Bewertung
Lind, Hera

Der Mann, der wirklich liebte

"Glaube, Liebe, Hoffnung."

Foto: Copyright: Verlagsgruppe Random House GmbH
© Verlagsgruppe Random House GmbH

Inhalt

Als Michael Röhrdanz sich am Morgen von seiner Frau Angela verabschiedet, um auf die Arbeit zu gehen, scheint es zunächst ein ganz normaler Tag zu sein. Auch als seine Frau Angela ihn einige Stunden später anruft, da ihr Arm schmerzt und sie sich auf den Weg zum Orthopäden macht, ist Röhrdanz nicht besorgt. Als er jedoch mitansehen muss, wie seine Geliebte, die zudem im dritten Monat schwanger ist, mit Blaulicht in die Notaufnahme gefahren wird, unfähig, sich zu bewegen und auf seine Worte zu reagieren, gerät er in Panik. Die Diagnose ergibt, dass Angela an einer seltenen neurologischen Krankheit leidet, die verhindert, dass sie sich bewegen kann, während ihr Gehirn noch voll funktionsfähig ist. Sie liegt im Sterben, doch Röhrdanz denkt nicht daran, sie aufzugeben.

Kritik

Bücher, die auf wahren Begebenheiten beruhen, sind etwas Besonderes, denn was man darin zu lesen bekommt, ist nicht nur dem Kopf eines kreativen Menschen entsprungen, sondern es ist echt. Im Fall von "Der Mann, der wirklich liebte", ist es sogar so, dass es eigentlich jedem von uns widerfahren könnte. Vielleicht wäre es bei uns nicht die Ehefrau, sondern die Mutter oder die beste Freundin, vielleicht auch nur ein weiter Bekannter – in jedem Fall macht die Tatsache, dass die Geschichte real ist, den Gedanken an das eigene Leben sehr präsent und man stellt sich des Öfteren die Frage, wie man selbst mit der schwierigen Situation umgehen würde, die in diesem Buch thematisiert wird.

Von Beginn an wird deutlich, dass Röhrdanz seine Frau über alles liebt, weswegen es auch kein Wunder ist, dass er sie trotz der aussichtslosen Lage nicht aufgibt, getreu dem Motto "Die Hoffnung stirbt zuletzt". Und das ist auch eindeutig die Botschaft des Buches. Die unaufhaltsame Liebe bedeutet keinesfalls, dass alles in ihrer Beziehung perfekt ist. Immerhin ist Röhrdanz 16 Jahre älter, hat bereits zwei Kinder aus seiner vorherigen Ehe mit in die Beziehung gebracht und auch der überraschende Tod von Angelas Vater belastet die Familie.

Erschreckend ist das Verhalten der Menschen, als Röhrdanz versucht herauszufinden, was überhaupt vor sich geht. Angefangen bei dem unsympathischen Orthopäden, der lieber Mittagessen geht, als sich um seine kollabierende Patientin zu kümmern, über das wenig hilfsbereite Krankenhauspersonal, das lieber Fragen stellt, als welche zu beantworten, den Pfarrer, der bereits von der Beerdigung spricht, obwohl Angela noch gar nicht verstorben ist, bis hin zu dem arroganten Oberarzt, der bereits nach wenigen Stunden die Hoffnung aufgegeben hat und Herr Röhrdanz für verrückt hält, als dieser nicht sofort die lebenserhaltenden Geräte seiner Frau abschalten möchte. Ob dies tatsächlich alles so vorgefallen ist, sei zu bezweifeln und ob einige Charaktere hier nicht überzeichnet wurden, ist durchaus eine berechtigte Frage. Dennoch bringen diese gesellschaftskritischen Passagen im Buch einen durchaus zum Nachdenken. So auch, als Röhrdanz von seinen Nachbarn spricht ("Alle waren neugierig und wollten wissen, was passiert war. Alle redeten davon, helfen zu wollen. Aber niemand half.") und man sich fragt, wie man selbst in der Situation reagieren würde.

Trotz der tragischen Ausgangslage herrscht in dem Buch aber nicht permanent eine traurige Grundstimmung. Es gibt einige Momente, die einen zum Schmunzeln bringen, so etwa, als die noch junge Denise ihrem Vater erklärt, wofür man einen Schneebesen benutzt und ihm anschließend demonstriert, wie man ein schreiendes Kleinkind zum Schweigen bringt.

Schwach dargestellt ist das Kennenlernen von Michael und Angela. Es ist wenig nachvollziehbar, wieso ausgerechnet zwischen den beiden vom Moment ihres ersten Aufeinandertreffens die Funken sprühen. Bereits an dieser Stelle wird versucht zu verdeutlichen, wie stark die Liebe ist, die Röhrdanz für seine Frau empfindet. Schon damals hat ihn nichts davon abgehalten, sie uneingeschränkt zu lieben, auch nicht die Vernunft, die ihm eigentlich hätte sagen sollen, dass es problematisch ist, mit der über ein Jahrzehnt jüngeren Auszubildenden aus dem eigenen Unternehmen eine Beziehung einzugehen. Die Geschichte von Michael und Angela wirkt schon fast zu perfekt, um zu glauben, dass sie real ist. An der Stelle muss man aber wohl einfach hinnehmen, dass die beiden als füreinander geschaffen dargestellt werden. Die Probleme treten erst auf, als Angelas Familie mit ins Spiel kommt, doch auch den Schwiegerelterntest besteht Röhrdanz schließlich mit Bravour. Im Gegensatz dazu steht die völlig unromantische Hochzeit. Was die Autorin uns hiermit vermitteln wollte, ist mir schleierhaft. Aber wer weiß, vielleicht hat sie ja tatsächlich nur die wahren Ereignisse nacherzählt. Immerhin war es die Bitte des realen Michael Röhrdanz, dass sie als eine der Lieblingsautorinnen seiner Frau ein Buch über ihre Geschichte schreibt. Generell hätte es den Rückblick aber gar nicht in dieser Ausführlichkeit gebraucht, denn es konnte dadurch, dass man als Leser bereits weiß, in welcher Situation es endet, kaum Spannung aufgebaut werden.

Das Buch ist in der dritten Person geschrieben, dennoch bekommt man genug von den Gedanken und Gefühlen des Protagonisten mit. Sicherlich nicht einfach ist die Situation aber auch für seine Kinder und Angelas Mutter. Diese sind das ganze Buch über präsent, doch erst gegen Ende wird vor allem seine Tochter Denise und deren Gefühlswelt thematisiert. Dabei kommt sie fast zu kurz, denn allein über ihre Gedanken und Erlebnisse während ihrer schwierigen Kindheit und Jugend könnte man ein eigenes Buch schreiben. Hier musste die Autorin aber Abstriche machen, denn um die Geschichte auch tatsächlich bis zum Ende zu erzählen, das an dieser Stelle natürlich nicht verraten wird, werden zwischenzeitlich auch Zeitsprünge von mehreren Monaten und Jahren gemacht.

Fazit

"Der Mann, der wirklich liebte" ist ein bewegendes Buch über das Treffen von schwierigen Entscheidungen, Gewissenskonflikten und familiären Problemen, aber vor allem handelt es auch von Glaube, Liebe und Hoffnung. Vor dem Hintergrund, dass die Geschichte sich tatsächlich in dieser oder zumindest in einer ähnlichen Form ereignet hat, ist es ein Roman, der einem zum Nachdenken anregt und keine leichte Kost ist. In jedem Fall ist diese sowohl zuckersüße als auch bittere Geschichte lesenswert.

Laura Krebs - myFanbase
31.05.2015

Diskussion zu diesem Buch