Bewertung
Blumbach, Anna

Glitzerregen

"Für mich gibt es fast nichts Intimeres als das – jemanden meine Herzensmusik angedeihen lassen."

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Inhalt

Eva Rock ist völlig am Boden: Sie empfängt Hartz 4 und quält sich durch einen dumpfen Bürojob, sieht ihr Kind Lasse viel zu selten und geht von Mann zu Mann. Um diese Misere zu vergessen, geht Eva ausschweifend feiern. Durch Zufall gerät die gelernte Architektin Anfang 40 an eine Ausschreibung und darf fortan ein Autark-Haus bauen. Die Depressionen vergehen – und Grund dafür ist nicht nur ihre neue Beschäftigung ...

Kritik

"Glitzerregen" ist die Fortsetzung von "Kurze Nächte". Wer den ersten Band nicht kennt, dürfte aber kein Problem haben, in die Story einzusteigen – lediglich die Erwähnung von Evas bester Freundin, die im ersten Buch starb, kommt zu plötzlich, und man fragt sich auch gelegentlich, warum ihr Exfreund Wolf, zuvor noch eine tragende Rolle, am Anfang noch wichtig ist, am Schluss aber komplett fehlt.

Auch die Stimmung des Buchs schwankt extrem. Eva quält sich mit Panikattacken und einer tiefen Traurigkeit. Von Winter auf August wird sie plötzlich alberner, dadurch aber auch anstrengender. Da ein großer Teil zwischen der kalten und der warmen Jahreszeit fehlt, ist es schwer nachzuvollziehen, dass es sich um dieselbe Person handelt. So kann man sich schlechter mit Eva identifizieren.

Ihre Weltanschauungen platzen dabei oft zu plötzlich in die Szenen - da springt sie vom leidenschaftlichen Sex zur Geburt ihres Sohnes und zu ihrer Philosophie zum Leben nach dem Tod, zwischendurch wird dann noch der Berliner Prenzlauer Berg ohne Vorwarnung und Zusammenhang gedisst. Was dafür stets gelungen ist: Ihre Affinität zur Musik. "Also mich rettet Musik immer. In guter Musik fühle ich mich aufgehoben. Musik ist mein Zuhause, egal, wo ich bin, egal, wie ätzend es um mich herum ist", sagt Eva.

Aber dann ist da noch ihr bester Freund Tom, den sie schon ewig kennt. Ihre Bindungsängste halten sie davon ab, tiefer zu gehen – sie führt die meiste Zeit eine reine Sexbeziehung, bei der die Beschreibungen der erotischen Szenen nicht immer wirklich anregend sind. Tom selbst bleibt ein unsympathischer Charakter und die beiden stimmen auch zum Schluss, als sie so etwas wie zu einander finden, immer noch nicht richtig überein. Daher bleibt abzuwarten, was im nächsten und letzten Teil der Blumbach'schen Trilogie folgt.

Fazit

Auch, wenn viele Geschehnisse und Züge einfach nicht stimmig sind, liest sich vor allem die erste Hälfte hervorragend. Da diese teilweise noch in 2010 spielt, sind die Ängste zu Krisenzeiten nachvollziehbar. Und auch schön ist Evas Playlist: Chemical Brothers, Die Sterne, Radiohead, Robyn. Da würde man auch gerne reinhören, so wie Vito: "Vito hatte mir einen Stöpsel aus meinem Ohr gezogen und reingehorcht, in meine Musik. Für mich gibt es fast nichts Intimeres als das – jemanden meine Herzensmusik angedeihen lassen."

Simone Bauer - myFanbase
12.08.2012

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