Bewertung
Kretschmer, Guido Maria

Eine Bluse macht noch keinen Sommer

"Wir sollten finden und gefunden werden, sollten uns einlassen und weglassen, sollten die Arme für Neues öffnen und uns verschließen, um zu schützen, was uns wichtig ist." - Guido Maria Kretschmer

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Inhalt

Mal traurig, mal philosophisch, immer lustig: Niemand liebt Mode – und Frauen! – so sehr wie Guido Maria Kretschmer, der ein zweites Buch mit Anekdoten sowie Tipps und Tricks aus dem Leben eines erfahrenen Modedesigners und seiner Kund(inn)en gefüllt hat.

Kritik

Ein Jahr nach seinem Erstling "Anziehungskraft" veröffentlicht Designer Guido Maria Kretschmer "Eine Bluse macht noch keinen Sommer" mit noch mehr Seiten als beim letzten Mal – noch mehr Illustrationen, noch mehr Geschichten.

Die Geschichten sind es ja auch, die seine Sendung "Shopping Queen" so besonders machen. Wenn die Damen beispielsweise von außergewöhnlichen Hochzeiten erzählen oder man ihre Eigenheiten miterleben darf, kommentiert von Guidos flinkem Mundwerk. So findet man auch in "Eine Bluse macht noch keinen Sommer" Bräute in rot nebst Frauen ohne BH, dafür aber mit Riesenbrüsten (passenderweise macht Guido Werbung für einen BH-Hersteller).

Seine Wortwahl ist dabei stets Balsam für die durch knappe WhatsApp-Nachrichten geschundene Seele ("wenn die kleine Seele in einer großen stämmigen Frau ein Zuhause gefunden hat"). Dabei behält er aber stets einen Plauderton, als säße man gerade zusammen in einem Café. Zwar kommt er dabei leider auch mal vom Hundertsten ins Tausendste, findet aber doch immer wieder zurück, wie zu einem Herren, der gerne Kleider tragen wollte, und dem sein Laden Schutzraum gab.

Selbst wenn er die etwas unbehaglicheren Anekdoten auspackt oder gegen die Farbe Beige vorgeht, bleibt er doch immer charmant ("Er konnte ja so wahnsinnig, ja, ich muss es sagen, blöd glotzen."). Sein Fachwissen beweist er mit Handwerklichem (wer hätte auch ahnen können, wie viele Unterschiede es bei Blusen gibt!) und Geschichtlichen (wieder was gelernt: Die Schotten trugen im 14. Jahrhundert Leggings!). In diesen Teilen sind die Kenntnisse seiner ersten Stilkunde günstig, die frischt er im zweiten Buch nämlich nicht noch mal auf.

Zudem erklärt er Layering und Ethnolooks, bringt LGBT-Fahrgemeinschaften mit Dirndl in Verbindung und erzählt eine Chaosstory zum fernöstlichen Äquivalent, dem Sari. Seine Liebe zu Indien und seine Bhagwan-Vergleiche kennt der geschulte "Shopping Queen"-Fan, doch dass tatsächlich eine Hippiedame ihn dazu brachte, dass er das "Shopping Queen"-Angebot damals zusagte, noch nicht.

Eine Beziehung, die zu Tränen rührt, ist im Übrigen die zu Luise, der "Eine Bluse macht noch keinen Sommer" gewidmet ist. Hierbei handelt es sich um eine Fanbrieffreundschaft – Guido versprach Luise ein Abiballkleid (Guido erklärt dem Leser geduldig, dass dieser Eventkult eigentlich eine US-Tradition ist, aber der "Promwahn" ist eben zu schön, um ihn nicht zu übernehmen), wenn sie die Chemo überstünde. Sie trug es tragischerweise nur liegend im Krankenhaus, die Veröffentlichung dieses Buchs und ihrer Geschichte hat sie nicht mehr erlebt.

Fazit

Nicht nur die Skizzen des Designers sind wunderschön, auch die Geschichten und vor allem die vorgeschlagenen Outfits. Natürlich liegen viele bei der Kleiderwahl daneben und umso köstlicher ist das Lesen, doch Guido ist selbst dann nicht böse, wenn er über garstige Kunden schreibt. Dazu erklärt der herzensgute Mensch zum Beispiel, welcher Figur ein Kostüm am besten passt und schmückt dies mit allerlei erheiternden Details. Manchmal wäre weniger zwar mehr gewesen, aber so gilt wie in der Mode als auch in der Literatur: "Wer's tragen kann…".

Simone Bauer - myFanbase
08.02.2015

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