Bewertung
Mayer, Berni

Der große Mandel

In der Provinz hört dich niemand schreien.

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Inhalt

Da sie ihr Detektivbüro mangels Aufträge schließen mussten, sehen sich Max Mandel und Sigi Singer kaum noch. Um dies zu ändern, bucht Sigi für beide einen Wrestling-Kurs bei Walter Wylde, einem deutschen Wrestler, der kleinere Erfolge in den USA verbuchen konnte. Besagter Walter hat prompt einen Fall für die beiden Ermittler und Ex-Musikjournalisten: einer seiner Wrestler wird erpresst. Mandel und Sigi sollen den Täter entlarven und gehen dafür mit der kleinen Wrestling-Liga auf eine ungemütliche Tour durch die deutsche Provinz. Während Mandel im Ring zum Kultcharakter avanciert, erntet Sigi vor allem Spott und Prügel. Die Freundschaft der beiden Männer stößt zwischen lauter Intrigen, Eitelkeiten und albernen Showeinlagen zunehmend an ihre Grenzen.

Kritik

Vom deutschen Pop-Mainstream über den norwegischen Black Metal zum ... Provinz-Wrestling!? Der dritte Roman um die beiden Detektive Max Mandel und Sigi Singer, die früher ihr Geld als Musikjournalisten verdienten, spielt anders als die beiden Vorgänger "Mandels Büro" und "Black Mandel" nicht in der Musikwelt, sondern in einer ganz anderen Showbusiness-Szene, was mich zunächst sehr überrascht hat. Das Wrestling, halb Sport und halb B-Movie, bedient sich aber durchaus der Macht der Musik, wie Berni Mayer in einigen Momenten des Romans gut herausstellt.

Mandel und Sigi sind diesmal einem Erpresser auf der Spur, der damit droht, den deutsch-türkischen Star der Wrestling-Liga als homosexuell zu outen. Im Kern ist dieser Fall weniger spannend als die beiden vorherigen und wird auch erst ziemlich spät in der Handlung eingeläutet, dennoch bin ich geneigt zu behaupten, dass "Der große Mandel" auch der bisher beste Mandel ist. Das Eintauchen in die Wrestling-Szene und die damit einhergehende Reise durch die öde Provinz ist ein skurriles Vergnügen, bei dem der Leser viele tragisch-komische Augenblicke erlebt. Berni Mayers trockener und treffender Humor verfehlt seine Wirkung nicht.

Ich muss gestehen, dass ich in einer kurzen Phase meiner Kindheit auch dem Wrestling, das wir damals gemeinhin "Catchen" nannten, verfallen war, auch oder gerade weil ich damals viel zu jung dafür war und nur die Hälfte verstanden habe. Ingesamt erfreute sich dieser Show-Sport in den 1990er Jahren einer gewissen Popularität in Deutschland, die aber wieder abflachte, zumal sie sich ohnehin nur auf die fernen US-Stars konzentrierte. Die deutsche Wrestling-Szene, die wir in diesem Roman kennen lernen, ist ein Randphänomen, das wenig Glanz versprüht. Die Liga, mit der Mandel und Sigi unterwegs sind, tritt in kleinen Städten auf und muss viel improvisieren, da kein Geld für Bequemlichkeit zur Verfügung steht. Jeder Wrestler spielt im Ring einen extrem klischeehaften Charakter, den die Zuschauer entweder mögen oder hassen sollen. Die Beeinflussung der Zuschauer erfolgt durch ebenso durchschaubare wie effektive Tricks. Letztlich will das zahlende Publikum jemanden bejubeln und jemand anderen ausbuhen und beschimpfen können. Dies ist spiegelbildlich für die Beziehung zwischen Mandel und Sigi. Ersterer ist immer derjenige, der von allen Seiten Respekt und Sympathie erntet, egal wo und wann, während Sigi zumeist das genaue Gegenteil bekommt, oder einfach übersehen wird.

Die Kombination aus einem dominanten Charakter, der stets im Mittelpunkt steht, und seinem Sidekick ist bekannt und bewährt in Film, Fernsehen und Literatur. Es gibt aber derzeit wenige andere Geschichten, die einen so pointierten Blick auf die widersprüchliche Beziehung zwischen "Star" und "Wasserträger" wirft, wie es die "Mandel"-Romanreihe tut. Besonders in diesem dritten Band spitzt sich das Verhältnis zwischen den beiden Männern zu und gipfelt in einem richtigen Showdown.

Fazit

Der beste Mandel. Berni Mayers dritter Roman über Max Mandel und Sigi Singer ist ein lesenswerter Kriminalroman, der weniger durch den Kriminalfall an sich, als mit dem Drumherum überzeugt.

Maret Hosemann - myFanbase
25.07.2014

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