale Machenschaften verstrickt? Nur Anna scheint ihm zu glauben. Seit ihr Freund im Krankenhaus liegt, verbindet sie ein tiefes Band zu ihm, das sich nur schwer erklären lässt. Was ist in jener Nacht wirklich passiert? Selbstbewusst geht Anna den Dingen auf den Grund.

Kritik

Also gar keine Frage, von der Optik her ist dieses Büchlein ein echtes Schmuckstück – sehr kreativ und mal was anderes. Ich war wirklich erstaunt, als ich den Buchdeckel aufklappte und das Herz sich in einer verzierten Schnittoptik offenbarte. Perfekt! Gerne würde ich über die beschrifteten Buchseiten das Gleiche sagen, kann es aber leider nicht. Was wiederum nicht heißen soll, dass ich "Solange du schläfst" nicht mochte. Ganz im Gegenteil! Für mich war dieser Jugendroman nur eben nicht makellos. Zudem würde ich ihn tatsächlich eher einer jüngeren Leserschaft ans Herz legen.

Positiv aufgefallen ist mir bei dieser Kleinstadt-Krimi-Lovestory der Schreibstil von Antje Szillat. Sie schreibt sehr gefühlvoll und flüssig. Man entdeckt so manche Zitate, die sich wunderbar aufschreiben lassen und eine schöne Botschaft vermitteln. Unterbrochen von einem einfachen Stil, der typsich jugendlich gehalten ist und sich gut wegschmökern lässt. Geschwind findet man in die Handlung um Jérôme und Anna hinein und kann nachvollziehen, wie beide sich in ihren jeweiligen Situationen fühlen. Die Kapitel werden nämlich unterschiedlich aus der Perspektive beider Hauptprotagonisten erzählt. Anna schildert uns ihre Ereignisse in der Ich-Perspektive, Jérôme hingegen wird in der 3. Person (personeller Erzähler) fokussiert. Entsprechend kann man prima unterscheiden, mit wem man es gerade zu tun hat und bekommt gleichzeitig gute Einblicke in dessen Umfeld. Während Anna sich wiederwillig in einer Kleinstadt zurechtfinden muss, zu dessen Bewohnern sie größtenteils keinen Draht hat, muss Jérôme sich von minderbemittelten Jugendlichen mobben lassen, die man in dieser Form leider auch im wahren Leben findet. Somit kann man sich in der Liebesgeschichte (einigermaßen) verlieren und sich zugleich über manche Nebenfiguren aufregen, vor allem, wenn sich die eigentlichen Motive offenbaren.

Die Seiten schmökern sich wie von selbst weg, denn es bleibt überwiegend spannend. Wie gesagt, es wird nicht nur romantisch, auch leichte Krimi- und Phantastikelemente sind vorhanden. Schnell lässt sich vermuten, dass in Malhausen nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Einige Geheimnisse lassen sich erahnen, werden aber erst ziemlich spät aufgeklärt. Insbesondere die Kapitel, die aus Jérômes Sicht geschildert werden, sorgen für geheimnisvolle Momente. Im Gegensatz zu Annas Charakter erfährt man nur stückchenweise, was ihn bewegt und was in seiner Familie bzw. bei seinen Verwandten vor sich geht. Richtig interessant wird es aber, wenn der Titel des Buches zutrifft und Jérôme in einen tiefen Schlaf fällt. Ein kleiner phantastischer Einschlag schleicht sich in die Handlung und begeisterte mich persönlich besonders zum Schluss hin. Die tiefe Verbindung zwischen Anna und Jérôme wurde hier spürbar eingefangen, trotz eines leicht offenen Endes, das für sich spricht und einfach passt.

Soweit, so gut. Dennoch gibt es einige Sachen, die mich ein wenig gestört haben. Zum einen ist da die Tatsache, dass Anna ihre Eltern ständig beim Vornamen nennt, ohne, dass es näher erläutert wird. Ich möchte auf diesem Umstand nicht lange herumreiten. Bei der heutigen Jugend scheint es wohl in Mode zu sein. Für mich war es jedoch sehr befremdlich und ein wenig respektlos. Das ist aber ein Thema, über das man wohl ewig diskutieren kann.

Desweiteren konnte mich die süße Liebesgeschichte nicht gänzlich gefangen nehmen. Was hauptsächlich an einigen Zeitsprüngen und in der Kennenlernphase liegt. Als Anna und Jérôme sich zum ersten Mal begegneten, musste ich an eine typische High-School-Romance denken. Beide sind augenblicklich voneinander hingerissen und scheinbar füreinander bestimmt. Rasch klopfen ihre Herzen füreinander und die gemeinsamen Monate vergehen wie im Fluge. Während die Liebenden einander also besser kennengelernt haben, ging es mir leider nicht so. Gerne hätte ich mir zu Anfang etwas mehr tiefere Einblicke in ihre Beziehung gewünscht, gerade weil sie schnell voneinander getrennt werden. Zumindest körperlich. Es wird schon emotional und es gibt durchaus zauberhafte wie kribbelige Momente. Dennoch hätte das Buch ein paar Seiten mehr sehr gut vertragen. Dann hätte vielleicht auch mein Herz begonnen, schneller zu schlagen.

Komplett betrachtet, waren mir Anna und Jérôme sympathisch. Anna ist eher die taffe Großstadtpflanze, die sich den Mund nicht verbieten lässt und für ihre Liebe zu Jérome kämpft, egal, was alle anderen sagen oder sich für abstruse Geschichten ausdenken. Jérôme dagegen scheint auf seine Art stark zu sein. Er besitzt einen guten Charakter, zieht aber auch oft den Kürzeren. Hauptsächlich weil er lieber seinen Kopf, als seine Fäuste benutzt. Was ich in diesem Fall nachvollziehbar fand. Einige Nebencharaktere konnten mich aber nicht recht überzeugen. Sie werden ihren auferlegten Rollen gerecht, mehr aber auch nicht. Dabei spreche ich insbesondere von den fiesen Widerlingen, die Jérome täglich das Leben zur Hölle machen oder sich erst später offenbaren/ihn ins Krankenhaus befördern. Sie sind eben schlecht und ihre Absichten von niedriger Natur. Ich konnte ihre Motivationen schon verstehen, hätte mir hier jedoch etwas ausgefeiltere Charaktere, mit etwas mehr Hintergrund, gewünscht.

Fazit

Bei "Solange du schläfst" handelt es sich um eine süße, jugendliche Lovestory, die leichte Krimi- sowie Mysteryelemente beherbergt und vorrangig eine jüngere Leserschaft ansprechen dürfte. Erwärmt das Herz und hält die Spannung gekonnt aufrecht, ging mir aber nie wirklich unter die Haut, aufgrund einiger Zeitsprünge und etwas blässlicher Nebencharaktere - optisch gesehen für mich ein Meisterwerk, inhaltlich hätte die Muse noch etwas tiefer/fester küssen dürfen.

Doreen B. - myFanbase
06.09.2011

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