Bewertung
Matthies, Moritz

Ausgefressen

Wenn Erdmännchen ermitteln.

Foto: Copyright: S. Fischer Verlag GmbH
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Inhalt

Ray ist ein Erdmännchen und lebt mit seiner Sippe im Berliner Zoo. Insgeheim träumt er von einer Karriere als Privatschnüffler. Als im Zoo eines Nachts zwei Schüsse fallen, bekommt Ray plötzlich die Chance, seinen Traum wahr werden zu lassen. Die Schüsse scheinen mit dem mysteriösen Verschwinden eines Millionärs in Zusammenhang zu stehen, der zuletzt im Zoo gesehen wurde. Der Privatdetektiv Phil hat von der Tochter des Vermissten den Auftrag erhalten, nach Spuren zu suchen - und stellt bei seinen Ermittlungen im Zoo fest, dass er die Sprache der Erdmännchen versteht. So wird Ray zu Phils Partner und erlebt endlich das Abenteuer, nach dem er sich so lange gesehnt hat.

Kritik

Die Menschheit steckt wirklich in der Patsche. Wir als die Krone der Schöpfung wissen zwar sehr gut, wie man Morde, Entführungen und Diebstähle begeht, aber bei der Aufklärung dieser Vebrechen sind wir immer öfter auf die Hilfe unserer Haus - und Nutztiere angewiesen. Die steigende Anzahl an Tierkrimis beweist dies. Mittlerweile haben sich unter anderem schon Kriminalfälle lösende Schafe, Schweine, Katzen, Gänse und Pferde ihre Plätze im Bücherregal erobert. Dass nun also auch Erdmännchen auf Verbrecherjagt gehen, dürfte nicht unwesentlich mit dem Erfolg des Romans "Hummeldumm" zusammenhängen, in dem ein Erdmännchen eine populäre Rolle spielt.

Bisher hat mich noch kein Tierkrimi überzeugt, so dass ich dieses Genre inzwischen weitestgehend meide, aber da ich Erdmännchen wirklich putzig finde, habe ich "Ausgefressen" eine Chance eingeräumt. Es hat sich nicht gelohnt. Nachdem es anfangs noch recht unterhaltsam ist, das Erdmännchen Ray und sein Zuhause, den Berliner Zoo, kennen zu lernen, wird das ganze Szenario bald zunehmend alberner. Die Tiere werden immer stärker vermenschlicht, in unglaubwürdige Situationen gebracht und mit allerlei Klischees behangen, die vom falschen Latin Lover (ein Chinchilla) über eine fiese Verführerin (eine Wüstenspringmaus) bis zu arroganten Modezaren (zwei Pudel) reichen. Die Tierfiguren verkommen einfach mehr und mehr zu überbetonten Karikaturen.

Der Autor, der das Pseudonym Moritz Matthies benutzt, setzt stark auf Slapstickmomente: Ray verbrüht sich an einer Kaffeemaschine, Ray klatscht gegen eine Wand, Ray steckt mit dem Kopf in einem Erdloch fest, usw. Das hat alles in allem nur einen geringfügigen Unterhaltungswert.

Dass ein Krimi, in dem ein Erdmännchen die Hauptrolle spielt, nicht im eigentlichen Sinne realistisch ist, liegt auf der Hand, dennoch zeichnet einen wirklich guten Roman aus, dass eine ungewöhnliche Handlung in sich stimmig erzählt wird. Auch das gelingt hier nicht. Vieles wird dem Leser einfach so unreflektiert vorgesetzt, zum Beispiel die Tatsache, dass offenbar alle Tiere ihre eigene Sprache haben (erdmännisch, hyänisch ...), aber jedes Tier sämtliche andere Tiersprachen perfekt beherrscht, so dass sie alle reibungslos und auf Anhieb miteinander kommunizieren können, selbst wenn sich die Tierarten gerade zum ersten Mal begegnen, während der Mensch Phil nur erdmännisch versteht. Mit anderen Tieren kann er nicht kommunizieren und braucht Ray als Übersetzer.

Fazit

Putzig hin oder her, Erdmännchen sollten das tun, was in ihrer Natur liegt - fressen, schlafen und graben - und die Aufklärung von Verbrechen den Menschen überlassen.

Maret Hosemann - myFanbase
20.03.2012

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