Bewertung
Knoll, Rebekka

Das Kratzen bunter Kreide

Eine Frau. Zwei Männer. Eine doppelte Fernbeziehung.

Foto: Copyright: Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag
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Inhalt

Jakob liebt Facebook. Und auch, wenn Maja denkt, er könnte sie nie anfixen, er schafft es. Als sie ihn und Bern verlässt, legt sie sich in Kassel ein Profil an, bald schon gibt es ein Kapitel ihres Lebens, das fast vollständig in dieser Social Media Community stattfindet. Maja lässt sich davon aufsaugen, genauso, wie von ihren Träumen, die sie lähmen und die immer wieder kommen. So muss sie nicht nur Profilbilder analysieren, sondern auch ihre Zustände, zusammen mit einem Netz aus Freunden. Maja sagt: "Mit FB tue ich nur so, als hätte ich es zweimal!" – und auf einmal hat sie im echten Leben auch etwas zweimal, nämlich einen zweiten Freund, Felix.

Kritik

Die Autorin hat in verschiedenen Städten studiert und lässt diesen Erfahrungsschatz ihrer Hauptfigur angedeihen. Nach ihrem Bachelor in Regensburg geht Maja nach Bern, wo sie Jakob kennenlernt. Nach ihrem Erasmusaufenthalt zieht sie nach Kassel, wo sie Felix kennenlernt. Doch Kassel, wo sie noch guten Kontakt zu ihren Freundinnen aus Bern, Svenja und Katrina, halten kann, macht Maja noch verrückter, als sie ohnehin schon ist.

Nach ihrem Umzug nach Frankfurt baut Maja zwar ihre IKEA-Möbel eifrig auf (ihre Lieblingsbeschäftigung), hat jedoch keine Lust, sie umzustellen. Ihre neuen Mitbewohnerinnen, das Farbpfoten-Künstlerkollektiv, bringen sie darauf, Möbel auf den Boden zu zeichnen. Von da an ist das das Hauptthema, die häufigste Metapher.

Der Kontakt zu Svenja und Katrina bricht ab, nicht jedoch der zu Felix und Jakob. Maja ist gleichzeitig mit beiden zusammen. Und die beiden wissen das mit der doppelten Fernbeziehung (Jakob: "Ich will der Einzige sein und das geht nur, wenn ich dir auch die Freiheit lasse, einen zweiten zu haben."). Was Maja hingegen nicht weiß: Die beiden machen via Facebook ein Spiel daraus.

Maja hingegen nutzt Facebook, eine weitere Fantasiewelt neben der ihrer Kreidemöbel, dazu, herauszufinden, was ihre immer wiederkehrenden Träume bedeuten. Dabei helfen ihr Lorenz und Lennart. Sie finden heraus, dass Maja in der Schule eine Außenseiterin war. Und sie finden heraus, dass sie alle Spiele mit der sadistischen Kindheitsfreundin Mona völlig verdrängt hat. Zu Recht.

Und hier kommt auch heraus, warum Maja den Kontakt zu Katrina abbricht. Diese wird von Adrian vergewaltigt – und Maja, die denkt, schon zu einem früheren Zeitpunkt in einer Dreiecksbeziehung gelebt zu haben, stellt fest, dass es ihr nicht anders ging. Schlussendlich stellt sich heraus: Maja ist das Opfer. Sie zieht erneut um, diesmal mit dem Vorsatz, weiterzuspielen – und diesmal richtig zu gewinnen.

Fazit

"Das Kratzen bunter Kreide" ist kein typischer Amelie-Roman – neben dem mädchenhaften "Ein Schuh kommt selten allein" sieht es zum Beispiel gar fehl am Platz aus. Fast wirkt Rebekka Knolls Debüt wie ein Portrait, wie ein französischer Film. Diese Wirkung fesselt und lässt einen auch Tage nach dem Durchlesen nicht mehr los.

Simone Bauer - myFanbase
19.09.2012

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