Bewertung
Fisher, Carrie

Das Tagebuch der Prinzessin Leia

Ich muss mich davor bewahren, das Neurotische als romantisch zu betrachten, zu glauben, dass neurotisch zu sein voraussetzt, kompliziert und irgendwie intellektuell zu sein.

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Inhalt

Mit "Das Tagebuch der Prinzessin Leia" (charmanter, hintergründiger Originaltitel: "The Princess Diarist") legte Carrie Fisher kurz vor ihrem plötzlichen Tod im Dezember 2016 ihr siebtes Buch vor. Darin beichtete die Tochter von Debbie Reynolds in veranschaulicht geschriebenen Bildern ihre Affäre mit Harrison Ford. "Ich rede über mein Privatleben und mein privates Ich, als sei es landläufiges Getratsche."

Kritik

Prinzessin Leia ist nicht ihre einzige Kultrolle, kennt man sie doch ebenfalls aus "Harry und Sally" und "Blues Brothers". Da aber ein Tagebuch vom Set eines Weltraumepos deutlich begehrter ist, arbeitet Carrie Fisher ihre Vergangenheit auf: mit 19, fünf Kilo "zu viel" auf den Rippen, am Set eines Films, hinter dem sie damals schon völlig stand und der eventuell den Menschen gefallen könnte. Wie groß der Streifen werden würde, das konnte ja niemand ahnen.

Durch ihre Jugendjahre flippt sie etwas chaotisch hin und her – was sicherlich den damaligen Verhältnissen entsprach, im zarten Teenageralter zusammen mit ihrer Mutter in Nachtclubs in Las Vegas zu singen. In die Rolle der Prinzessin Leia verliebte sie sich – um sie später zu verfluchen. Sie verliebte sich aber auch in Harrison Ford, ohne es bewusst zu wollen, da ihr Vater selbst eine Ehe brach (die mit ihrer kurz nach ihr verstorbenen Mutter mit Elizabeth Taylor). Dabei schwelgt Carrie Fisher nicht nur in Erinnerungen, sondern geht auch mal gerne direkt unter die Gürtellinie.

Doch zeitgleich lässt Carrie Fisher keinen Zweifel daran, stolz darauf zu sein, auf immer und ewig mit der feministischen Figur verflochten zu sein. Apropos flechten: sie nimmt den Leser mit auf das Set von "Eine neue Hoffnung" und wie man ihre legendären "Buns of Navarone" fertigte. An die Promotour erinnert sie sich ebenfalls, aber nicht gern. Unsicherheit mischt sich mit dem Gefühl, dass ihr das Jagen nach Autogrammen nicht geheuer ist. Es folgt ein Zeitsprung – weg von Episode IV, hin zu späteren Auftritten in Conventionzentren aus Geldnot. Lieber als zum Autogrammeschreiben nutzt sie ihren Kuli – zum Schreiben. Zum Verarbeiten. Ihre erstaunlichen Gedichte vom Set sind gesondert gesetzt, gespickt mit Szenen aus Marihuanahalluzinationen, erdachten Szenen, realer Szenen. Dazu findet man im Buch Fotografien aus dieser Zeit.

Fazit

Wer in den Nachrufen Carrie Fishers Rolle als Prinzessin Leia überstrapazierte, wird ihr nicht gerecht. Sicherlich, dieser damals wie heute wohl einzigartige Charakter einer starken Frauenfigur war wichtig und prägend für ganze Generationen – verkommt doch leider zu oft aber zum Bild der jungen Frau im Sklavenbikini. Carrie Fisher war eine herausragende Persönlichkeit, die sich selbst mehr als oft parodierte (zum Beispiel in "The Big Bang Theory"), die offen zu ihrer bipolaren Störung stand und eine bissige Schriftstellerin und Drehbuchautorin war. Ihre damaligen Notizen zeugen von einer obsessiven, talentierten, jungen Persönlichkeit, die sich selbst ständig hinterfragt. In "Wishful Drinking" schrieb sie, man solle über ihre Todesursache schreiben: "ertrunken im Mondlicht, von eigenem BH erdrosselt". So soll es sein.

Simone Bauer - myFanbase
25.04.2017

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