Bewertung
Follett, Ken

Sturz der Titanen

Menschen und Schicksale im Schatten des Ersten Weltkriegs, der die Mächtigen stürzen und das Leben aller verändern wird.

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Inhalt

Die Geschichte beginnt kurz vor dem Ersten Weltkrieg. Europa ist ein Pulverfass, das nur mehr auf den zündenden Funken wartet. Auf dem gesamten Kontinent stehen große Veränderungen an und im Trubel der Ereignisse dieser Zeit kämpfen Familien um ihre Zukunft: In England setzt sich die von ihrem Hausherrn schwangere Ethel Williams für die Rechte der Arbeiter und Frauen ein, in Russland kämpfen Grigori und Lew Peschkow gegen die Unterdrückung durch den Adel, und die Liebe der aufgeschlossenen englischen Aristokratin Maud Fitzherbert und des deutschen Diplomaten Walter von Ulrich steht unter einem schlechten Stern.

Kritik

Ken Follett schafft es immer wieder, historische Fakten mit spannenden Schicksalen zu verknüpfen. Auch bei "Sturz der Titanen" ist es ihm gelungen, einen Roman zu verfassen, den man nur schwer aus der Hand legen kann. Dieses Mal versetzt er die Leser in eine der dunkelsten Epochen des vorigen Jahrhunderts, in die Zeit um den Ersten Weltkrieg. Mit einem sehr guten Blick für Details der politischen Wirrungen zeigt Follett verständlich auf, wie und warum es überhaupt zu diesem Krieg gekommen ist, weshalb sich die eine oder andere Großmacht dazu entschlossen hat, Millionen Menschenleben aufs Spiel zu setzen, und was für Auswirkungen diese Machtkämpfe auf die Gesellschaft und den Einzelnen haben.

Egal ob bei der Beschreibung des Stellungskrieges in Frankreich oder des politischen Umsturzes in Russland – man merkt deutlich, dass sich der Autor sehr intensiv mit dieser Epoche auseinandergesetzt hat. Follett hat es durch seinen plastischen Erzählstil geschafft, dass der Leser sich z.B. in einem Schützengraben an der Somme oder inmitten eines aufgewühlten Mobs in St. Petersburg wieder findet. Sehr gut versteht er sich auch darauf, über Einzelschicksale einen Einblick in die Verzweiflung und Wut dieser Zeit zu geben. Positiv zu erwähnen ist ebenso, dass im Vergleich zu vielen amerikanischen Filmen und Büchern nicht die Siegermächte glorifiziert und die Verlierermächte als böse Aggressoren dargestellt werden, sondern deutlich gemacht wird, dass alle beteiligten Mächte – egal ob Großbritannien, Deutschland, Österreich, Russland, Frankreich oder die USA – ihren Teil zum Kriegsausbruch beigetragen haben.

Doch nicht die gut aufbereiteten historischen Ereignisse stehen im Vordergrund dieses Romans, sondern die vielen verschiedenen Einzelschicksale von Personen rund um den Globus. Leider liegt aber gerade hier die kleine Schwäche dieses Follett-Werks: es sind zu viele detailliert beschriebene Geschichten. Wie immer möchte man, bedingt durch Folletts spannungsgeladenen Stil, wissen wie es den Helden ergeht und wie die einzelnen Handlungsstränge zusammen laufen, jedoch übertreibt es der Autor mit der Anzahl der Protagonisten. Wir haben hier die wirklich mitreißende Liebesgeschichte der adeligen Maud Fitzherbert, die sich in den deutschen Diplomaten Walter von Ulrich verliebt, und auch die Handlung rund um die Dienstbotin Ethel Williams, die ein Kind von ihrem Herren Earl Fitzherbert (kurz "Fitz", Mauds Bruder) erwartet und später für die Rechte von Frauen und Arbeitern kämpft, ist spannend und regt zum Weiterlesen an, aber daneben gibt es auch Handlungsstränge, die eindeutig zu langatmig erzählt werden (Grigori und Lew Peschkow – Arbeiter und Revolutionäre in Russland - oder auch Gus Deware, ein Berater des amerikanischen Präsidenten). Diese breit erzählten Storys machen es dem Leser manchmal schwer, sich weiter vor zu kämpfen, um auf unterhaltsamere Phasen zu treffen.

Fazit

Sicherlich reicht "Sturz der Titanen" nicht an Folletts beste Werke wie "Die Pfeiler der Macht", "Die Nadel" oder "Die Säulen der Erde" heran, jedoch hat er es wieder geschafft ,einen spannenden, historisch sehr gut recherchierten und schlüssigen Roman rund um die Zeit des Ersten Weltkriegs zu verfassen. Wer an dieser Epoche interessiert ist, sollte deshalb unbedingt zugreifen! Auch wenn das Werk über einige Strecken etwas langatmig wirkt, werden Follett-Fans bei der Fortsetzung "Winter der Welt" kaum widerstehen können. Die Geschichte wird dann im Jahr 1933 fortgesetzt.

Manuela Reicht - myFanbase
16.07.2012

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