Bewertung
Bauerfeind, Katrin

Hinten sind Rezepte drin

"Ich, Brigitte, hab euch überall Haare drangemacht. War vielleicht ein Fehler. Wie gesagt, ich bin nicht perfekt. Wem's nicht gefällt, der kann sie gerne abrasieren. Die anderen lassen sie dran. Es ist doch scheißegal. Kümmert euch gefälligst um das, was wichtig ist."

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Inhalt

Ein "komisches Buch über Frauen" klingt zunächst nach Mario Barth. Noch einmal kurz auf den Umschlag gelinst: Ja, es ist von Katrin Bauerfeind, bekannt durch Harald Schmidt, ihre Grimme-Preis-ausgezeichnete Sendung "Ehrensenf", einigen Schauspielrollen und zuletzt "Bauerfeind assistiert...".

In ihrem zweiten Buch geht es darum, wie es ist, als Frau zu leben, die sich nicht zum Feminismus bekennen darf, um nicht als Spaßbremse abgestempelt zu werden. Ihr Vorwort drückt aus, was Humorkollegin Amy Pohler bereits einmal passend zum Thema Frauen, die Feminismus als unnötig sehen, in Worte fasste: "Das ist, als ob jemand sagen würde: 'Ich glaube nicht wirklich an Autos, aber ich fahre jeden Tag eins und ich liebe es, dass ich damit woanders hin komme, und es macht mein Leben einfacher und schneller und ich wüsste nicht, was ich ohne es täte.'"

Kritik

Die Kapitel sind kurzweilig und springen zwischen Minianekdoten und langen Szenen, Fantasieseminaren, Listen mit Fakten und komischen Details sowie Produkterfindungen hin und her. Manches hätte dabei vielleicht in einem anderen Umfang wiedergegeben werden können, insgesamt ist "Hinten sind Rezepte drin" aber ein derart schlaues und lustiges Buch, dass man über einige Ausflüge ins Reich der Verallgemeinerungen gerne hinwegblickt. Denn es geht nicht nur um Männer und Frauen; da wären Altersgruppen – das Leben in seinen Zwanzigern im Vergleich mit dem Leben nach dem dreißigsten Geburtstag -, oder auch, wie Deutschland allgemein tickt, egal, um welches Geschlecht es sich handelt.

Lautes Lachen irritiert. "Jetzt is' aber auch mal gut", schrie mich ein Familienvater vom Nebentisch in einem Restaurant an, weil ich mehrfach laut gelacht habe.

Und da wäre der Status unserer Gesellschaft. So schreibt sie über Durchsagen, in welche Richtung man eine Bahn verlassen soll: "Haben Menschen früher tatsächlich einfach irgendeine Tür im Zug geöffnet, sind blind ausgestiegen und anschließend vier Meter tief aufs Kiesbett gefallen?" Höflichkeit ist natürlich ebenso nichts geschlechterspezifisches, im Internet und im Straßenverkehr achtet jeder auf seinen eigenen Vorteil, – und doch kann man dies auf den zweiten Blick natürlich wieder auf Rollenverteilung zurückführen: Der Knigge ist ausschließlich auf schwache Frauen ausgelegt.

Besonders interessant sind aber Bauerfeinds Beschreibungen, wie Frauen miteinander umgehen und sich selbst lieber weniger respektieren, als zusammenzuhalten, so wie Männer das für gewöhnlich tun, selbst dann, wenn sie sich vorher noch gegenseitig Kopfnüsse ausgeteilt haben. Zudem gibt es zwischen allem Klamauk die stechende Wahrheit über Frauen in Führungsetagen und die Beurteilung durch die Medien ("Vielleicht machen wir einfach mal keine Hyaluron-Behandlung gegen Falten, sondern einen Spanischkurs."). Katrin Bauerfeind teilt aus, steckt jedoch ebenso selbst ein, mit wahren Geschichten, die sie über sich und ihr Umfeld preisgibt.

Fazit

Für alle, die sich schon immer einmal gefragt haben, warum jetzt Kohle in Kosmetikartikeln investieren, die es schon vor einem halben Jahr für Männer gab, aber zu einem deutlich günstigeren Preis, und die Caroline Kebekuses Buch "Pussy Terror" schon fertiggelesen haben (die Aussagen zum Thema Nacktfotos zu Weihnachten verschicken ist nämlich sehr ähnlich und wahr), ist "Hinten sind Rezepte drin" die perfekte Lektüre. Aber bitte nicht zu laut darüber in der U-Bahn lachen, haben wir ja jetzt gelernt.

Simone Bauer - myFanbase
26.01.2016

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