Bewertung
Grünig, Michaela

Ohne Ziel ist der Weg auch egal

"Sprichwörter taugten sowieso nicht viel als Ratgeber. Was sollte zum Beispiel heißen: 'Der Weg ist das Ziel'? Das war doch völliger Quatsch! Wer eierte schon gerne durch den Irrgarten des Lebens und stellte dann am Ende fest, dass ausgerechnet dies der beste Teil der Reise gewesen war und das Ankommen keinen Spaß machte? Eben."

Foto: "Ohne Ziel ist der Weg auch egal" von Michaela Grünig
"Ohne Ziel ist der Weg auch egal" von Michaela Grünig

Inhalt

Lenja, von allen nur "Lenny" genannt, arbeitet als Drehbuchautorin für eine RTL-Serie namens "Abgefahren", in der die Protagonistin spannende Kriminalfälle löst. Nachdem ihr Freund Ben Schluss macht und einen neuen Job als Arzt in einem Altersheim beginnt, sieht Lenja die einzige Chance, ihm weiterhin nahe zu sein, darin, sich als Seniorin zu verkleiden und vorübergehend im Altersheim zu leben. Dabei wird sie selbst in einen Kriminalfall verwickelt, denn in dem nach außen friedlich wirkenden Seniorenheim Schloss Winterfreude geschehen mehrere Attentate auf junge Frauen. Wird Lenja den Fall lösen und ihren Freund zurückgewinnen können?

Kritik

"Ohne Ziel ist der Weg auch egal" beginnt ohne große Umschweife. Am Anfang des Buches steht der Plan der quirligen Drehbuchautorin Lenja bereits fest, sich als 76-jährige Rentnerin zu verkleiden und in das vornehme Altersheim Schloss Winterfreunde einzuziehen. Der konservative Ben, der immer zuvorkommend und korrekt handelt, scheint das komplette Gegenteil von ihr zu sein, dennoch ist Lenja davon überzeugt, dass sie zusammengehören – sie bezeichnet ihre Liebe als ein Naturgesetz. Auf die schräge Idee, sich für den Kampf um den Ex als Rentnerin zu verkleiden, muss man natürlich erst einmal kommen, doch gerade aufgrund ihrer verrückten Art schließt man die Hauptfigur des Romans direkt ins Herz.

Hin und wieder sind die Kapitel auch aus Sicht von Tim geschrieben, dem Produzenten von "Abgefahren" und Lenjas bestem Freund. Diese Perspektivenwechsel sind nicht störend, fügen sich aber auch nicht so harmonisch in das Buch ein, wie man es von anderen Romanen gewohnt ist, in denen dieses Stilmittel angewandt wird. Auf der Suche nach einem spannenden Kriminalfall für das Drehbuch der nächsten Staffel erfährt Tim von den Attentaten auf zwei Mitarbeiterinnen des Seniorenheims und wittert sofort Gefahr für seine Freundin. Offensichtlich hegt er Gefühle für Lenny, denn seine Sorge ist nicht zu übersehen und auch ein wenig Eifersucht gegenüber Ben kommt zum Vorschein. Tims Gefühle kann man als Leser gut nachvollziehen, ganz im Gegenteil zu Bens, in dessen Gedankenwelt man keinen direkten Einblick erhält und er somit der Charakter ist, zu dem man als Leser die meiste Distanz hat. Daran ändert auch Lenjas permanente Schwärmerei nichts, denn er verhält sich zwar nie schlecht, aber fehlen ihm doch ein paar Ecken und Kanten für das gewisse Etwas. Sehr schnell ins Herz schließt man hingegen die Senioren im Altersheim, besonders als sie ab der Mitte des Buches eng mit Lenja zusammenarbeiten und der Leser mitbekommt, wie faustdick es die Rentner hinter den Ohren haben.

Im Laufe des Buches beschäftigt man sich natürlich auch immer wieder mit der Frage, inwieweit es tatsächlich möglich ist, als junge Frau unbemerkt in die Rolle einer alten Dame zu schlüpfen. Mit einem professionellen Make-Up mag dies durchaus möglich sein, doch das täglich und unter ständiger Beobachtung und regelmäßigem Körperkontakt mit den anderen Bewohnern? So leicht wie es in dem Buch beschrieben wird, ist es sicher nicht. Die Autorin hat aber einige der Stolperfallen auch in die Geschichte miteingebunden. So gerät Lenja beispielsweise gleich zu Beginn ihres Aufenthalts im Seniorenheim mit dem Arzt Andreas aneinander, der sie einer Blutuntersuchung unterziehen will, was sie aber natürlich keinesfalls zulassen kann.

Der Schreibstil der Autorin ist erfrischend und an Humor fehlt es dem Roman schon allein wegen der skurrilen Geschichten nicht. Leider finden sich aber mehrere Rechtschreibfehler in dem Roman wieder, was den Lesefluss durchaus stört und bei einem professionell vermarkteten Buch nicht vorkommen darf. Ebenfalls enttäuschend war aus meiner Sicht der Kriminalfall, der nicht die nötige Spannung aufbauen kann, um bei mir das Bedürfnis auszulösen, das Buch nicht mehr aus der Hand legen zu wollen. Auch das Ende lässt einige Wünsche offen. So kommen die Liebesgeschichten des Buches zu einem schnellen Ende. Alles läuft zu glatt und reibungslos ab, als wollte die Autorin das Buch schnell zu Ende geschrieben haben, anstatt noch einmal einen Spannungsbogen einzubauen.

So bleibt das ungute Gefühl zurück, dass die Autorin aufgrund der Tatsache, dass dieses Buch ein Mix aus mehreren Genres ist, zu viel wollte – einen spannenden Kriminalfall, eine romantische Liebesgeschichte und das alles in einem möglichst humorvollen Umfeld. Zwar werden all diese Thematiken angepackt und solide erzählt und zu Ende geführt, aber in die Tiefe geht es leider an keiner Stelle. Somit eignet sich das Buch eher für einen entspannten Tag am Strand anstatt für eine fesselnde Lesenacht.

Fazit

"Ohne Ziel ist der Weg auch egal" ist kein Meisterwerk, das einem nach dem Lesen lange in Erinnerung bleibt. Dennoch weiß der Roman zu unterhalten und hat im Verlauf der Handlung einige Überraschungen sowie humorvolle Momente parat, die das Lesevergnügen steigern.

Laura Krebs - myFanbase
03.08.2015

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