Bewertung
Shusterman, Neal

Vollendet

"Aus mir wäre ohnehin nicht viel geworden, jetzt habe ich statistisch gesehen eine Chance, dass wenigstens ein Teil von mir irgendwo in der Welt große Bedeutung erlangt. Ich wäre lieber teilweise bedeutend als vollkommen nutzlos."

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Inhalt

Eine Welt, in der man seine Kinder zwischen 13 und 18 Jahren rückwirkend abtreiben kann, wenn man nicht mehr mit ihnen zurechtkommt. 99,4% dieses Körpers wird wiederverwendet und Leuten gegeben, die es nötig haben, oder genügend Geld besitzen, um sich neue, stärke Organe bzw. Körperteile zu kaufen. Dies nennt sich Umwandlung.

Connor ist ein 16-jähriger Rebell und hat es sich endgültig mit seinen Eltern verscherzt, die 15-jährige Risa lebt in einem städtischen Waisenhaus und muss nun Platz für die Neuankömmlinge machen und der 13-jährige Lev ist ein Zehntopfer und weiß schon seit vielen Jahren, was ihm bevorsteht. Drei junge Menschen, die sich das Schicksal der Umwandlung teilen.

Kritik

Von diesem Buch hatte ich die ganze Zeit über nichts mitbekommen. Es war eher zufällig, dass ich es mir ausgeliehen und gelesen habe und ich bin wirklich überaus glücklich darüber, dass ich es getan habe, denn sonst wäre mir wirklich etwas entgangen. Bei "Vollendet" handelt es sich um einen Roman, der einen auch nach der letzten Seite noch lange nicht loslassen wird. Die Thematik ist einzigartig, schockierend, grausam und auf eine gewisse Art und Weise auch höchst interessant und ansprechend. Was Neal Shusterman mit diesem Roman geschaffen hat, fasziniert und bewegt mich sehr.

Das Besondere an diesem Buch ist, dass die Kapitel aus der Sicht verschiedener Charaktere geschrieben sind, doch niemals in der ersten Person. Die meiste Zeit über führen uns die drei Hauptcharaktere Connor, Risa und Lev durch die Handlung. Doch auch andere, eher zweitrangige Charaktere steuern ihren Teil bei und treiben somit die Handlung um ein weiteres Stück voran, da man einen tiefen Einblick in die Gedankengänge von allen bekommt.

Connor ist ein willensstarker, mutiger junger Mann, dem das Recht zu leben von Jetzt auf Gleich entzogen werden soll. Dieses Recht möchte er sich aber auf keinen Fall von irgendwem nehmen lassen und somit flüchtet er, um seiner Umwandlung zu entgehen. Auf diesem Wege lernt er das Waisenkind Risa kennen, welches umgewandelt werden soll, um Platz im Heim freizumachen. Ihr Leben lang hat sie von einer Karriere als Pianistin geträumt, doch dieser zerplatzt in jenem Moment, in dem man ihr von ihrem Schicksal erzählt. Gemeinsam mit Connor nehmen sie Lev als eine Art Geisel. Er hat sich schon früh auf sein Schicksal einstellen können und für ihn ist es eine Ehre, geopfert zu werden und in vielen anderen Menschen seinen Platz zu finden.

Während ihrer Flucht durchleben die Drei eine einzigartige Wandlung. Sie werden stärker, aufgeschlossener und würden bis zum bitteren Ende gegen eine Umwandlung kämpfen. Ich kann mir nicht ausmalen, was ich in einer solchen Situation tun würde und ob ich den Mut hätte, vor meinem Schicksal davonzulaufen. Selbst das Zehntopfer Lev erkennt irgendwann, dass er sein Leben gerne in vollen Zügen genießen und auskosten möchte. Das gemeinsame Schicksal verbindet die Jugendlichen und sie wachsen einander sehr ans Herz. Sie können niemandem trauen und sind auf sich alleine gestellt, doch ihre Freundschaft verbindet sie so sehr miteinander, dass sie sich sicher sind, dass sie überleben werden.

Mehrmals wird die Prozedur des Umwandelns leicht angeschnitten, doch niemand weiß wirklich, was genau mit einem passiert. Im Laufe der Geschichte bekommt der Leser dann immer mehr Informationen, die das Schicksal der Jugendlichen nur noch grausamer erscheinen lässt. Die Welt, in der Connor, Risa und Lev leben, ist eine sehr grausame und man hofft beim Lesen inständig, dass es bei uns niemals wirklich soweit kommt.

Die Kinder sind alle sehr reif, da sie dem Tod förmlich ins Auge sehen, und stellen sich Fragen, die man sich für gewöhnlich nicht in diesem Alter stellt. Sie philosophieren darüber, ob es wirklich so etwas wie eine menschliche Seele gibt, sie überlegen sich, was sie im Leben wohl falsch gemacht haben, dass man sie nicht mehr haben möchte, und besonders häufig wird die Frage vom Klappentext aufgeworfen: Wenn jeder Teil von dir am Leben ist, nur eben in jemand anderem, lebst du dann, oder bist du tot? Eine berechtigte Frage, auf die es allerdings keine konkrete Antwort geben kann. Niemand weiß, was nach der Umwandlung geschieht, und es ist ein unumkehrbares Prozedere.

Auch ich habe mir im Nachhinein viele Gedanken über die oben genannten Fragen gemacht, welche mir nicht mehr aus dem Kopf gehen. Wie grausam können Eltern sein, ihren Kindern so etwas Schreckliches anzutun? Jeder Mensch sollte das Recht darauf haben zu leben und man sollte sich dieses Recht nie nehmen lassen, um nichts in der Welt.

Neal Shusterman hat mich mit "Vollendet" mitten ins Herz getroffen und mir wunderbare Lesemomente beschert. Für mich ist dies eine der besten Dystopien, die ich jemals gelesen habe. Man könnte dieses Buch als in sich geschlossen betrachten, doch nun erscheint auf Englisch nach einer fünfjährigen Pause der zweite Band "Unwholly" und ich hoffe wirklich sehr, dass die deutsche Übersetzung nicht allzu lange auf sich warten lässt, denn ich möchte noch viel mehr über die Umwandlung und die Umstände, unter denen diese eingeführt wurde, erfahren.

Fazit

Eine sagenhafte Dystopie, die auf jeder Seite zum Nachdenken anregt. Neal Shusterman weiß, wie man es schafft, seine Leser in den Bann zu ziehen und ihnen eine schockierende Zukunftsvision zu präsentieren, die es hoffentlich in einer solchen Form niemals und nirgends auf der Welt geben wird. Düster, packend, erschreckend - nicht nur für Fans des Genres ein Muss, sondern für absolut jedermann!

Sanny Binder - myFanbase
29.08.2012

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