Bewertung
Barry, Max

Lexicon

Worte sind Waffen.

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Inhalt

Der Zimmermann Will Parke weiß nicht, wie ihm geschieht. Er wird auf dem Flughafen entführt und merkwürdigen Tests unterzogen. Als ihm die Flucht gelingt, stellt er fest, dass nichts mehr so ist, wie es einmal war, und jeder um ihn herum sein Feind sein könnte. Die unheimlichen "Dichter" sind ihm auf den Fersen und setzen eine unfassbar mächtige Waffe gegen ihn ein: Worte. Wills einzige Chance ist der Dichter Elliot, mit dem er sich auf den Weg zu einem Ort macht, den Worte schon nicht mehr beschreiben können.

Die sechzehnjährige Ausreißerin Emily Ruff erhält die Chance, an einer geheimen Einrichtung zu studieren. Ihr rebellisches, undiszipliniertes Verhalten führt sie langsam an den Abgrund und ihr starker Wille überfordert die Menschen, die sie zu beherrschen versuchen.

Kritik

Wie mächtig sind Worte wirklich? Es heißt zwar, dass Worte einen Menschen stärker verletzten können als Waffen, oder auch, dass die Feder dem Schwert überlegen ist, aber sind das am Ende nicht doch nur ... Worte? Würden wir nicht alle lieber eine Schimpftirade über uns ergehen lassen als mit Steinen beworfen zu werden? Ist es nicht viel einfacher, eine verbale Drohung zu ertragen, als in den Lauf einer geladenen Pistole zu blicken?

Max Barry, bekannt für einfallsreichen Satiren wie "Logoland" und "Maschinenmann", nutzt in "Lexicon" seine Wortgewandtheit, um ein ganz neues Licht auf die Macht der Worte zu werfen. Nebenbei bietet er uns dabei eine interessante Alternativdeutung einer berühmten Bibelstelle an. Stichwort: Babel.

"Lexikon" ist weniger ein Roman des Satirikers Barry als ein Thriller des Geschichtenerzählers Barry, der zwei komplexe Handlungsstränge, die des Charakters Will und die der Figur Emily, zusammenführt und verknüpft. Man ahnt von Beginn an, dass eine Verbindung besteht, doch wie diese aussieht, offenbart sich erst nach und nach. Ich muss gestehen, dass ich etwas enttäuscht war über den fehlenden satirischen Humor, den ich bei dem Namen Max Barry automatisch vorausgesetzt habe. Da wären wir wieder bei der Macht der Worte. Schon ein Vor- und ein Nachname aus acht Buchstaben genügen bei mir, um ganz gezielte Erwartungen zu wecken. Ich wäre für die "Dichter" ein gefundenes Fressen.

Das Szenario, das "Lexicon" entwirft, ist fraglos spannend und regt immer wieder zum Nachdenken darüber an, wie sehr Sprache die menschliche Zivilisation geprägt hat und immer noch prägt, wie wir im Alltag durch Ausdrücke in den Medien oder in der Werbung beeinflusst werden und wie erschreckend es wäre, wenn Worte wirklich als Waffen benutzt werden könnten, nicht nur im übertragenen Sinne, sondern wortwörtlicher als wortwörtlich, quasi metawortwörtlich. "Lexicon" lässt sich als interessanter Roman bezeichnen, aber so richtig wollte der Funke bei mir nie überspringen. Das hat sicherlich auch mit meinen falschen Erwartungen zu tun, aber nicht nur.

"Lexicon" weist ein gewisses Ungleichgewicht auf. Zu Anfang passiert sehr viel, wobei es auch durchaus brutal zugeht, dann nimmt das Tempo ab und die Handlung verliert sich etwas in Beschreibungen. Richtung Finale kommt die Story wieder in Fahrt, wird aber auch etwas konfuser. Das Ende schließlich ist recht irritierend. Es trifft zwar durchaus meinen persönlichen Geschmack, man weiß aber nicht, woher es plötzlich kommt und ob man darin noch irgendeine versteckte Botschaft suchen soll. Das letzte Kapitel könnte auch von jemandem geschrieben worden sein, der den Roman nur zur Hälfte gelesen hat.

Fazit

Max Barrys Roman "Lexicon" enthält viele Worte über die Macht der Worte und ist ein interessanter Thriller mit Nachdenkeffekt, aber so ganz wirkt die Magie nicht. Als Satiriker gefällt mir Barry doch um einiges besser.

Maret Hosemann - myFanbase
12.08.2015

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