Bewertung
Charbonneau, Joelle

Die Auslese: Nur die Besten überleben

"Es ist Zeit heimzukehren und meiner Familie zu eröffnen, dass ich morgen früh das Haus verlassen und nie mehr wiederkommen werde."

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Inhalt

Nach den sieben Stadien des Krieges hat sich die Welt radikal verändert. Der Boden ist größtenteils fruchtlos, das Wasser kontaminiert und die fortbestehende Menschheit in einzelnen Kolonien untergebracht. Nur die Besten schaffen es schließlich an die Universität, um zu starken Führungspersönlichkeiten ausgebildet zu werden und dem Vereinigten Commonwealth bei der Heilung des Landes zu dienen. Um an der Universität aufgenommen zu werden, muss man sich allerdings für die alljährliche Auslese qualifizieren und infolgedessen eine komplizierte Reihe von Tests bestehen. Nichts sehnlicher wünscht sie die sechszehnjährige Cia. Nach ihrem Vater wäre sie die erste in der Großfamilie, die es zu dem komplizierten Aufnahmeverfahren nach Tosu-Stadt schaffen würde. Als sich Cias Traum endlich erfüllt, schmeckt die Realität jedoch bitter. Denn plötzlich liegt das Ziel nicht mehr darin, die gefährlichen Tests zu bestehen, sondern zu überleben.

Kritik

Schlägt ein (phantastischer) Jugendroman ein wie eine Bombe, lässt eine Verfilmung oftmals nicht lange auf sich warten. Ein Trend, der scheinbar nicht abreißen will und aktuell besonders im Genre der Dystopien ins Auge sticht. So darf man sich in Zukunft wohl auf Verfilmungen von "Die Bestimmung", "Legend: Fallender Himmel" sowie "Die Auswahl. Cassia & Ky" freuen. Nicht zu vergessen die Fortsetzungen der "Tribute von Panem"-Trilogie mit Jennifer Lawrence in der Hauptrolle. Dieser Aufzählung könnte demnächst Joelle Charbonneuas "The Testing"-Trilogie hinzugefügt werden. Hierzulande geht dies Buchreihe unter dem Titel "Die Auslese: Nur die Besten überleben" an den Start.

Nimmt man das Grundgerüst einmal genauer unter die Lupe, stellt man fest: "Die Auslese" verbindet mit den oben genannten Genrekollegen so einiges. Allen voran mit Suzanne Collins Bestsellertrilogie um die toughe Katniss Everdeen. Ein Déjà-vu-Erlebnis hier und da verwundert also kaum. So werden die Prüflinge nach der Halbzeit beispielsweise mit einem futuristischen Gleiter in ein gefährliches Areal verfrachtet und somit das bekannte Spiel um Jäger und Gejagte eingeleitet.

Im Gegensatz zu Katniss weiß die sechszehnjährige Cia eingangs allerdings nicht, was da genau auf sie zukommt. Eigentlich will sie nur an die Universität, um die durch Kriege geschwächte Welt zu verbessern und eine erstklassige Ausbildung zu genießen. Dazu jedoch muss sie erst einmal für die ersehnte Auslese erwählt werden und diese schließlich bestehen. Leichter gesagt, als getan. Nicht nur psychisch gehen die opferreichen Prüfungen ordentlich ans Wutbarometer, auch körperlich wird den Kandidaten, die aus ganz unterschiedlichen Kolonien auserkoren wurden, ebenfalls einiges abverlangt. Die Uni hat eben nicht Platz für jeden. Ergo wurde eine ganz spezielle Methode entwickelt, die Spreu frühzeitig vom Weizen zu trennen. Das alles wird jedoch in einer recht erträglichen Weise erzählt. Charbonneau setzt in tödlichen Momenten vermehrt auf blutsparende Spannung, geht demgemäß nicht allzu detailliert zu Werke und weiß trotzdem zu erschüttern, wenn eine Wunde ausgebrannt werden muss oder die ersten Geier am Himmel kreisen.

Mit Cia bekommt man eine couragierte, intelligente und feinfühlige Ich-Erzählerin zur Seite gestellt, der man gerne die Daumen drückt. Sie greift instinktiv zur Waffe und ist bereit sich und ihre Freunde zu verteidigen, wenn es hart auf hart kommt. So mancher Kontrahent verfolgt allerdings erbarmungslos sein Ziel, daher kann man nie wissen, wer Freund oder Feind ist. Dabei durchlebt Cia verstörende Momente, die sie gegenüber den Prüfern nur selten durchblicken lassen kann. Das ist spannend und macht "Die Auslese" zu einem waschechten Pageturner. Dennoch bleibt genügend Raum zum Durchatmen und dem Erkunden der geschickt eingewobenen Hintergrundinformationen rund um die sieben Stadien des Krieges und die Entstehung des Vereinigten Commonwealth.

Leider formt Charbonneau aus ihrer Heldin dann allmählich eine Art überintelligente Wonderwoman, die jede noch so ausgeklügelte Falle durchschaut und scheinbar alles mühelos wuppen kann. Es reicht eine kleine Erinnerung oder ein ähnlich durchlebtes Gefühl und schon weiß Cia, wo der Hund begraben liegt. Scheitern tut sie äußerst selten und wenn, dann weiß sie sich letztlich doch selbst zu helfen. Erfreulicherweise hat sie schlussendlich aber doch noch eine empfindsame Achillesverse vorzuweisen, die sich auf den letzten Seiten offenbart und für einen kleinen Aha-Effekt sorgt, über den man allerdings – aus Logikgründen – nicht genauer nachdenken sollte. Nichtsdestotrotz hätte ihr eine weniger perfekte Persönlichkeit weitaus besser gestanden.

Mit Cia mitzuhalten ist nicht leicht und das macht sich wiederum bei den Mitstreitern bemerkbar, allen voran bei ihrem Love Interest Tomas. Dieser hinterlässt mit seinem ausgeprägten Beschützerinstinkt und seiner verständnisvollen Art á la "In der Ruhe liegt die Kraft" einen durchaus sympatischen Eindruck, wirkt aber vergleichsweise blass und ahnungslos. Darunter leidet die zarte Liebesbande, die nicht unbedingt notwendig gewesen wäre. Eine moderne Anti-Utopie scheint ohne Schmetterlinge im Bauch wohl nicht auszukommen. Einen Versuch wäre es allerdings mal wert.

Interessant ist wiederum die Tatsache, dass auch Tomas nicht alles von sich preisgibt und ein Geheimnis mit sich rumträgt, das bis zum Ende nicht komplett enthüllt wird. Diese und weitere Andeutungen auf eine Rebellion machen neugierig auf den Folgeband "Independent Study", der im Original für Januar 2014 geplant ist.

Fazit

Fans von tödlichen Zukunftsvisionen mit einer zarten Liebesgeschichte im Gepäck, dürften mit diesem Trilogieauftakt sicherlich liebäugeln. "Die Auslese" weiß vielleicht nicht an allen Ecken und Enden zu überraschen - der Vergleich mit "Die Tribute von Panem" & Co. kommt nicht von ungefähr -, sorgt aber für aufreibende Lesestunden und lässt reichlich Potential für die Fortsetzungen erahnen.

Doreen B. - myFanbase
12.09.2013

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