Bewertung
Oldenburg, Jan

Fantastik AG: Ein Epos aus den Fernen Ländern

"Heldenhaftes Verhalten schien eine Protestveranstaltung gegen den gesunden Menschenverstand zu sein."

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Inhalt

Dem Studienfach Phantastik wird aus Budgetgründen der Todesstoß versetzt. Der letzte Lehrende dieses Fachbereichs, Professor Hieronymus Welk, und sein einziger Student Theodor Welk (nicht verwandt und nicht verschwägert) werden auf die Straße gesetzt. Als der Professor in seinen Unterlagen jedoch eine Karte zu den Fernen Ländern findet, einer sagenumwobenen Welt voller Trolle, Gnome, Kobolde, Feen und anderer Geschöpfe, scheint sich doch noch eine Gelegenheit aufzutun, dem Studienfach Phantastik zu neuen Ehren zu verhelfen. Gemeinsam begeben sich der Professor und Theodor in die Fernen Länder - und müssen feststellen, dass es dort ganz anders zugeht, als es in den überlieferten Chroniken geschrieben steht. Ein legendärer Held entpuppt sich als tollpatschiger, unter maßloser Selbstüberschätzung leidender Spinner, ein ursprünglich 70 Meter großer Riese ist auf 120 Zentimeter geschrumpft und die eigentlich chaotischen Kobolde bilden plötzlich eine gut funktionierende Armee des Schreckens. Schuld an diesen Veränderungen ist die ominöse Fantastik AG, die ihre ganz eigenen Pläne mit den Fernen Ländern und dessen Bewohnern verfolgt. Die Herren Welk sind plötzlich als Retter gefragt.

Kritik

Jeder Leser, der zufällig an einer Universität studiert hat und dazu auch noch zufällig ein geisteswissenschaftliches Fach, wird sich im Verlaufe dieses Romans mehrfach so fühlen, als würde der Autor Jan Oldenburg Insidergags mit ihm teilen. Mir zumindest ging es so. Wenn der völlig im wissenschaftlichen Denken verhaftete Professor Hieronymus Welk seinem Studenten Theodor einen qualifizierten Teilnahmenachweis in Aussicht stellt, sollte dieser gegen einen Drachen kämpfen, ist das für einen Leser, der selbst studiert hat, einfach ein Heidenspass. Dieses skurrile Widererkennungsgefühl stellt sich auch bei den herrlich absurden wissenschaftlichen Publikationen ein, die den Fachbereich Phantastik ausmachen, sowie bei vielen Dialogen zwischen dem Professor und Theodor, die ihr Dozent-Student-Verhältnis bis zum Schluss beibehalten.

Man kann das Studienfach Phantastik und seine beiden letzten Vertreter durchaus als Parodie auf das gesamte Feld der Geisteswissenschaften betrachten. Vielen Geisteswissenschaftlern mangelt es nicht an Bücherwissen, wohl aber an der Fähigkeit, dieses praktisch umzusetzen und sich außerhalb des Universitätsumfeldes zurechtzufinden. Nicht jedes Wissen ist Macht, manches Wissen ist einfach nur nutzlos, zumindest in der freien Wirtschaft. Professor Welk und sein Student Theodor haben sich bisher in der Phantastik versteckt und allzu engen Kontakt mit ihrer Umgebung vermieden, doch nachdem sie aus der Universität wegrationalisiert werden, stolpern sie in ein Abenteuer, das sich nicht so entwickelt, wie es ihrem Wissen entspricht. In den Fernen Ländern ist vieles durcheinander geraten und Schuld daran trägt die dubiose Fantastik AG, die allzu menschliche Konzepte in die Welt der Trolle, Feen und Kobolde bringt: Planwirtschaft, Unterdrückung, Ausbeutung und - als wäre das allein nicht schon schlimm genug - auch noch Reality TV.

Als Leser ahnt man ziemlich früh, was es mit der Fantastik AG auf sich hat, und die gelegentlichen Anspielungen auf Filme wirken etwas zu bemüht und unsubtil, doch das tut dem Unterhaltungswert keinen wirklichen Abbruch. Die meisten Gags funktionieren gut und man hat beim Lesen seinen Spass, besonders, aber nicht nur, als studierter oder noch studierender Geisteswissenschaftler. Das Ende lässt auf eine geplante Fortsetzung schließen, die gerne kommen kann.

Fazit

"Fantastik AG: Ein Epos aus den Fernen Ländern" ist eine unterhaltsame Fantasysatire mit vielen gelungenen Seitenhieben Richtung Geisteswissenschaften.

Maret Hosemann - myFanbase
11.10.2012

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