Bewertung
Hudson, Tara

Wenn du mich siehst

"In dem Moment öffneten sich seine Augen. Er sah nach links und nach rechts, nahm seine Umgebung wahr. Dann sah er mich an. Er sah mir direkt in die Augen. Ich erstarrte. Konnte er mich ... sehen?"

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Inhalt

Amelia ist 18 Jahre alt und tot. Seit 10 Jahren streift ihr ruheloser Geist durch eine Kleinstadt, um gelegentlich den eigenen Tod Revue passieren zu lassen. "Alpträume" nennt sie diese Erlebnisse. Denn sie weiß weder warum sie gestorben ist, noch was für ein Mensch sie früher war. Was bleibt sind lückenhafte Erinnerungen. Als eines Abends ein Junge in dem gleichen Fluss zu ertrinken droht, an dem auch Amelia damals starb, geschieht etwas beinahe Unmögliches. Der Junge namens Joshua überlebt und kann Amelia sehen. Doch nicht nur das! Als die beiden sich wiedersehen, müssen sie feststellen, dass sie etwas Besonderes zu verbinden scheint. In Joshuas Nähe fühlt Amelia sich plötzlich lebendig, außerdem kann er sie berühren. Während die beiden sich ineinander verlieben, müssen sie sich jedoch mit einem bösen Geist auseinander setzen, der Amelia gut zu kennen scheint, und auch Joshuas Großmutter – von Nebenberuf Geisterjägerin – kann sich mit der neuen Freundin ihres Enkels so gar nicht anfreunden.

Kritik

Es wird schaurig süß und zauberhaft romantisch in Tara Hudsons Paranormal Romance. Dass ein geisterhaftes Wesen sich in einen Menschen verliebt, ist in Literatur wie Film zwar nicht neu, trotzdessen aber immer wieder unterhaltsam. Bestes Beispiel ist wohl der Roman "Solange du da bist" von Marc Levy, der bereits mit Reese Witherspoon in der Hauptrolle verfilmt wurde. Buch und Film laden zu romantischen wie humorvollen Stunden ein, ohne dass man dabei von der hohen Kunst des Schreibens bzw. Verfilmens sprechen kann. Leichte Unterhaltung für verträumte Herzen eben. Genau das bittet auch "Wenn du mich siehst", der solide ausgearbeitete Debütroman einer ehemaligen Jurastudentin. Nicht rundum perfekt und dennoch ein gespenstisches Vergnügen!

Sich in die Handlung um das Geistermädchen Amelia und ihren Joshua einzufinden, ist auf den ersten Seiten keine himmlische bzw. eine etwas nebelige Angelegenheit. Was allerdings beabsichtigt ist und zu Amelias einleitender Situation passt. Es werden ungenaue wie geheimnisvolle Andeutungen gemacht, als schwimme man durch trübes Gewässer. Man erkennt die Umrisse, nur das Gesamtbild dahinter nicht. Das kann auf den ersten Metern etwas anstrengend sein, umschreibt aber (wie bereits erwähnt) Amelias anfängliche Verfassung, in der Ich-Perspektive, recht gut. Dieser etwas diesige Umstand ändert sich jedoch, sobald das künftige Liebespaar einander erblickt. Plötzlich bekommt die Welt klare Formen und Strukturen. Amelia und ihre tödlichen Umstände hingegen bleiben weiterhin ein Mysterium.

Schnell erinnert das Kennenlernen zwischen Joshua und Amelia an eine typische Paranormal Lovestory, wie man sie derzeit in etlichen Jugendromanen wiederfindet. Dessen muss man sich bewusst sein, wenn man zu dieser Lektüre greift. Wer von der Liebe auf den ersten Blick und stets attraktiven Hauptfiguren mittlerweile die Nase voll hat, der sollte wohl zu einem anderen Büchlein greifen. Wer hingegen solch liebliche Geschichten mag, der könnte voll auf den Geschmack kommen. Denn es dauert nicht lange, da fühlen sich Amelia und Joshua zueinander hingezogen. Alles wird selbstverständlich, wie auf Wolke Sieben ... und dann doch etwas bedrohlich, wenn ein ungebetener Gast sich hinterrücks in Amelias "Leben" einschleicht und für spannende Momente sorgt. Geschickt vermischt Hudson die aufkeimende Liebesgeschichte mit phantastischen Elementen, inklusive eines temporeichen wie gefühlsbetonten Plots.

Langweilig wird es selten, wenn auch an manchen Stellen vorhersehbar. Für so gut wie jedes Problem scheint eine Lösung parat zu sein, was ich als kleinen Schwachpunkt der Geschichte empfinde. Wenn es nämlich darum geht, hinter Amelias vergessene Vergangenheit zu kommen, bedient sich die Romandebütantin einfachster Stilmittel, die wirklich nicht überraschend sind. Wen wundert es da, dass innerhalb einer Seite eine heiße Spur entsteht, der prompt nachgegangen wird?

Allerdings ist es wirklich süß, wie die beiden sich näher kommen und wie Hudson das Distanzproblem angeht. Erscheint die Lösung vorübergehend ein wenig an den Haaren herbeigezogen, wird doch ein guter Grund angegeben, warum gerade Joshua das Geistermädchen vom Fluss sehen und berühren kann. Die Ausgestaltung der Geister ist dabei schon recht simpel. Amelia kann z.B. nicht durch Wände gehen, zudem fällt ihr in Joshuas Nähe das Atmen plötzlich wieder ein (was man allerdings der besonderen Verbindung zuschreiben kann).

Im Ganzen lernt man die Charaktere gut kennen und kann sie sich bildlich ausmalen. Ob nun Joshuas etwas überflüssige Großmutter, die gerne mal eine kleine Geisterjagd veranstaltet, oder der düstere Zeitgenosse namens Eli. Sie erfüllen ihre zugeteilten Aufgaben und sorgen für ein abwechslungsreiches wie leicht schauriges Lesevergnügen, wenngleich das Ende ein wenig zu wünschen übrig lässt. Der Roman ist fesselnd, überraschend und ein wenig undurchsichtig. Da es sich hierbei um ein Einzelwerk zu handeln scheint, ist es doch etwas enttäuschend. Warum geschehen bestimmte Dinge? Das wird leider nicht näher erläutert. Also doch ein bisschen an den Haaren herbeigezogen. Das allein schon spräche für eine Fortsetzung, die in meinen Augen gern gesehen ist. Genauso wie der passende (Mini-)Soundtrack zum Buch, der sich auf der Autoren-Homepage finden lässt.

Fazit

"Wenn du mich siehst" ist eine gut unterhaltende Paranormal Romance, die besonders für Fans dieses Genres zu empfehlen ist. Tara Hudson sorgt mit ihrem Debütroman für einen romantischen, wenn auch nicht perfekten, Spuk. Entsprechend weiß die Lovestory um Joshua und Amelia für einige Stündchen recht nett zu unterhalten, hätte aber an einigen Stellen etwas geistreicher sein können.

Doreen B. - myFanbase
01.10.2011

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