Bewertung
Broicher, Alexander

Fakebook

"Virtuelle Facebook-Freunde waren eine bessere Schwanzverlängerung als ein realer Porsche."

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Inhalt

Der 27-Jährige Food-Designer Frieder ist ein Außenseiter. Er hat keine Freunde, seine Kollegen blicken auf ihn herab und seine Ex-Freundin gibt ihm zu verstehen, dass sie ihn für einen erbärmlichen Langweiler hält. Als Frieder auch noch erfährt, dass es um seine Gesundheit nicht gut bestellt ist und sein Job am seidenen Faden hängt, beschließt er etwas zu tun, was seine Welt verändert: er erschafft auf Facebook einen Charakter namens Rocco, einen selbstbewussten, reichen Trendsetter, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Tatsächlich entwickelt sich Rocco innerhalb kürzester Zeit zum Facebook-Star mit mehr Freunden und Likes, als Frieder jemals zu träumen gewagt hätte. Doch bald droht Frieder, die Kontrolle über seine Schöpfung zu verlieren. Rocco entwickelt ein Eigenleben und schreckt vor nichts zurück, um Frieder zu helfen, Erfolg im Beruf und in der Liebe zu haben.

Kritik

In diesem Jahr (2014) feiert Facebook seinen zehnjährigen Geburtstag. Egal, wie man persönlich zu Facebook steht, muss man anerkennen, dass diese Plattform das Internet revolutioniert und die Tür zu einer ganz neuen Form von Kommunikation und Selbstverwirklichung geöffnet hat. Jeder kann sich jetzt jedem jederzeit mitteilen, sich mit der ganzen Welt vernetzen und am Leben von Millionen von Menschen teilhaben, ohne auch nur das Haus zu verlassen. Entweder ist man heutzutage bei Facebook, oder man ist es ganz bewusst nicht, weil man es ablehnt, nicht etwa, weil man Facebook nicht kennt.

Es versteht sich fast von selbst, dass Facebook über die Jahre auch Einfluss auf die Kunst genommen hat und sowohl in filmischen als auch in literarischen Werken thematisiert wird. "Fakebook" von Alexander Broicher ist eine deutsche Auseinandersetzung mit Facebook und könnte auch als eine moderne, sehr vereinfachte Mischung aus George Orwells "1984" und dem Kultfilm "Fight Club" bezeichnet werden.

Die Hauptfigur der Handlung, Frieder, ist ein sozial unterentwickelter Zeitgenosse, der weder im realen Leben noch Online beachtet wird. Als Food-Designer eines großen Unternehmens namens Tastemaker arbeitet er in einer sehr künstlichen Umgebung. Es ist nicht das Anliegen von Tastemaker, Produkte herzustellen, die gesund sind und die der Mensch zum Leben braucht. Die Firma konzentriert sich stattdessen darauf, Nahrung zu kreieren, die sich möglichst billig umsetzen lässt, die schnell verzehrfertig ist und die hip rüberkommt. Dafür wird jede Menge Chemie verwendet. Es ist am Ende reales Essen, das man sehen, anfassen und schmecken kann, aber nichts daran ist wirklich echt. Die Parallelen zu Sozialen Netzwerken liegen auf der Hand.

Um endlich gesellschaftliche Anerkennung zu erfahren, erschafft Frieder den fiktiven Facebook-Nutzer Rocco, den all das auszeichnet, was seinem Schöpfer fehlt: Selbstbewusstsein, Popularität und Entschlussfreudigkeit. Rocco ist Frieders stärkeres, erfolgreicheres, aber auch egoistischeres und skrupelloseres Alter Ego, das ein Eigenleben entwickelt, weil viele Leute glauben, dass Rocco wirklich existiert.

"Fakebook" bietet durchaus gute Ideen und ist kurzweilig zu lesen, stellt sich aber alles in allem viel harmloser dar, als zum Beispiel das Cover suggeriert. Broichers Roman ist keine harte, tiefer gehende Satire, die schockt oder mitreißt. Es passiert zu wenig und die Ereignisse sind nicht ausgeklügelt genug, als das man von einer schonungslosen Satire sprechen könnte.

Ob sich jeder Facebook-Nutzer oder Facebook-Kritiker wirklich mit der Darstellung der Plattform in diesem Roman identifizieren kann, steht auch auf einem anderen Blatt. Mir persönlich ging Roccos Aufstieg zum Facebook-Star zu schnell und zu einfach, meiner Erfahrung nach sind die meisten User in Sozialen Netzwerken dann doch etwas skeptischer und glauben nicht sofort jedem, der mit betont coolen Plattitüden um sich wirft und von sich behauptet, reich zu sein und Promis persönlich zu kennen.

Fazit

Like oder Dislike? Weder noch. "Fakebook" ist kurzweilig, aber bei weitem nicht die beste Satire über das Internet und die Neuen Medien, die es gibt.

Maret Hosemann - myFanbase
06.02.2014

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