Bewertung
Claudia Wenzel

Mein Herz ließ sich nicht teilen: Eine Wendegeschichte

Foto: "Mein Herz ließ sich nicht teilen: Eine Wendegeschichte" von Claudia Wenzel
"Mein Herz ließ sich nicht teilen: Eine Wendegeschichte" von Claudia Wenzel

Inhalt

Am 9. November 1989 fiel die Mauer und teilte Deutschland nicht mehr in Ost und West. In den Köpfen ist nach so vielen Jahren aber immer noch die Mauer, selbst wenn viele das nicht so ernst nehmen oder so sehen. Doch warum ist das noch immer so? Fehlt die Aufklärung? Fehlen die Gespräche? Fehlt das Einfühlungsvermögen? Wie denkt und fühlt man darüber, wenn man die Hälfte seines Lebens in der DDR verbracht und gelebt hat? Warum ist es anscheinend noch immer so in den Köpfen?

Kritik

Am 9. November 1989 fiel die Mauer und teilte Deutschland nicht mehr in Ost und West, das ist 2024 genau 35 Jahre her. Ich selbst wurde im Osten geboren und das war einige Jahre vor dem Mauerfall, dennoch war ich damals noch viel zu jung, um irgendwem von meinen Erlebnissen aus dieser Zeit berichten zu können. Ich mag aber Bücher oder besser gesagt Biografien von bekannten Menschen, die aus ihrem Leben erzählen. Dabei geht es mir vor allem darum, den Menschen besser kennenzulernen und ich bin schon seit 1994 Fan von Claudia Wenzel. Als ich erfahren habe, dass sie mit "Mein Herz ließ sich nicht teilen: Eine Wendegeschichte" ein biografisches Buch veröffentlichen wird, habe ich es direkt vorbestellt. Sie wurde 1959 in Lutherstadt Wittenberg geboren und hat das 35. Jahr des Mauerfalls genutzt, um ihre Gedanken, Gefühle und eigene Geschichten in einem Buch niederzuschreiben. Auf 248 Seiten und mit einigen Privatfotos hat sie nun alles aufgeschrieben und ich war unglaublich davon beeindruckt, was ich gelesen habe.

Wie schon gesagt, habe ich persönlich ziemlich wenig bis gar nichts aus der DDR-Zeit mitbekommen, nur durch Erzählungen habe ich mal was erfahren. Allerdings habe ich auch manchmal den Eindruck, die Menschen wollen nicht wirklich über diese Zeit reden, was ich verstehen kann, nachdem ich das Buch gelesen habe. Das mag jetzt so klingen, als sei es die Hölle gewesen, im Osten gelebt zu leben, das mag aber vielleicht sogar auch ein bisschen auf die Perspektive ankommen. Claudia Wenzel beleuchtet in ihrem Buch in mehreren Kapiteln, wie es war und beschönigt dabei nichts. Es ist aber auch nicht so, dass sie mit einem Hammer auf alles schriftlich einschlägt. Sie schildert vor allem ihre eigene Sichtweise und wie sie es erlebt hat. Dabei ist sie sehr offen und berichtet von ihrem Leben mit vier Geschwistern und ihren Eltern, die in der DDR als Lehrerin bzw. Kunsterzieher gearbeitet haben. Beim Lesen dieser Abschnitte hatte ich immer das Gefühl, ich wäre ein Teil davon, weil sie nicht nur offen, sondern auch sehr gefühlvoll, empathisch und mit Humor geschrieben hat, so dass man auch verstanden hat, warum sie solch ein Familienmensch ist und besonders ein enges Verhältnis zu ihrem verstorbenen Vater hatte.

Aber wie gesagt hat Claudia auch sehr eindrucksvoll beschrieben, wie nicht nur das private Leben in der DDR war, sondern auch das berufliche Leben. Hier muss ich sagen, habe ich noch einmal richtig erkannt und bemerkt, wie beeindruckend diese Frau ist. Ich habe schon öfters Biografien von Künstlern und Künstlerinnen gelesen, doch hier habe ich in jedem geschriebenen Satz und in jedem Kapitel ihre Leidenschaft für ihren Beruf herauslesen können. In der DDR als eine solche zu arbeiten, hat für mich auch geschildert, dass es nicht immer leicht war, aber ich denke, wie auch bei jedem anderen Beruf, ist es die Leidenschaft, die einen dazu 'antreibt' über sich hinauszuwachsen.

In dem Buch wird aber eins auch sehr deutlich: Claudia Wenzel ist definitiv ein Mensch, der offene Begegnungen mit anderen Menschen und tiefgehende Gespräche liebt und sie ist jemand, der eine gute Menschenkenntnis zu haben scheint. Genau deshalb ist dieses Buch mit viel Empathie geschrieben und zwar mit ihren Geschichten und ihren Gedanken, dennoch gelingt es ihr spielend leicht, beide Sichtweisen – von Ost und West – einzunehmen bzw. zu verstehen. Man spürt aber auch, wie sehr sie ihr (Ost-)Deutschland liebt, allerdings betreibt sie dabei keine schwarz/weiß-Malerei, sondern schreibt auch, dass sie nach einiger Zeit bemerkt hat, dass in ihrem geliebten Land eben doch nicht alles so super ist. Man merkt aber auch, dass der Buchtitel absolut treffend ist: Ihr Herz ließ sich nicht teilen und das ist noch heute so. Nicht umsonst veranstaltet Claudia seit einigen Jahren zweimal im Jahr einen Talk in Wittenberg, in dem sie zu Gesprächen einlädt und ihren Vater mit seinen Bildern ehrt. Überhaupt gibt es ein Kapitel im Buch, in dem sie auch schildert, wie die Wende für ihre Eltern gewesen ist und dass ihr Vater das mit Bildern verarbeitet hat, was ich ziemlich interessant fand, da es meiner Meinung nach verschiedene Möglichkeiten und Wege gibt, Dinge zu verarbeiten.

Wie ich auch schon schrieb, ist Claudia Wenzel ein sehr offener und gesprächsbereiter Mensch, was sie mir noch sympathischer macht. Mir kam beim Lesen auch immer wieder Gedanke und der Eindruck, dass im Osten geborene dankbarer sind und die Dinge anders zu schätzen wissen, denn bei ihr schimmert diese Dankbarkeit auch immer wieder und in fast jedem Kapitel durch, was man meiner Meinung nach auch daran merkt, wie sie über ihren Beruf spricht. Dass sie dafür wirklich geboren ist und dafür lebt, ohne die Bodenständigkeit und die Menschlichkeit zu 'verlieren'. Ihr merkt man einfach auch an, wie dankbar sie für ihre jeweiligen Rollen ist und wie sie die Auslandsreisen, besonders in DDR-Zeiten, genossen und wahrgenommen hat.

Neben der Wendezeit spricht sie aber auch noch über das Schauspiel und auch hier hatte ich das Gefühl, dass sie es nicht nur aufschreibt, sie erzählt es einem bildhaft und man merkt, dass sie ihren Beruf über alles liebt. Da sie vermehrt Serien dreht, wurde sie auch schon mehrfach belächelt, da für einige im Vordergrund steht, man sei nur ein ernstzunehmender Schauspieler bzw. eine ernstzunehmende Schauspielerin, wenn man Filme dreht. Ich fand ihre Meinung dazu sehr interessant, weil für sie auch wichtig ist, Geschichten zu erzählen, mit denen sich die Menschen identifizieren können und Serien dienen zwar zur Unterhaltung, aber genau das ist es doch, was Fernsehen eigentlich auch ausmacht, da solche Formate auch wichtige Themen aufgreifen können und man merkt Claudia Wenzel meiner Meinung nach einfach an, dass ihr das wichtig ist, womit sich für mich auch der Kreis schließt, dass sie ein offener Mensch ist, der Begegnungen und andere Gespräche liebt.

Fazit

"Mit Mein Herz ließ sich nicht teilen: Eine Wendegeschichte" hat Claudia Wenzel sehr offen und ehrlich und vor allem mit Herz darüber geschrieben, was sie bewegt, was ihr wichtig ist und hat damit sicherlich einige Leser und Leserinnen zum Nachdenken und dazu angeregt, eine andere Perspektive über den Osten, aber auch den Westen einzunehmen. Für mich persönlich bleibt als Fazit zu sagen, dass Claudia Wenzel eine beeindruckende Frau ist und man es sicherlich nicht bereut, dieses Buch mindestens einmal gelesen zu haben.

Daniela S. - myFanbase
02.12.2024

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