Bewertung
Schwarz, Stefan

Das wird ein bisschen wehtun

"Die Geschichte nennt etliche große Männer, die erst durch Frauen ihren Weg gefunden haben. Die Millionen, die durch Frauen für immer vom Weg abkamen, nennt sie nicht."

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Inhalt

Fernsehjournalist Max Krenke ist von Naddi, der ersten Freundin seines Sohnes Konrad, alles andere als begeistert. Laut, direkt und ungehemmt poltert das Mädchen ins Familienleben der Krenkes und nistet sich dort ein. Das ist aber bei weitem nicht das einzige Problem, mit dem sich Max herumschlagen muss: sein Vater baut körperlich rapide ab und braucht viel Fürsorge, will sich aber nicht von einer Pflegerin betreuen lassen. Außerdem scheint sich Max einen Feind gemacht zu haben, der immer wieder sein Auto sabotiert. Beruflich muss sich Max als neuer Redakteur der Sendung "Ihnen kann geholfen werden" beweisen und dreht eine Folge, die ganz andere Dimensionen annimmt, als vorher erwartet.

Kritik

In Stefan Schwarz scheint die deutsche Literaturszene einen neuen Meister der Alltagssatire gefunden zu haben. Mit Witz und Ironie, aber ohne Kitsch und Belehrungen, erzählt der Autor aus dem Leben des ostdeutschen Fernsehjournalisten Max Krenke.

Für Max erweist sich Nadine, genannt Naddi, die erste feste Freundin seines Sohnes Konrad, als absoluter Alptraum, denn das Mädchen leidet unter einem extremen Fall von Distanzverminderung. Sie macht sich ungehemmt breit, reißt alles an sich, als wäre die Unterscheidung zwischen mein und dein nie erfunden worden, plappert ohne Unterlass und gibt immer wieder großzügige Kostproben ihrer schlechten Angewohnheiten. Max fühlt sich bald in seinem eigenen Haus nicht mehr wohl und fürchtet um die Zukunft seines Sohnes, dem Naddi allerlei Flausen in den Kopf setzt. Zu diesen Problemen als Vater gesellen sich Max' Schwierigkeiten, selbst ein guter Sohn zu sein, denn ihm fällt es zunehmend schwerer, mit den Altersgebrechen seines Vaters fertig zu werden.

Max' Beziehungen zu seinem Sohn und zu seinem Vater werden sehr ehrlich, unaufdringlich und mit der geradezu perfekten Mischung aus Humor und Ernsthaftigkeit geschildert. Es fällt einem als Leser wahrlich nicht schwer, sich in die Familie Krenke hineinzufühlen, sich mit ihr zu identifizieren und immer wieder über sie zu schmunzeln, ohne sie auszulachen.

Wunderbar klar und munter beschrieben ist auch Max' enge Freundschaft mit seiner türkischstämmigen Kollegin Nergez, zu der er sich hingezogen fühlt und von der er weiß, dass sie in gewisser Weise die perfekte Partnerin für ihn wäre, mit der er sehr viel Spass haben könnte. Doch ihn und seine Frau Dorit verbindet eine gewachsene Liebe und eine Vertrautheit, die weit über jedes biologische Bedürfnis hinausgeht. Die Chance zum Ehebruch ist für Max daher so nah und gleichzeitig so fern, wie es viele Bücher, Filme und Fernsehsendungen leider nicht darzustellen verstehen.

Der Handlungsstrang um Max' Arbeit an der Sendung "Ihnen kann geholfen werden", für die es genug reale Vorbilder im deutschen TV gibt, beinhaltet zwar ein paar Vorhersehbarkeiten, ist aber ebenfalls sehr witzig und schwungvoll, so dass kleinere Schwächen problemlos zu verzeihen sind.

Es gibt in "Das wird ein bisschen weh tun" keinen moralischen Zeigefinger und keine erschütternden Dramen, die sich schwer auf die Seelen der Leser legen. Max begeht weder unverzeihliche Fehler, noch wird er zum Helden, er ist einfach ein Mann aus der deutschen Mittelschicht, der sein Leben lebt, welches manchmal absurd erscheint, weil das Leben eben manchmal absurd ist.

Fazit

"Das wird ein bisschen wehtun" ist eine wirklich gute Alltagssatire mit viel Witz, Ehrlichkeit und ohne Kitsch oder Moralpredigten.

Maret Hosemann - myFanbase
15.06.2012

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