Bewertung
Tusset, Pablo

Oxford 7

Studium im Weltraum.

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Inhalt

In den 2080er Jahren hat sich die Menschheit bis in den Weltraum ausgedehnt. Große Unternehmen und anerkannte Bildungseinrichtungen betreiben eigene Space-Stationen, auf denen die Menschen leben, arbeiten und lernen. Auf der Universitäts-Station Oxford 7 ist jedoch seit einiger Zeit kein geregeltes Leben und Lernen mehr möglich. Die Studenten proben den Aufstand gegen die steigenden Studiengebühren, die strengen Regeln und die permanente Überwachung. Emily Deckart, die verhasste Direktorin von Oxford 7, geht rigoros gegen die rebellierenden Studenten vor, während drei von ihnen - Mam'zelle, BB und Marcuse - heimlich zur Erde reisen, um einen Plan in die Tat umzusetzen, der die Direktorin stürzen soll.

Kritik

Vor allem in der Jugendliteratur sind Dystopien derzeit sehr populär. Diese Science-Fiction-Untergattung erzählt von zukünftigen Gesellschaften, die sich ausgesprochen negativ entwickelt haben und geprägt sind von Überwachung, Ungerechtigkeit und Gewalt. Auf den ersten Blick scheint auch "Oxford 7" eine solche Dystopie zu sein, nur eben für ein erwachseneres Publikum. In den 2080er Jahren, in denen die Handlung spielt, tragen die Menschen Chips unter der Haut, durch die sie ständig überwacht werden. Ihre Aufenthaltsorte, ihr Alkoholspiegel, ihre Telefonate, ihr Cholesterinwert, alles wird dokumentiert und kann gegen sie verwendet werden. Viele Verbote, die auf uns eher eigenwillig wirken, prägen das gesellschaftliche Leben dieser Zeit.

Der erste Eindruck trügt allerdings. "Oxford 7" ist keine klassische Dystopie, in der sich die armen Unterdrückten gegen die bösen Unterdrücker auflehnen und eine epische Auseinandersetzung entfachen. Die Rollen sind hier bei weitem nicht so klar verteilt. Der Autor Pablo Tusset wirft einen viel differenzierteren Blick auf das Prinzip von System und Systemgegner. Nur weil ein System nicht perfekt ist, muss es nicht schlecht sein, und nur weil Systemgegner nominell für eine bessere Welt kämpfen, haben sie nicht zwangsläufig Recht. Das "System" ist grundsätzlich ein sehr abstrakter Begriff, in den mitunter zu viel hineinprojiziert wird.

Die Menschen der 2080er Jahre, besonders die Studenten, besitzen eine starke Affinität zum 20. Jahrhundert und befassen sich mit der Musik und den Filmen dieser Zeit. Gerade das 20. Jahrhundert war bekanntlich geprägt von einer starken Widerstandskultur, was auf die Menschen der 2080er Jahre großen Eindruck macht. Für uns Leser ist es natürlich recht skurril, wie die Kultur des 20. Jahrhunderts von den Menschen der Zukunft, die technisch viel weiter sind, wahrgenommen und sogar wissenschaftlich analysiert wird. Auf Oxford 7 gibt es unter anderem ein Institut für Präcomputer-Heavy-Metal. Wer von uns würde dieses Studienfach nicht sofort belegen?

Obwohl "Oxford 7" sich mit interessanten Ideen befasst und dabei aus dem bekannten Dystopie-Schema ausbricht, konnte der Roman meine Erwartungen nicht ganz erfüllen. Über weitere Strecken mangelt es der Handlung an Spannung und Innenleben. Die Charaktere bleiben dem Leser bis zum Schluss sehr fremd, so dass man einige von ihnen gedanklich kaum auseinanderhalten kann. Dies gilt besonders für die drei Studenten Mam'zelle, BB und Marcuse. Der Humor bleibt leider auch oberflächlicher als erhofft. Aus einigen Ideen hätten sich ganz einfach mehr Ironie und Tempo herausholen lassen.

Fazit

"Oxford 7" ist ein etwas anderer Zukunftsroman, der interessant wirkt, aber nicht richtig zündet.

Maret Hosemann - myFanbase
30.05.2013

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