Bewertung
Dunham, Lena

Not That Kind of Girl: Was ich im Leben so gelernt habe

"I hate myself. My hair, my face, the curve of my stomach. I cover up this hatred with a kind of aggressive self-acceptance."

Foto: Copyright: S. Fischer Verlag GmbH
© S. Fischer Verlag GmbH

Inhalt

In ihrem ersten eigenen Buch gewährt die 28-jährige New Yorkerin Lena Dunham, Serienschöpferin und Hauptdarstellerin der HBO-Comedy "Girls", einen sehr persönlichen Einblick in die mitunter schwierigen Jahre des Erwachsenwerdens. Anhand einer Reihe von autobiographischen Anekdoten schildert sie ihren Weg hin zur Selbstfindung und -akzeptanz, berichtet von prägenden sexuellen Erfahrungen und legt ihre Ansichten zu zentralen Themen wie Liebe, Freundschaft und Familie dar. Dabei ist es kein Zufall, dass zumindest im englischen Originalzusatz zum Buchtitel - A Young Woman Tells You What She's "Learned" - der Lernaspekt in Anführungszeichen steht. Denn als Lebensratgeber für Teens und Twens ist das Erstlingswerk Dunhams wahrlich nicht zu verstehen, wie die Autorin auch in Interviews immer wieder betont.

Kritik

Tina Fey ("30 Rock") und Mindy Kaling ("The Office", "The Mindy Project") hatten es vorgemacht, Amy Poehler ("Parks and Recreation") zog nach, und auch "Girls"-Mastermind Lena Dunham ist mittlerweile auf den Zug aufgesprungen: Unter den populären Comediennes der amerikanischen Serienlandschaft gehört es neuerdings offensichtlich zum guten Ton, die bisherigen Lebens- und Berufserfahrungen in Buchform zu publizieren. Wie sich anhand der jeweiligen Serienzugehörigkeit bereits erahnen lässt, ist Dunhams Beitrag zu diesem Thema ohne jeden Zweifel der kontroverseste. Demnach wird "Not That Kind of Girl", ähnlich wie "Girls", die Leserschaft unweigerlich in zwei Lager spalten und all jene, die schon an der zentralen Serienfigur Hannah Horvath die mangelnde Sympathie und das geringe Identifikationspotenzial beklagt haben, eher skeptisch zurücklassen. Parallelen zwischen der Protagonistin der HBO-Comedy und ihrer Schöpferin gibt es nämlich zur Genüge, wie sich nun schwarz auf weiß nachlesen lässt.

Obwohl es für den ein oder anderen Zuschauer nur schwer vorstellbar sein mag, entspringen viele der in "Girls" gezeigten Handlungsstränge nicht der blühenden Phantasie einer zugegebenermaßen privilegiert aufgewachsenen New Yorkerin, sondern basieren auf ihren eigenen, teils wenig beneidenswerten Erlebnissen. Insbesondere die jungen Jahre als Mitglied eines liberalen Künstlerhaushalts und die Zeit am Oberlin College, das bekanntermaßen nur so strotzt vor Freigeistern bzw. alternativen Lebensformen, haben bei Dunham deutliche Spuren hinterlassen und prägen demzufolge auch ihr kreatives Schaffen. Aber auch ganz Persönliches - darunter so manch ungewöhnliche Episode aus dem Schlafzimmer oder Probleme mit Zwangsstörungen - gibt es in "Not That Kind of Girl" nachzulesen, und das in einer mitunter überraschenden Offen- und Ungeniertheit. Nicht allen wird dieser fast schon voyeuristische Einblick in Dunhams Privatleben gefallen, und einige wittern in diesem Zusammenhang gewiss Effekthascherei. Gleichzeitig wird es aber auch Leser geben, denen das Buch dabei hilft, das junge Multitalent als Person besser zu verstehen und einige "Girls"-Storylines anders, und zwar unerwartet authentisch einzustufen.

Rein handwerklich macht Lena Dunham in ihrem erstem Buch vieles richtig. Vor allem der trocken-bissige Humor, der zwischendurch immer wieder aufblitzt und stark an den Erzählton von "Girls" erinnert, darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Ein klein wenig anstrengend wirkt auf Dauer hingegen der Tagebuchstil, in dem ein Großteil der Geschichten verfasst ist. Nicht selten sehnt man auf dem Leseweg durch die diversen, übergangslos aneinandergereihten Anekdoten einen etwas weniger sprunghaften Aufbau herbei. Viel zu kurz kommen darüber hinaus die Momente, in denen Dunham die konventionellen Erlebnisberichtpfade verlässt und in kreativere Schreibgefilde vordringt. Und ja, es gibt zwischendurch auch immer wieder Abschnitte wie beispielsweise die Schilderungen vom Sommercamp, die vergleichsweise spannungsarm und langatmig daherkommen. Kurzum: In Hinblick auf ein mögliches Nachfolgewerk besteht zweifellos Luft nach oben. An grundsätzlichen Fähigkeiten als Autorin mangelt es Lena Dunham aber keinesfalls.

Fazit

Wer mit "Girls" wenig bis gar nichts anzufangen weiß, sollte wohl auch von Lena Dunhams Buch besser die Finger lassen. Allen anderen ermöglicht "Not That Kind of Girl" einen nicht unspannenden Einblick in den bisherigen Lebensweg eines eher ungewöhnlichen Nachwuchstalents, das nicht davor zurückscheut, anzuecken - so auch mit diesem Werk.

Willi S. - myFanbase
27.11.2014

Diskussion zu diesem Buch