Erwin, Mord & Ente
"Erwin Düseldieker war innerlich Tag für Tag gewachsen, weil er nach außen klein bleiben konnte".
Inhalt
Der fast 60-Jährige Erwin Düseldieker lebt in dem beschaulichen Ort Bramschebeck in der ehemaligen Polizeiwache, die sein Vater geführt hat. Erwin selbst ist kein Polizist, obwohl er fast nie ohne Polizeimütze aus dem Haus geht. Die meisten Bewohner von Bramschebeck halten Erwin für einen Trottel und behandeln ihn wie ein Kind, doch in Erwin steckt viel mehr, als es auf den ersten Blick scheint. Er ist zwar in vielen Dingen weltfremd, besitzt aber dennoch Intelligenz und Fantasie. Beides ist gefragt, als in Bramschebeck Menschenknochen entdeckt werden, zusammen mit alten Handschellen und Fetzen eines Buches. Erwin nimmt heimlich die Ermittlungen auf, unterstützt von seinem treuen Haustier, der cleveren Laufente Lothar.
Kritik
Die Kriminalunterhaltung kennt einige Ermittler, die ihre Genialität hinter vorgetäuschter Schusseligkeit verstecken (z.B. Columbo), oder die wegen diverser Macken unterschätzt werden (Beispiel Monk), aber Erwin Düseldieker, der Protagonist dieses ostwestfälischen Kriminalromans, ist noch einmal eine andere Hausnummer. Erwin ist kein Polizist und war auch nie einer. Er ist ein zurückgezogen lebender Frührentner, der nie richtig gearbeitet hat, weder Fernseher noch Computer besitzt, kein Auto fahren kann und nie außerhalb der heimischen Provinz war. Schon sein ganzen Leben lang gilt er als zurückgeblieben, hat den Status des Dorftrottels und wird immer noch wie ein Kind behandelt, obwohl er auf die 60 Jahre zugeht.
Erwin ist aber nicht so dumm, wie ihn alle sehen und wie er auch gesehen werden will, um seine Ruhe zu haben. Die alte Polizeimütze, mit der er immer herumläuft, so als würde er seinem Vater nacheifern, ist seine Narrenkappe, die ihm eine Form von Narrenfreiheit gewährt. Niemand erwartet etwas von ihm. Hinter verschlossenen Türen liest Erwin sehr viel, unter anderem Dante und Homer, und gewinnt so einen ganz eigenen Zugang zur Welt. Erwin denkt in Bildern, in Metaphern und Vergleichen. Er kann sich nicht gut artikulieren und hat zum Beispiel überhaupt keine Ahnung, was ein IPhone ist (dass er für "Eifoon" hält), aber er ist vertraut mit Philosophie, Kunst und klassischer Literatur. Durch ihn eine Mordermittlung zu erleben, ganz ohne Wissenschaft und Technik, dafür aber mit Durchstöbern uralter, vergessener Akten, Erforschung von Grabsteinen und Wanderungen durch Wälder und Höhlen, hat schon einen ganz eigenen, altmodischen Reiz, der dem modernen Verständnis von der Welt widerspricht.
Erwins Mangel an praktischen Fähigkeiten wird durch seinen Partner Lothar ausgeglichen, der Beweisstücke findet und Erwin vor Gefahren warnt. Lothar ist allerdings kein Mensch oder Spürhund, sondern eine Laufente, von Erwin auch als "Ermittlerente" bezeichnet. Mit einer Ente als ständigem Begleiter wirkt Erwin auf sein Umfeld natürlich noch seltsamer und auch für den Leser ist es eine eigenwillige Erfahrung, dass einer Ente Fähigkeiten zugesprochen werden, die man sonst nur Hunden zuschreibt. Erwin empfindet viel Zuneigung und Vertrauen für seine Ente, die er schon fast als ein heiliges Tier betrachtet, das ihn versteht und ihm den Weg weist. Mit seinem einzigen menschlichen Kumpel Arno, dem Trunkenbold des Ortes, wechselt Erwin nur wenige, nichtssagende Worte. Beide Männer stehen, was ihre Kommunikationsfähigkeit angeht, auf der gleiche, sehr tiefen Stufe.
Was den Wortschatz betrifft, den man benötigt, um "Erwin, Mord & Ente" zu beschreiben, darf neben 'seltsam', 'altmodisch' und 'eigenwillig' der Ausdruck 'absurd' keinesfalls fehlen. Dieser Kriminalroman steckt nicht nur wegen seiner Ermittler voller Absurditäten, auch der Fall an sich ist sehr skurril und wird zum Ende hin immer skurriler. Die Auflösung ist beinahe schon zu absurd und übertrieben. Fans von klassischen Krimis dürften sich sicherlich schwer damit tun, Gefallen an "Erwin, Mord & Ente" zu finden, man muss schon eine gewisse Neigung zum Eigenwilligen haben.
Fazit
Ein belesener Dorftrottel und seine Ente lösen einen skurrilen Mordfall. Das ist kein Krimi wie jeder andere, aber lesenswert für jeden, der es auch mal ein bisschen seltsam mag.
Maret Hosemann - myFanbase
10.02.2014
Diskussion zu diesem Buch
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (DE): 14.10.2013Verlag: Heyne
ISBN: 3453411528
Anzahl Seiten: 304
Genre: Krimi, Humor
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