Bewertung
Nikowitz, Rainer

Volksfest

Nirgendwo ist es so mörderisch wie zu Hause.

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Inhalt

15 Jahre lang hat sich Suchanek so selten wie möglich in seinem niederösterreichischen Heimatkaff Wulzendorf sehen lassen, doch als seine Eltern verreisen und seine wesentlich zuverlässigere Schwester verhindert ist, muss der notorische Faulpelz das Haus und den Hund der Familie hüten. Gleich in der ersten Nacht in heimischen Gefilden wird Suchanek Zeuge einer Brandstiftung, bei der die Frau des Wulzendorfer Feuerwehrhauptmannes ums Leben kommt. Davon, dass Suchanek den Täter gar nicht erkennen konnte, ist in der dörflichen Gerüchteküche keine Rede. Stattdessen wird Suchanek völlig unfreiwillig zum Dreh - und Angelpunkt des mysteriösen Falls und muss selbst Nachforschungen anstellen, um Wulzendorf nicht nur bald, sondern auch lebend wieder verlassen zu können.

Kritik

Dass ich "Volksfest" von Rainer Nikowitz direkt nach Joanne K. Rowlings Bestseller "Ein plötzlicher Todesfall" gelesen habe, war zwar wirklich reiner Zufall, hat mir aber sehr schön die völlig unterschiedliche Art und Weise vor Augen geführt, wie man die Schattenseiten einer Kleinstadt aufdecken kann. "Ein plötzlicher Todesfall" ist ein kalter und schonungsloser Roman über die Sozialpolitik in einem englischen Dorf, während "Volksfest" mit sehr viel trockenem Humor die Geschichte eines österreichischen Kaffs erzählt, das von einem Mörder heimgesucht wird. Beide Romane thematisieren, dass hinter einer idyllischen Fassade so manche Abgründe lauern und in einer scheinbar geschlossenen Gemeinschaft viele Menschen Geheimnisse voreinander haben, sind aber dennoch kaum miteinander vergleichbar. "Volksfest" weckt keine Beklommenheit und setzt sich nicht mit schwierigen Themen auseinander, sondern steckt voller Ironie und macht einfach Spass.

Der Antiheld in Rainer Nikowitzs Roman ist der arbeitslose Wahl-Wiener Suchanek, dessen Vorname wir nicht erfahren. Suchanek steht dazu, eine 33-Jährige Couchkartoffel ohne Ambitionen und Ziele zu sein. Statt zu arbeiten, Hobbys nachzugehen oder eine Frau fürs Leben zu suchen, hängt er lieber untätig herum und kifft. Suchaneks Schwächen werden genüsslich herausgestellt. Er ist, wie er ist, was er weder bestreitet noch beschönigt, und das macht ihn einfach liebenswert. Er wird völlig unfreiwillig von den Ereignissen mitgerissen und muss mehr einstecken und sich mehr anstrengen, als jemals zuvor in seinem Leben, was ihn aber weder in einen Superschnüffler noch allgemein in einen besseren Menschen verwandelt. Auf die Polizei kann er sich kaum verlassen, woran er aber Mitschuld trägt, weil er einfach einen absolut miserablen Zeugen abgibt.

Das Kaff Wulzendorf ist vor allem landwirtschaftlich geprägt. Zu den Traditionen hier zählen die hohe Sterblichkeitsrate durch Autounfälle, die Feindschaft zum etwas größeren Nachbarort Bernhardsau, ein Traditionsfußballspiel zwischen verheirateten und ledigen Männern sowie das Volksfest, bei dem Einnahmen für die Freiwillige Feuerwehr gesammelt werden. Die Eigenheiten von Wulzendorf werden immer wieder für Gags genutzt, sind aber gleichzeitig durchaus ein Schlüssel für die Lösung des Falls. Man sollte also nicht nur über die Details schmunzeln, was mehrfach passiert, sondern so manche davon im Hinterkopf behalten.

Der einzige nennenswerte Schwachpunkt sind die vielen Personenbezeichnungen, bei denen man als Leser schnell etwas durcheinander kommen kann, denn neben ihren eigentlichen Vor - und Nachnamen haben viele der auftretenden Figuren Spitznamen oder werden nach der Hektar-Größe ihres Farmlandes genannt, also zum Beispiel Neuner, Sechser oder Siebzehner. Suchanek aber heißt einfach nur Suchanek.

Fazit

"Volksfest" ist die amüsante Alternative zu beklemmenden Kleinstadtdramen wie "Ein plötzlicher Todesfall".

Zur Rezension von Band 2 "Nachtmahl"

Maret Hosemann - myFanbase
20.11.2012

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