Bewertung
Wolf, Jennifer

Morgentau - Die Auserwählte der Jahreszeiten

Der Frühling bringt Blumen,
der Sommer den Klee.
Der Herbst bringt die Trauben,
der Winter den Schnee.

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Inhalt

Seit langer Zeit befindet sich die Erde unter einer dicken Eisschicht, die von der Göttin Gaia errichtet wurde, um die Welt zu retten. Die übrigen Menschen leben auf einem kleinen Fleckchen Land, das noch bewohnbar ist. Unter ihnen befinden sich auch die göttlichen Hüterinnen, die ihr Leben Gaia verschrieben haben. Alle hundert Jahre wird eine von ihnen von der Göttin auserwählt, um einen ihrer Söhne – die vier Jahreszeiten – zu ehelichen und ein Jahrhundert lang glücklich zu machen. Die Wahl der Auserwählten fällt auf Maya Jasmine Morgentau – sie muss mit in das Reich von Gaia, wo sie ihre vier wundervollen Söhne kennenlernen darf. Jeder von ihnen hat seinen Reiz, doch für den soll Maya sich bloß entscheiden?

Kritik

Mit "Morgentau – Die Auserwählte der Jahreszeiten" hat Jennifer Wolf einen wunderschönen und emotionalen Auftakt ihrer Jahreszeiten-Reihe geschaffen, den man auf der Stelle ins Herz schließt. Es ist eine Geschichte, die bewegt und zu Tränen rührt, aber trotz allem auch ihre lustigen und charmanten Augenblicke hat.

Die Handlung beginnt am Tag der Auswahl. Man bekommt einen Einblick in das Leben der Hüterinnen im Orden. Dort gibt es nur Frauen, Männer sind strengstens verboten, weshalb die jungen Mädchen des Ordens keine Chance auf die große, wahre Liebe haben. All ihre Hoffnung liegt darin, von Gaia zur Auserwählten ernannt zu werden, um wenigstens den Hauch einer Chance auf das große Glück zu haben. Sie können zwar den Orden verlassen, doch niemand würde es wagen, der Göttin den Rücken zu kehren. So haben die Mädchen nur diese eine Chance, etwas wirklich Großartigen aus ihrem Leben machen zu können. Nachdem Maya erwählt wurde, gibt es einen Sprung von einem Jahr, denn dann ist es an der Zeit, in das Reich der Göttin zu gehen und die vier Jahreszeiten kennenzulernen.

Auch wenn es die wohl größte Ehre ist, die Auserwählte zu sein, fällt es Maya doch schwer, ihre Mutter und beste Freundin Iria nie wieder sehen zu können. Es ist ein Abschied für immer und Maya hängt sehr an diesen beiden Personen in ihrem Leben. Diese Traurigkeit macht sie sehr sympathisch, da sie absolut realistisch und nachvollziehbar ist. Natürlich freut man sich auf ein neues Leben. Doch was passiert, wenn sie unter den Jahreszeiten nicht ihre große Liebe findet und unglücklich wird? Hundert Jahre sind schließlich eine unfassbar lange Zeit. Trotzdem nimmt Maya all ihren Mut zusammen und stellt sich der großen Herausforderung zu entdecken, welcher der vier Jungen der Richtige für sie ist.

Die Jahreszeiten sind ein sehr chaotischer Haufen. Aviv, der Frühling, ist ein eher zurückhaltender Kerl, der allerdings ein außerordentlich großes Herz hat. Sol, der Sommer, ist der Macho unter den Brüdern, zu denen die meisten der Auserwählten gehen. Das liegt vermutlich daran, dass sein Reich in der ewigen Sonne liegt, es einen Strand und ein Meer gibt. Erst eine Auserwählte hat sich dafür entschieden Jesien, den Herbst, zu besuchen, und so in ihrer Entscheidung zu berücksichtigen. Bei ihm handelt es sich um einen liebenswerten und fürsorglichen jungen Mann. Er denkt nicht nur an sich, sondern auch an seine Brüder, um die er sich stets Gedanken macht. Ganz besonders am Herz liegt ihm der jüngste der vier Jahreszeiten, Nevis – der Winter. Seine gesamte Existenz über lebt er schon in Einsamkeit in seinem schneebedeckten Reich. Keines der Mädchen hat ihn jemals besucht, wodurch sich auch niemals eine für ihn entschieden hat. Er wirkt genauso kalt wie das Eis, von dem er stets umgeben ist, und lässt niemanden je zu nahe an sich heran.

Alle vier haben ihren absoluten Charme, doch genauso wie Maya habe ich mich von Anfang an in einen von ihnen verliebt. Man kann absolut nachvollziehen, weshalb sie das Gefühl hat, dass es Liebe auf den ersten Blick sein muss, denn diese Verbundenheit, die sie zu ihm spürt, spürt auch der Leser mit jedem geschriebenen Wort. Zwar handelt es sich bei "Morgentau" um eine Fantasygeschichte, allerdings schafft Jennifer Wolf es, diese greifbar darzustellen. Die Handlung entwickelt sich in eine absolut tragische Richtung, die einem von Seite zu Seite immer mehr das Herz zerreißt. Die gesamte Welt, die die Autorin kreiert hat, wird durch ihren flüssigen und wunderschönen Schreibstil in den Köpfen der Leser zum Leben erweckt. Es ist, als stünde man selbst in der Welt von Gaia und ihren vier Söhnen und würde die Geschehnisse ebenfalls miterleben.

Auch wenn es sich überwiegend um eine emotionale Liebesgeschichte handelt, so driftet das Handlung nicht zu sehr in den Kitsch ab, da eine gekonnte Mischung aus Liebe, Spannung, Humor und Dystopie geschaffen wurde. So ist für fast jedermann etwas dabei. Es gibt so viel Positives, das man über dieses kleine und doch feine Büchlein sagen könnte, aber ich möchte an dieser Stelle nicht zu viel verraten, da sich wirklich jeder seine eigene Meinung dazu bilden sollte. Jeder sollte die Möglichkeit haben, in die Geschichte der Jahreszeiten abzutauchen und Maya dabei zu begleiten, wie sie sich immer mehr verliebt.

Das Ende kam dann sehr überraschend und die Tränen flossen in Strömen. Es hat mich mit gemischten Gefühlen zurückgelassen, denn einerseits ist alles ziemlich rund, aber auf der anderen Seite nicht ganz so befriedigend, wie man es sich gewünscht hätte. Dieser Zwiespalt tut der Geschichte als Ganzes allerdings keinen Abbruch. Viel Luft nach oben gibt es nicht mehr, deshalb bleibt es spannend, was sich Jennifer Wolf für die folgenden drei Teile überlegt hat (Band zwei, "Abendsonne – Die Widererwählte der Jahreszeiten", ist bereits als Ebook erschienen und erscheint im Herbst 2016 als Printausgabe bei Carlsen), denn glücklicherweise bekommen alle vier Jahreszeiten ihre eigene Geschichte. So wird man noch einige Zeit mit Aviv, Sol, Jesien und Nevis verbringen können.

Fazit

Jennifer Wolf ist ein durch und durch herzzerreißender Auftakt ihrer Jahreszeiten-Reihe gelungen, der kaum ein Auge trocken lassen wird. Spannung, Charme und ganz viel Herz findet man in dieser fantasievollen Geschichte vor. "Morgentau" ist ein Büchlein, für das ich eine absolute und unwiderrufliche Leseempfehlung aussprechen kann!

Sanny Binder - myFanbase
06.10.2015

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