Bewertung
Kate, Lauren

Engelsmorgen

"Vielleicht konnte sie sich nicht an ihre früheren Leben erinnern, aber wenn Daniel sie küsste, spürte sie die Vergangenheit ganz nah. Und auch die Zukunft."

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Inhalt

Nach den höllischen Erlebnissen der vergangenen Tage möchte Luce nur eines: endlich wieder mit Daniel und ihrer Familie vereint werden. Ein Wunsch wird bald erfüllt. Endlich schmeckt Luce wieder Daniels sehnsuchtsvolle Küsse und könnte im siebten Himmel schweben, da eröffnet er ihr, dass beide sich erneut trennen müssen. Verdammt! Mal ganz davon abgesehen, dass Daniel weiterhin nichts über ihre gemeinsame Vergangenheit und die Ursache für den auferlegten Fluch verrät. Frust macht sich in Luce breit, den sie an der neuen Schule in Shorline hinunterschlucken kann. Bald schon lernt Luce neue Freunde kennen und die unheimlichen Schatten zu kontrollieren, die sie von Kindesbeinen an verfolgen. Stück für Stück erfährt sie mehr über ihre früheren Ich's. Und während sie langsam beginnt, an ihrer Liebe zu Daniel zu zweifeln, wird ihr bewusst, dass neue Feinde sich an ihre Fersen geheftet haben. Mysteriöse Vorfälle und widersprüchliche Gefühle halten die Luce in Atem.

Kritik

Etwa ein Jahr ist nun vergangen, seit ich mit dem ersten Band von Lauren Kates Engel-Reihe begann und mit "Engelsnacht" eine kleine Bruchlandung erlitt. Neugierig wie ich bin, musste ich trotzdem wissen, wie es mit dem verdammten Liebespaar Luce und Daniel weitergeht. Schließlich hatte der Klappentext damals das Beste an dieser düsteren Lovestory verraten. Auf die ersehnten Hintergründe hingegen musste man warten. Kurz: nach der gelesenen Lektüre war man genauso schlau wie vor der ersten Seite. Leider ist es im zweiten Band "Engelsmorgen" diesbezüglich nicht anders. Fragen über Fragen bleiben zurück, wenngleich der Roman für einige Stündchen nett zu unterhalten weiß und mich zumindest mehr packen konnte als sein Vorgänger. Das Ergebnis ist ein kurzweiliges wie unterhaltsames Lesevergnügen, das zwar viele Fragen aufwirft und wenige Antworten gibt, diesen Umstand aber mit phantastischen Ideen etwas ausgleichen kann.

Der zweite Band knüpft direkt an die Ereignisse aus "Engelsmorgen" an und lässt sich zügig wegschmökern. Dabei passiert zunächst nichts wirklich Außergewöhnliches. Na gut, es gibt ein verliebtes Wiedersehen mit Luce und Daniel, ein himmlisch-teuflischer Waffenstillstand wird geschlossen und die Jagd auf fiese Widersacher beginnt. Das ist schon recht erbaulich. Allerdings lässt Luces Start an einer neuen Schule Déjà-vu-Erlebnisse aufkommen. Neue Charaktere schleichen sich in die Handlung ein und alte Bekannte klopfen wiederholt an die Pforte nebulöser Entwicklungen. Diesmal erscheint die Grundatmosphäre jedoch nicht ganz so düster wie in "Engelsmorgen" und anstelle in Daniels Vergangenheit zu stochern, nimmt Luce nun ihr eigenes Leben unter die Lupe. Prolog wie Epilog werden übrigens aus Daniels Perspektive geschildert. Der Hauptpart obliegt weiterhin Luce (jeweils in der 3. Person).

Gelungen sind besonders die düsteren Schatten (Verkünder genannt), die bildlich beschrieben werden und mit deren Hilfe Luce versucht, mehr über ihre vergangenen Leben zu erfahren. Was man ihr kaum verübeln kann! Daniel erteilt nämlich lieber Befehle an seine Liebste und behandelt sie wie ein Kleinkind, statt mal ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen. Natürlich geschieht das alles nur zu ihrem Schutz. Zudem ist er ziemlich beschäftigt. Warum? Das darf er natürlich nicht sagen! Für ein paar flüchtige Küsse und ständige Streitereien im Schutze der Nacht, muss dagegen Zeit sein. Ja, es wird mitunter emotional, wenn die beiden sich in den Armen liegen und wie Lois und Clark durch die Nacht fliegen ... und dann doch wieder der alte "Warum sagst du mir nie die Wahrheit?"-Frust aufkeimt. Doch während Luce sich zunächst mit elektrisierenden Küssen abspeisen lässt, war ich genervt. Das passiert nämlich ständig! Egal, ob es Daniel, Cam, irgendwelche Mitschüler oder Lehrer sind. Kaum verplappert sich jemand oder schmeißt mit einer Andeutung um sich, wird geflissentlich vom eigentlichen Hauptkonflikt abgelenkt. Das hebt den Spannungsfaktor, deprimiert aber gleichzeitig.

Tatsache ist: ein weiteres Mal lässt Lauren Kate den Leser in der Luft hängen. Man könnte fast annehmen, sie hält sich das Beste für den Final Countdown auf. Die junge Bestsellerautorin geizt wahrlich nicht mit mysteriösen Bemerkungen, die einen geschickt dazu verführen, die Seiten rasch umzublättern. Schließlich will man endlich wissen, warum Daniel und Luce vor Jahrhunderten dazu verdammt wurden, sich ewig zu lieben, um dann stets voneinander getrennt zu werden. Das Gleiche gilt für den dämonischen Cam, der dieses Mal eher sporadische Auftritte hinlegt und ebenfalls ein reges Interesse an der stetigen Reinkarnation von Luce zu haben scheint. Aber warum, wieso, weshalb? Gute Fragen, doch lieber verliert sich Lauren Kate in der Ausarbeitung neuer Geheimniskrämereien ... bis zum brisanten Ende, das überrascht und Lust auf die Fortsetzung macht.

Ein positiver Aspekt an "Engelsmorgen" ist die Weiterentwicklung von Luce Charakter. Langsam legt die einstige Außenseiterin die rosarote Brille ab. Leicht frustriert beginnt sie zu grübeln und zu forschen. Die heißen Küsse mit Daniel, der weiterhin relativ zweidimensional wirkt (wer ist er wirklich?), mögen prickelnd sein, aber wozu das Ganze? Schön, dass Luce endlich aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht und beginnt, eigene Entscheidungen zu treffen (die man allerdings nicht immer verstehen muss/kann, wie z. B. eine neu angedeutete Dreiecksgeschichte). Zur Seite stehen ihr dabei sympathische wie weniger sympathische Nebenfiguren, die im Gegensatz zur Originalbesetzung relativ gut ausgearbeitet sind. Sie haben ebenfalls ihre unnahbaren Seiten, die sich aber glücklicherweise in Grenzen halten. Folglich lassen sich die Taten und Motive eines Miles oder einer Shelby besser nachvollziehen, als von manch einem Dämonen oder einem gefallenen Engel - Hauptcharaktere eingeschlossen!

Fazit

"Engelsmorgen" könnte man, ebenso wie den Vorgängerband "Engelsnacht", als ein Buch mit sieben Siegeln beschreiben. Wiederholt steht die beinahe aussichtslose Liebe um Luce und Daniel im Vordergrund, umkleidet von zahlreichen Mysterien, die weiterhin nicht so recht an die Oberfläche schwimmen wollen. Entsprechend wird es sehr romantisch, spannend und leider wieder einmal verzwickt deprimierend. Was fehlt, ist ein Sonnenstrahl, der durch den trüben "Engelsmorgen" dringt und endlich für lichte Momente sorgt. Wie wäre es in "Passion" (englischer Originaltitel), dem dritten von vier angesetzten Bänden? Das wäre zur Abwechslung einmal himmlisch!

Zur Rezension von Band 1 "Engelsnacht"

Doreen B. - myFanbase
26.09.2011

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